Konservative Prälaten sehen „Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung“Viganò und Kardinal Müller lösen Empörung mit Corona-Manifest aus

Viganò und Kardinal Müller lösen Empörung aus
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Mit einer internationalen Protestnote gegen die weltweiten Anti-Corona-Maßnahmen hat eine Gruppe konservativer katholischer Kardinäle, Bischöfe und Priester für Verwunderung innerhalb wie außerhalb der Kirche gesorgt. Auf der eigens eingerichteten Website „veritasliberabitvos.info“, benannt nach dem Evangelienwort „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,32), veröffentlichten die Prälaten am 8. Mai einen Aufruf „für die Kirche und für die Welt“, in dem sie die Gefährlichkeit des Coronavirus infrage stellen und die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur Bekämpfung der Pandemie als das Ergebnis geheimer Absprachen und fragwürdiger Wirtschaftsinteressen darstellen. „Wir haben Grund zu der Annahme“, heißt es in dem Schreiben, „dass es Kräfte gibt, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen.“ Diese Maßnahmen „sind der beunruhigende Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht“. Die Anti-Corona-Regeln seien erlassen worden, „um eine Einmischung von fremden Mächten zu begünstigen“. Die Medien flankierten die Missstände mit „Formen der Zensur“, so dass „die Gefahr subtiler Formen der Diktatur“ bestehe.

Als Initiator des Aufrufs, der in sechs Sprachen, auch auf Deutsch, ins Internet gestellt wurde, tritt der italienische Erzbischof und ehemalige Nuntius in den Vereinigten Staaten, Carlo Maria Viganò, auf. Zu den Unterzeichnern gehören auch drei Kardinäle, darunter der Deutsche Gerhard Ludwig Müller, allerdings keine aktiven Würdenträger der Römischen Kurie. Der Präfekt der Gottesdienstkongregation, der guineische Kardinal Robert Sarah, hatte seine Unterstützung via Twitter am Morgen der Veröffentlichung zurückgezogen. Zur Begründung schrieb er: „Ein Mitglied der Kurie muss bestimmte Beschränkungen in politischen Angelegenheiten beachten.“

Der Aufruf „für die Kirche und für die Welt“ stieß bei Kirchenvertretern in Deutschland auf Ablehnung. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer sprach von „kruden Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik, die beängstigend klingt“. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige sprach von „extremen Kirchenvertretern“, die sich „als Pseudo-Wissenschaftler, Impfgegner und Esoteriker“ gebärdeten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, er kommentiere Aufrufe „einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands“ nicht. „Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend“ von dem Aufruf unterscheide. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte, er habe „Mitleid“ mit Müller. Lucas Wiegelmann

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