Die christlichen Kirchen dringen bei vielen Zeitgenossen mit ihren Botschaften nicht mehr durch. Das gibt immer wieder Anlass zur Ursachensuche. Dabei rückt die kirchliche Sprache in den Blick. Drückt man sich vielleicht einfach nicht richtig aus? Der Publizist Erik Flügge hatte 2015 bereits den kirchlichen „Jargon der Betroffenheit“ kritisiert. Die Journalisten Philipp Gessler und Jan Feddersen haben sich nun dem Thema erneut angenommen. Die Autoren machen klar: Die Art, wie Kirchenvertreter heute sprechen, ist bereits von der Erfahrung geprägt, dass Kommunikation nicht gelingt. Sie versuchen, Härten zu vermeiden, um nicht gleich Widerstände zu erzeugen. Im Effekt wird die Sprache weich und uneindeutig – und man wird erst recht nicht gehört. Ein kommunikatives Dilemma.
Das Buch ist deshalb so reizvoll, weil die Autoren nicht einfach ihre Thesen entwickeln, sondern unterschiedliche Experten zu Wort kommen lassen: vom katholischen Bischof Franz-Josef Overbeck bis zum evangelischen Schriftsteller und Liturgiker Christian Lehnert. Die Vielstimmigkeit tut dem Werk gut: Während der evangelische Theologe Alexander Deeg vorsichtig für mehr Poesie in der Verkündigung plädiert, warnt die Journalistin Christiane Florin zurecht, wie leicht derartige Versuche schiefgehen können.
Irritierend ist indes eine Äußerung des Münsteraner Dogmatikers Michael Seewald, der die „harte Sprache“ des römischen Lehramts kritisiert. „Römische Dokumente“, so Seewald, hätten „kein Problem damit, Frauen als materia inconsecrabilis zu bezeichnen“, als „unweihbare Materie“ also, die damit für die Priesterweihe ungeeignet sei. Seewald spricht von einem „Jargon der metaphysischen Brutalität“, der in Rom gepflegt werde. Einmal davon abgesehen, dass im jüngsten päpstlichen Schreiben „Querida Amazonia“ kaum der metaphysische Hammer geschwungen und dafür umso mehr lateinamerikanische Lyriker zitiert werden: Die Wendung „materia inconsecrabilis“ taucht in keinem der einschlägigen Dokumente auf – auch nicht sinngemäß. An der Sprache der Kirchen gibt es viel zu kritisieren, wie das Buch humorvoll und konstruktiv aufzeigt. Ein Kriterium darf dabei aber nicht unter die Räder kommen: Die Kritik muss den Tatsachen entsprechen. Benjamin Leven