Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum assistierten Suizid hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zu wesentlichen Eckpunkten einer möglichen gesetzlichen Neuregelung geäußert. In einem am 18.6. auf ihrer Website veröffentlichten, von einem Verfasserkreis ausgearbeiteten und mit Autorisierung des Rates der EKD an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versandten Schreiben verweist die EKD darauf, dass das Gericht das „Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen den kollektiven Rechten auf Schutz des Lebens vorgeordnet“ habe und es zum Maßstab jeglicher legislativen Regelungen gemacht habe.
„Für die Evangelische Kirche in Deutschland ergibt sich das Selbstbestimmungsrecht aus dem Glauben, dass Gott jeden Menschen einzigartig geschaffen und mit einer unverlierbaren Würde ausgestattet hat“, heißt es in dem Schreiben. „Das evangelische Verständnis zeichnet die Selbstbestimmung aber in die Beziehungen ein, in denen der Mensch steht: zu Gott, der ihn ins Leben gerufen hat, und zu den Mitmenschen, in deren Gemeinschaft er sein Leben führt.“ Beide Beziehungen ermöglichten und begrenzten die Freiheit des eigenen Lebens. „Daraus ergeben sich die Leitlinien für den Umgang mit dem Suizid: Das Gebot, menschliches Leben, fremdes und das eigene, zu schützen, gilt umfassend“, heißt es in dem Schreiben. „Gleichzeitig gehört es (...) zum christlichen Glauben, darauf zu vertrauen, dass Gott sich auch dessen annimmt, der an seinem eigenen Leben und an seinem Glauben verzweifelt und für sich nur noch die Möglichkeit sieht, sein Leben zu beenden.“
Die Gewissensentscheidung des Einzelnen angesichts äußerster Not sei menschlicher Beurteilung entzogen und verdiene Mitgefühl und Respekt. Die Not und das Leid anderer, die zu solch einer Entscheidung führen, könnten Christinnen und Christen aber nicht kalt lassen. „Deshalb treten die Kirchen dafür ein, alles dem Menschen Mögliche zu tun, dass der Grenzfall vermieden werden kann, bei dem aufgrund von Erkrankung oder einer anderen Notsituation vermeintlich kein anderer Ausweg als die Selbsttötung bleibt.“ Benjamin Lassiwe