Zum 100. Geburtstag des Philosophen Hans BlumenbergBlumenbergs Engel

Der am 13. Juli 1920 in Lübeck geborene Hans Blumenberg wuchs mit Engeldarstellungen auf. Das Bild der himmlischen Engelchöre wurde für ihn zur Grundlage einer Theorie der Unbegreiflichkeit.

Blumenbergs Engel
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Hans Blumenberg wuchs unter den Flügeln der Engel auf. Das darf durchaus wörtlich genommen werden. Der Kunstverlag von „J. C. Blumenberg Import Lübeck Export“ versorgte Kirchen, Klöster und Krankenhäuser mit Schutzengelbildern und anderen Devotionalien. Sie gehörten zur „religiösen Gebrauchskunst“ als Lebensbegleiter bei Taufe und Firmung, bei Hochzeit und Beerdigung. Als Andachtsbildchen lagen sie zwischen den Seiten der Gebetsbücher. In großen farbigen Drucken hingen Engelbilder in elterlichen Schlafzimmern oder als kleines Schutzengelbildchen über dem Bett der Kinder. Zu den beliebtesten Bildern jener Jahre gehörten Reproduktionen der Gemälde „Schutzengel“ von Bernhard Plockhorst und „Der Engel“ von Wilhelm von Kaulbach. Kaulbach hatte sich von Hans Christian Andersens Märchen „Der Engel“ inspirieren lassen.

In seiner „Trilogie von Engeln“ (1996) – der Titel ist eine Anspielung auf Erik Petersons Klassiker „Das Buch von den Engeln“ (1935) – erinnert Hans Blumenberg an die Schutzengelbilder seiner Kindheit: „In zahllosen Schlafzimmern hängen ehebettbreite Farbdrucke mit Engeln. Sie haben etwas von Unentbehrlichkeit an sich. Was hat sie im Inventar der Gemüter verwurzelt? Das ist eigentlich die Frage, die zweitrangig macht, was bewiesen werden könnte oder auf ewig unbewiesen bleiben muß.“ Nämlich die Frage, ob es Engel tatsächlich gibt. Die Wirklichkeit der Engel bedarf für Blumenberg keines Beweises. Sie ist „eine Gewissheit mit Bildmitteln ausgedrückt“.

Joseph Carl Blumenberg vertrieb Bilder der Glaubensgewissheit. Er hatte in der Hildesheimer Buchhandlung von Hermann Olms eine Lehre abgeschlossen und gründete nach dem Ersten Weltkrieg in Lübeck einen eigenen Kunstverlag. Lübeck war Diaspora mit einem sehr geringen Anteil von 4 Prozent Katholiken. 350 Jahre lang war es den Lübecker Katholiken verboten, eine öffentliche Messe zu feiern. Sie besaßen auch keine eigene Kirche. Erst 1891 wurde die Herz-Jesu-Kirche an der Parade 4 durch den Paderborner Diözesanbaumeister Arnold Güldenpfennig errichtet. Everhard Illigens, der erste Pfarrer, wurde später Weihbischof in seiner Heimatstadt Münster. Ab dem Jahr 1929 gehörte die Lübecker Gemeinde zum Bistum Osnabrück.

Dass Blumenberg ausgerechnet hier unter den evangelischen Bilderstürmern einen katholischen Kunstverlag gründete, zeugt vom sicheren Gespür für einen Markt mit Wachstumschancen. Denn die Verehrung des Heiligen Herzens Jesu war seit dem Kulturkampf ein Symbol katholischer Identität. Aus dieser mystischen Herz-Jesu-Frömmigkeit zogen viele Gemeindemitglieder später die Kraft des Widerstandes und der Nachfolge Christi im Martyrium. Blumenbergs Kreuz-Meditation der „Matthäuspassion“ wurzelte letztlich in diesen Erfahrungen.

Aus der Hildesheimer Familie Blumenberg waren immer wieder Geistliche hervorgegangen. Zu ihnen gehörte der Jesuit Friedrich B. Blumenberg und der Priester Edmund Blumenberg. Auch Hans Blumenberg, der Erstgeborne von Joseph Carl Blumenberg, wollte Priester werden und in den Orden der Jesuiten eintreten. Der Vater förderte das Bildungsverlangen seines hochbegabten Sohnes in jeder Weise. So ließ er seine monatlich erscheinende Zeitschrift „Erdball und Weltall“ in schöner Aufmachung und mit Bildern drucken. Der Sohn wiederum entwarf gelegentlich Titel für die vom Vater vertriebenen Bilder.

Hans Blumenberg besuchte in Lübeck die katholische Schule. Jeden Tag vor Unterrichtsbeginn feierte die Schulgemeinschaft die Messe in der Herz-Jesu-Kirche. In der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde sie oft als Stille Messe begangen. Der Geistliche betete leise, und die Ministranten erwiderten mit einem kaum hörbaren „Amen“. Während dieser Messe knieten Schüler und Lehrer in den Bänken, beteten den Rosenkranz oder verfolgten die Liturgie nach dem „Volks-Schott“.

Vier Jahre kniete auch der junge Hans Blumenberg neben den Grauen Schwestern. So wurden die Schwestern von der Heiligen Elisabeth wegen der Farbe ihres Habits genannt. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag neben der schulischen Bildung in der ambulanten Krankenpflege.

Dieser „Engeldienst“ wurde auch von dem Senator Thomas Buddenbrook geschätzt. Schwester Leandra mit der grauen Haube und dem Rosenkranz am Gürtel, so erzählt Thomas Mann in seinem Roman vom Verfall einer Lübecker Kaufmannsfamilie, kam regelmäßig ins Haus Buddenbrook, wenn eine verlässliche Pflege benötigt wurde. Thomas Buddenbrook verteidigt ihren Einsatz mit Entschiedenheit gegenüber antikatholischen Einwänden aus der Familie. Sie waren noch zu Blumenbergs Zeiten recht typisch für Lübeck:

„Ich bin überzeugt, dass die Grauen Schwestern treuer, hingebender, aufopferungsfähiger sind als die Schwarzen. Diese Protestantinnen, das ist nicht das Wahre. Das will sich alles bei erster Gelegenheit verheiraten. Kurzum, sie sind irdisch, egoistisch, ordinär. Die Grauen sind degagierter, ja, ganz sicher, sie stehen dem Himmel näher.“

So hat es auch Hans Blumenberg empfunden. Er wurde von den Schwestern Virginia, Canisia, Louisia und Engelmunda unterrichtet. Die strenge erzieherische Hingabe von Schwester Engelmunda an den Rechtschreib- und Grammatikunterricht schuf bei den katholischen Schülern Lübecks einen Bildungsvorsprung, der sich später in besonderen Leistungen auf dem Gymnasium bemerkbar machte. Der Schüler Blumenberg wird die mit Abstand beste Reifeprüfung am Katharineum ablegen, jener Schule, auf der Thomas Mann gescheitert war.

In dem Kapitel „Die Theologie der Buddenbrooks oder Der Engel nach dem Ende“ seiner „Trilogie von Engeln“ erinnert Hans Blumenberg nicht nur an die Grauen Schwestern. Er entfaltet auch die volkstümliche Vorstellung von den Engeln. Sie gehören als Schutzengel zu den Wegbegleitern des Menschen – wie der Engel Raphael. Dass Hans Blumenberg seinen jüngsten Sohn nach dem biblischen Engelbuch Tobit (Tobias) genannt hat, ist gewiss kein Zufall. Biblisch und hagiografisch belegt ist auch die Namenswahl der anderen Söhne. Der erste trug den Namen des Evangelisten Markus, der zweite die Namen der Heiligen Könige als Doppelnamen Caspar Balthasar.

Mehrfacher Schriftsinn

Engel sind selbstlose Helfer, Vorbilder im Dienen. Daher werden Menschen wie die Grauen Schwestern gerne als „Engel“ bezeichnet. Diesem metaphorischen Gebrauch des Engels folgt der Ausspruch Gerdas „Ach, er war ein Engel“ nach dem frühen Tod des Hanno Buddenbrook. Die Pensionsmeisterin Tonys und Gerdas setzt ihm ein anderes Engelbild entgegen: „Nun ist er ein Engel.“ Hans Blumenberg entdeckt zwischen Metaphorik („war“) und Begriff („ist“) die Angelologie der Buddenbrooks: „Der Engel, als den Tony Hanno erinnert, wird reklamiert als Bürgschaft für die vage Vorstellbarkeit der Fortexistenz als Engel.“

Die Vorstellung, dass die Auferstandenen wie die Engel sein werden, geht auf ein bekanntes Jesus-Wort (Matthäus 22,30) zurück. Es hat die Volksfrömmigkeit entschieden beeinflusst. So glaubte die Heilige Therese von Lisieux (Blumenberg schätzte die Studie der Ida-Friederike Görres), dass ihre im jungen Alter verstorbenen Brüder die Familie als Schutzengel begleiteten. Auch Hans Blumenberg hatte einen früh verstorbenen jüngeren Bruder. Folgt man seiner Deutung der Buddenbrooks, war auch er ein Engel nach dem Ende: „Mit dem Blick auf die an Hanno schon erschienene angelologische Überzeitlichkeit wird dem ganzen ‚Verfall einer Familie‘ der Angelpunkt seiner Reversibilität gegeben. Der tote Hanno war der Letzte und ist der Erste“.

Hans Blumenberg konnte sehr direkt sein. Doch in seinen Büchern liebte er indirekte Mitteilungen, die Andeutung, das Kryptische, die Zelebration einer „stillen Messe“ der Nachdenklichkeit. Wenn er gerne das Nietzsche-Wort mihi ipsi scripsi (Für mich selbst habe ich geschrieben) zitierte, so war das keine Koketterie. Doch zugleich diente dieses nie unterbrochene Ritual in der strengen Klausur dem ganzen „Erdball und Weltall“. Blumenbergs Wort hat daher einen „mehrfachen Schriftsinn“. Diese Vielschichtigkeit seiner Philosophie löst vermeintliche Eindeutigkeit in neue Nachdenklichkeit auf. Sie ist wie ein unendliches Singen und Sagen und hat darin eine strukturelle Affinität zu dem von Dionysios von Areopagita geschauten Bild der himmlischen Engelchöre, das noch im Prolog von Goethes „Faust“ und den „Duineser Elegien“ Rainer Maria Rilkes einen späten Nachhall findet.

Hans Blumenberg absolvierte ein lateinisches Studium der Theologie an der Hochschule der Jesuiten St. Georgen. Kriegsbedingt war das Priesterseminar nach Limburg ausgelagert worden. Ein Angelologe wie Thomas von Aquin wurde der junge Blumenberg nicht. Doch bewegte ihn nachhaltig die liturgische und pastoraltheologische Dimension des Themas „Engel“, also die gelebte katholische Glaubenspraxis, wie er sie als frühkindliche Prägung durch einen liebevollen Vater erfahren hatte.

Unter der Überschrift „Undeutlicher Chorgesang“ beschäftigt sich Blumenberg in seiner „Trilogie von Engeln“ mit den liturgischen Engelgesängen: dem Gloria und dem Sanctus. Zu der über 1200 Bände umfassenden theologischen Bibliothek des Studenten der Katholischen Theologie gehörte das bereits erwähnte „Buch von den Engeln“ (1935) des Konvertiten Erik Peterson. Es behandelt die Stellung und Bedeutung der Engel im Kult der katholischen Kirche. Indem die Gemeinde als pilgernder Teil des Gottesvolkes das Gloria auf Erden singt, stimmt sie zugleich in den ewigen Lobgesang der Engel als stationärem Teil des Volkes Gottes ein.

Der Lobgesang ist eine vielstimmige Antwort auf das unergründliche Geheimnis. Im Bild der Engelchöre erscheint das Modell einer Theorie der Unbegrifflichkeit. Wer sich hier einschwingt, sucht nicht den Diskurs mit Fachkollegen, er besucht kein Symposion, er sucht „Mitsänger“. „Sagen zu können, was ich sehe“, so antwortete Hans Blumenberg auf die Frage nach dem vollkommenen irdischen Glück in dem berühmten Fragebogen von Marcel Proust.

In seiner Auslegung der Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas, der „Engelsverheißung an die Hirten auf dem Felde“ hebt Blumenberg das „liturgische Prunkstück des Gloria“ hervor. Blumenberg ist in der Liturgie der Kirche nicht allein durch das strenge Exerzitium der Schwester Engelmunda beheimatet worden. Selbstverständlich dient er in seiner Lübecker Herz-Jesu-Gemeinde als Messdiener. Im Jahr 1937 hält er einige religiöse Vorträge etwa über Meister Eckhart (November 1937) oder die eucharistische Vereinigung mit dem Gekreuzigten. „Katholische Aktion und eucharistisches Leben“ (Dezember 1937). Er schätzt die strenge Achtsamkeit, mit der Dechant Albert Bültel die Messe zelebriert, und er lernt in den drei Kaplänen der Herz-Jesu-Gemeinde drei Vorbilder des katholischen Glaubens kennen, die mit einem evangelischen Pfarrer im Widerstand gegen den Nationalsozialismus ihr Leben geben werden.

Seine einst jüdische Mutter ist aus Anlass der Eheschließung in der Berliner Hedwigskathedrale zum Katholizismus konvertiert. In der Zeit der Verfolgung findet sie Zuflucht bei den Grauen Schwestern und überlebt im Lübecker Marienkrankenhaus die Schreckenszeit. Es sind diese „Bilder“ gelebten katholischen Glaubens im Engeldienst der Schwestern und im Martyrium der Lübecker Geistlichen, in denen Hans Blumenberg lebenslange „Gewissheit“ und Liebe zur Kirche erfuhr, auch wenn er in seinen späten Jahren die Messe nicht mehr besuchte.

Dafür wird es unterschiedliche Gründe geben, über die er nicht gesprochen hat. Vielleicht führte die konfessionsverschiedene Ehe („Mischehe“ im Jargon der Fünfzigerjahre) zu einer schleichenden Entfernung von der eucharistischen Praxis. Vielleicht fehlte ihm unter den Münsteraner Geistlichen jener Jahre ein Seelsorger seines Vertrauens. Einmal sprach Franz-Peter Tebartz-van Elst, 1985 Seelsorger in Blumenbergs Heimatgemeinde St. Johannes Baptist (Altenberge), vor. Er wurde abgewiesen. Vielleicht hatte die Distanz zum Gemeindeleben den ganz einfachen Grund in der Umstellung des Tagesrhythmus’. Der Nachtarbeiter Hans Blumenberg ging kurz vor dem ersten Glockenläuten zu Bett.

Jede Berufung bleibt Geheimnis

Jede Berufung ist unmittelbar zu Gott und bleibt in ihren letzten Gründen auch dem Berufenen selbst Geheimnis. Dennoch ist sie auch ein Spiegel der Zeit. Hans Blumenbergs religiöse Sozialisation fand vor dem Zweiten Vatikanum statt, und es ist keine Frage, dass er diesen Wurzeln entschieden treu blieb. Das gilt besonders für seinen Blick auf die Engel in „Anfang, Mitte und Ende der Geschichte“. In diesem Kapitel seiner „Trilogie von Engeln“ geht es um Fragen von Anfang und Ende, von Schöpfung und Eschatologie, um Erlösung, Gericht und Vollendung. In Anspielung auf das Jesuitentheater und Hans Urs von Balthasars „Theodramatik“ heißt es: „Der Engel steht am Anfang der Erdenepisode, wie er an deren Ende als Buchführer des Gerichtes stehen wird. Die Angelologie sorgt für die zuverlässige Einhaltung von Raum, Zeit und Handlung auf dem Welttheater.“ Engel schützen diese Einheit. „Engel haben mit Raum und Zeit zu tun. Sie überbrücken den Raum als Boten der Gottheit, sofern sie aus deren Himmelschören entbehrlich sind, und sie erfassen die Weltzeit, indem sie die Buchführung der Lebenschronik für das Gericht von Amts wegen verwalten.“ Vom Gericht wissen Rilkes „Duineser Elegien“ nichts, sehr viel aber vom „Rühmen“. Das vergängliche Leben zu besingen und darin sein Sein zu benennen und zu bezeugen, gilt in dieser von Blumenberg geschätzten Engeldichtung als Aufgabe des Menschen. Sie bezeugt eine Welt, die wunderbar im Ganzen ist, eine im Letzten ungestörte und unzerstörbare Weltordnung, die auch Goethes „Faust“ zugrunde liegt.

Unter den Aufgaben des deutschen Aufsatzes, die der überaus geschätzte Deutschlehrer Wilhelm Krüger im Abitur stellte, wählte der junge Blumenberg das Thema „Faust“. Noch in seinen späten Münsteraner Vorlesungen kam er immer wieder auf das „Vorspiel im Himmel“ mit dem Gesang der drei Erzengel und den „katholischen Schluß“ von Faust II zu sprechen. Hier wird Faustens Unsterbliches, seine Entelechie, von Engeln zu Maria in den Himmel getragen. Für Blumenberg war diese Allversöhnung mehr als Dichtung. Noch in seiner Karsamstags-Theologie der „Matthäuspassion“ (1988) wagt er zum Schluss einen Ausblick auf die Apokatastasis (Allversöhnung) des Origenes. Die „Matthäuspassion“ enthält Blumenbergs Angelologie im Kontext von Schöpfung, Sündenverfall und Passion Christi.

Das Thema „Engel“ lag vor der Jahrtausendwende gleichsam in der Luft. Im Deutschen Herbst des Jahres 1977 hatte der reformierte Hagiograf Walter Nigg sein Buch „Bleibt, ihr Engel, bleibt bei mir“ als Kommentar und Gegenrede zur Zeit veröffentlicht. 1986 kam Wim Wenders’ Engelfilm „Der Himmel über Berlin“ in die Kinos. Hier durchschritten wenige Jahre vor dem Mauerfall zwei Engel die Berliner Mauer. Im gleichen Jahr veröffentlichte Blumenbergs erster Suhrkamp-Lektor Karl Markus Michel einen kurzen Lehrgang der Angelologie unter dem Titel „Vom Leib der Engel“ (1986). Zu den neuen Nachbarn in Altenberge gehörte der reformierte Theologe Michael Welker. Er suchte den Kontakt zu Hans Blumenberg, indem er ihm seinen Aufsatz „Über Gottes Engel“ (1987) in den Briefkasten warf. Zu einem Kontakt kam es dennoch nicht.

Blumenberg mahnte zur „Vorsicht im Umgang mit Engeln“. Das Thema wurde unmittelbar nach der Jahrtausendwende in sogenannten spirituellen Büchern populär, erlebte eine Wiederkehr in Kitsch und Kunst, verlor sich aber wie jede Mode recht bald. Seinen angestammten Sitz im Leben der Pastoral behielt es jedoch. Das gilt auch für die Seelsorge in den evangelischen Kirchen, wo Bonhoeffers Engellied von den guten Mächten als Lizenz der Rede von den Engeln gilt. In der Theologie blieben die Engel randständig. Engel dienen offenbar keinem Wissenschaftler zur Ehre. Wer unter den Theologen etwas werden wolle, so hatte Blumenberg gesagt, der solle lieber die Finger von den Engeln lassen: „Es ist keine beiläufige Beobachtung, dass Angelologie und Dämonologie dem Theologen komplementäre Lizenzen zur Imagination geben, ihm jedoch jede ‚Größe‘ in seiner Profession verweigern.“

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