In einer historisch beispiellosen Form hat Rom unter der Corona-Krise die Osterfeierlichkeiten begangen. Eine nahezu erstarrte Stadt erlebte eine Kar- und Osterwoche ohne Pilger, Gläubige konnten den päpstlichen Zeremonien nur über Livestreams im Internet oder TV-Übertragungen folgen.
Auch liturgisch und theologisch stellte die Pandemie den Vatikan vor Herausforderungen. Erst am Freitag vor Palmsonntag und damit gut zwei Wochen nach dem landesweiten Lockdown in Italien gab der Vatikan offiziell bekannt, dass die zentralen Gottesdienste des Papstes ohne öffentliche Teilnahme stattfinden.
Am selben Abend hielt Franziskus ein Gebet mit dem Segen „Urbi et orbi“ auf den Stufen des Petersdoms. Das Virus und die Situation der Betroffenen boten seitdem den durchgehenden thematischen Faden in den Feiern von Passion und Auferstehung. Die Zelebrationen erfolgten hauptsächlich im Westarm des Petersdoms und mit lediglich einem Dutzend Teilnehmern.
Der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa hatte am Karfreitag in einfachen Worten die Frage der Theodizee und der Wirksamkeit von Bittgebeten zu klären. Ähnlich wie zuvor Franziskus deutete auch der 85-jährige Kapuziner das Virus als eine Freiheit der Natur, die falsches Allmachtsdenken entlarve und nur mit globaler Solidarität zu beantworten sei. Nachdrücklich wandte sich Cantalamessa gegen jede Deutung der Krankheit als Geißel Gottes.
Auf eine praktische und spirituelle Bewältigung der Krise legte auch Franziskus den Akzent. Statt in der Osterbotschaft wie früher häufig ein Panoptikum von Notlagen rund um den Globus zu bieten, trug er einen strukturierten und konkreten Appell zum Zusammenhalt der Staatengemeinschaft und für einen umfassenden Hilfeansatz vor.
Der Schutz vor Ansteckung sowie der räumlich und personell reduzierte Rahmen der Feiern verlangte auch liturgische Anpassungen. So fand an Gründonnerstag keine Fußwaschung und in der Osternacht keine Erwachsenentaufe statt. Auch die Besprengung mit Weihwasser oder die feierliche Verkündigung der Osterbotschaft mit dem „Resurrexit“ am Ostersonntag entfielen. Umgekehrt lieferte die Kreuzverehrung an Karfreitag mit dem mächtigen Kruzifix von San Marcello al Corso, das eng mit dem römischen Pestjahr 1522 verbunden ist, starke Bildmotive.
Überhaupt fand Franziskus, der eigentlich nur in Tuchfühlung mit Menschen richtig auflebt, unter den Bedingungen der Isolation zu einer besonderen Form. Wohl nichts versinnbildlichte die persönliche Befindlichkeit des Papstes und die Reduktion auf seine geistlichen Mittel besser als sein einsamer und wortloser Segen beim außerordentlichen „Urbi et orbi“ über einem menschenleeren Petersplatz. Burkhard Jürgens