Corona verunsichert. Corona treibt die Menschen um. Corona macht Angst. Corona trägt Stress in Familien, Freundschaften und Kirchengemeinden. Corona zerstört Lebensrhythmen. Darf man diese Sätze jetzt, nach 20 Monaten, endlich wieder in der Vergangenheitsform sagen? Also: Corona verunsicherte. Corona trieb die Menschen um. Corona machte Angst. Corona trug Stress in Familien, Freundschaften und Kirchengemeinden. Corona zerstörte Lebensrhythmen.
Nein, das ist noch lange nicht Vergangenheit. Corona war, Corona ist immer noch Entheimatung. Corona hat eine andere Beziehung zu den Mitmenschen hergestellt. Bei mir hat Corona auch eine andere Beziehung zur Kirche hergestellt. Nein, ich bin nicht ausgetreten. Aber manchmal fühle ich mich ausgetreten. In Diskussionen werde ich oft gefragt: Warum sind Sie noch immer, trotz aller Missbrauchs- und Vertuschungsskandale, Mitglied in dieser katholischen Kirche? Ich sage dann: Weil ich aus meinem Leben nicht austreten kann und nicht austreten will. Weil mir die Kirche Heimat ist. Weil mir die Kirche Heimat war?
Kirche ist für mich das, was es ohne sie nicht gäbe. Es gäbe die Räume nicht, in denen Wörter wie Barmherzigkeit, Seligkeit, Nächstenliebe und Gnade ihren Platz haben. Es gäbe keinen Raum, in dem die Verbindung da ist zu uralten Texten und Liedern, die die Menschen schon vor Jahrhunderten gesungen, und zu Gebeten, die sie schon vor Jahrhunderten gebetet haben. So aber ist für mich die Kirche ein Ort, der Zeit und Ewigkeit verbindet. So denke und so fühle ich.
Es ist gut, dass es einen Ort gibt, an dem das Kreuz sein Zuhause hat. Ja, das Kreuz ist missbraucht worden, als Drohzeichen, als Mord- und Eroberungsinstrument. Trotz alledem: Es ist das gute Zeichen des Christentums. Ein Gott, der gelitten hat, der umgebracht wurde, der also weiß, was Leiden ist, bei dem ist das Leid der Menschen gut aufgehoben. Ohne Kirche gäbe es keinen öffentlichen Raum, in dem ein Mensch weinen kann, bei irgendeinem Lied, bei einer Fürbitte, die ihn anrührt. Kirche ist das, was es ohne sie nicht gäbe. Wie gesagt: Sie kann der Ort sein, der den Himmel offen hält.
So fühle ich es. Und daher sage ich auf die mir oft gestellte Frage, warum ich denn dieser Kirche noch angehöre: Weil ich Christ bin. Es ist ein Satz des Widerstands gegen die Erwartungen, die an einen Kritiker wie mich gestellt werden. Weil ich die Gemeinschaft, die Gemeinschaft der Gläubigen, beglückend erlebt habe und weiter erleben will. Weil ich dazugehöre. Und weil es besser ist, von innen, nicht von außen zu kritisieren.
Aber: Die Gemeinschaft der Gläubigen – ich habe sie in meinem Leben nie so wenig erlebt und gespürt wie in der Corona-Zeit. Vielleicht liegt das an meinem unsteten Journalistendasein. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht eine feste Kirchengemeinde als Heimat habe, die sich nach Kräften bemüht, dass aus den Distanzregeln keine Distanzhaltung wird. Die mir vertrauten Kirchenräume, die mir vertrauten Feste, sie sind mir in der Corona-Krise fremd geworden. Ich habe noch nie in meinem Leben Gottesdienste erlebt, die so wenig von Auferstehung spüren ließen wie die in den Osternächten von 2020 und 2021. Mit Neid habe ich von ganz anderen Erfahrungen gehört, ich habe von Freiluftgottesdiensten gehört, die zwar auch mit Maske und ohne Gesang stattfanden, denen es aber gelang, die räumliche Distanz zu überwinden und die Not-Gemeinschaft spürbar zu machen.
Fremd ist der Fremde nur in der Fremde: Sie lautet ein berühmter Satz von Karl Valentin. Für mich waren Kirchen, ganz gleich, wo ich war, immer Heimat. Die Corona-Regeln und die Art ihrer Umsetzung haben das Heimatliche weggenommen. Von der Freiheit des Christenmenschen Prantl blieb und bleibt so die Freiheit des Pressemenschen Prantl. Diese Freiheit formuliere ich so: „Die Pressefreiheit heißt Pressefreiheit, weil die Presse die Freiheit verteidigen soll.“ Es gilt, und das ist mir wirklich wichtig, die Freiheit, auch die Religionsausübungsfreiheit, unter der Gefahr des Corona-Virus zu verteidigen. Die Verteidigung besteht darin, die Grundrechte zu achten und zu schützen. Zu diesen Grundrechten zählt natürlich auch ganz wesentlich das Grundrecht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit. Aber es kann und darf nicht dazu führen, dass die anderen Grundrechte abgeschaltet werden.
Die Verteidigung der Grundrechte besteht darin, die Grundrechte zu schützen davor, dass die Maßnahmen gegen das Virus von den Grundrechten nur noch die Hülle übrig lassen. Pressefreiheit besteht in der Warnung davor, dass Notgesetze einfach immer wieder verlängert werden, dass man sich daran gewöhnt, dass angeblich eine Notlage von nationaler Tragweite herrscht, unabhängig davon, ob die Indizien und die Inzidenzwerte eine solche Bewertung noch tragen. Pressefreiheit ist dafür da, hemmungslos zu fragen und zu recherchieren, was die Verbote nützen und welche Schäden sie verursachen. Pressefreiheit ist dafür da, die Bewegungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Religionsfreiheit, die Gewerbefreiheit zu verteidigen – und das Grundrecht auf Leben auch derer, deren Leben durch den Aufschub von Operationen oder das Ausbleiben von Lebenshilfen gefährdet wurde und wird. Ziel aller Maßnahmen muss es sein, diese Maßnahmen möglichst schnell wieder überflüssig zu machen.
Die Freiheit des Pressemenschen Prantl besteht darin, das immer und immer wieder zu sagen. Diese Freiheit lasse ich mir nicht von einem Herrn Gauland nehmen, der mich dann im Bundestag oder in der Fernseh-Talkshow zitiert. „Ist Ihnen das nicht unheimlich, Herr Prantl?“, werde ich dann gefragt, wenn mich ein Rechtsaußen-Politiker zitiert oder wenn die Querdenker bei einer Demo ein SZ-Video von mir gegen die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes abspielen. Das ist mir nicht unheimlich, das ist deren altbekannte und abgeschmackte Strategie. Sie ziehen sich die Grundrechte an wie einen Tarnanzug, um gegen den Rechtsstaat zu agitieren. Das ist mir eklig. Unheimlich ist mir, dass dies so oft die allererste Frage ist, wenn wir über die Einschränkung von Grundrechten in Corona-Zeiten diskutieren: Prantl, merken Sie nicht, dass Sie Beifall von der falschen Seite kriegen? So ein Satz zeigt den Rechten: Hey, wir haben die Herrschaft über den demokratischen Diskurs. Das Argument „Beifall von der falschen Seite“ ist kein Argument, sondern blockiert den Austausch von Argumenten, und zwar zugunsten von AfD und Co.
Natürlich muss der Staat handeln. Mir geht es immer um das Wie und das Wer. Und wenn das Parlament gehandelt hätte, wenn der Bundestag nicht schon ganz frühzeitig in den Selbst-Lockdown gegangen wäre, hätten wir eine ganz andere Corona-Diskussion geführt. Die Kirchen sind Teil der demokratischen Gesellschaft dieses Landes, die von ihnen getragenen Wohlfahrtsverbände sind die Säulen des Sozialstaats. Davon habe ich bei der Diskussion über Corona zu wenig gemerkt.
Corona hat Flächen zu Angriffsflächen gemacht, die Dinge zu Bedrohungen – selbst die Kirchenbänke, den Kelch und die Hostie. Die Welt ist fremd geworden. Und Corona hat die Gespräche vergiftet. Ein zuhörendes und diskutierendes Miteinander gibt es kaum mehr. Bleibt das so? Wird sich das wiederholen? Werden die Entfremdungsregeln, die Abstands- und Hygieneregeln, die Kontakt- und Besuchsverbote, die Betriebsschließungen, die Schul- und Kitaschließungen, die Schließung von Sportstätten und Kultureinrichtungen, die Sperrung der Kirchenbänke, die Anmelderei zu den Gottesdiensten – wird all das künftig bei jedem Virus, bei jeder Bedrohung von Neuem aktiviert? Gibt es künftig solche Absperr- und Verbotspläne für alle möglichen Katastrophen, Epidemien, Pandemien? Müssen die Menschen, müssen wir Christinnen und Christen immer wieder mit Kontaktsperren und Gesangsverboten leben?
Mir fehlte in der Corona-Zeit das, was in der Bibel „Erquickung“ heißt. „Erquicken“: Das ist ein Wort, das in der Alltagssprache nicht mehr üblich ist, aber einen wunderbaren Gehalt hat. Es steht im Evangelium von Matthäus, dort, wo Jesus zu den „Mühseligen und Beladenen“ spricht; es steht für Tatkraft und Einsatz, für uneigennützige und aufopferungsvolle Hilfe. „Ich will Euch erquicken“, sagt Jesus. Das meint: Trost geben und Halt, die Angst nehmen, kräftigen und stärken. Das hätten die Menschen in den Corona-Zeiten so nötig gehabt. Hat die Kirche die Erquickung wenigstens versucht? In vielen Gemeinden unternahmen Pfarrer und Ehrenamtliche alles Mögliche und bis dahin für unmöglich Gehaltene, um Kirche nicht ausfallen, sondern anders ausfallen zu lassen. Das war ihr guter Widerstand gegen das Virus. Seelsorger in den Krankenhäusern und Altenheimen arbeiteten bis zur Erschöpfung.
Die kirchlichen Äußerungen zu Corona waren kleinmütig angepasst
Aber das hatte leider viel zu wenig Strahlkraft nach außen. Denn mehr als die vielen engagierten und hingebungsvollen Aktionen vor Ort sind es die öffentlichen und offiziösen kirchlichen Äußerungen, die die Außensicht prägen. Und die wirkten, wenn auch tönend von Verantwortung und Nächstenliebe, doch kleinmütig, angepasst. Die Kirchen waren gekränkt, von der Politik nicht als systemrelevant eingestuft zu werden, und versuchten die Kränkung durch übertriebene Anpassung an die politischen Forderungen und durch vorauseilende Selbstbegrenzung der eigenen Spielräume wettzumachen. In den ersten Monaten der Corona-Krise war, so habe ich das empfunden, Ruhe die erste Kirchenleitungspflicht.
Das Osterfest des Jahres 2020 fiel in ein unheiliges Nichts. Die Kirchenleitungen agierten angstgesteuert, vor allem nachdem es nach Ende des Lockdowns im Mai in freikirchlichen Gottesdiensten sogleich zu Infektionen kam. Die Religionsgemeinschaften erklärten den „Abstand“ zum Mitmenschen zur neuen Form der Nächstenliebe. Das war fatal. Erst in der Vorbereitung auf Weihnachten, ab September und Oktober 2020, fanden die Kirchen zu heiliger Kreativität und fast urchristlicher Phantasie. Es gibt einen kleinen Satz, der das Elend der Kirche in Corona-Zeiten benennt: „Kein Weihwasser! Wegen Coronavirus!“ Zettel mit dieser Aufschrift lagen und liegen im entleerten Weihwasserbecken des katholischen Gotteshauses. Sie benennen das Elend der Kirchen in Corona-Zeiten. Die Zettel sind überflüssig, weil ohnehin jeder weiß, was los ist; sie sind aber bezeichnend in ihrer Hilflosigkeit und ihrem Paternalismus. Kein Weihwasser wegen Corona. Kein. Kein. Kein.
Kein: Das war lange das kirchliche Wort zu Corona. Kein Weihwasser. Kein Gottesdienst. Kein Ort, an dem man inne- und zusammenhalten kann. Keine Nähe. Kein Singen. Hausbesuche nur in Ausnahmefällen. Für all das gab und gibt es gute Gründe. Aber die guten Gründe ersetzten und ersetzen nicht, was fehlt. Keine Begegnung. Wenig Trost. Menschen mussten ihre letzten Lebenswochen ohne ihre Angehörigen verbringen. Sterbende mussten allein in den Tod gehen. Es gab die Seelsorgerinnen und Seelsorger, die in den Kliniken taten, was sie eben konnten, einzelne Pfarrer, die sich gegen die Isolation der Todkranken und der Alten aufgelehnt, es gab einzelne Geistliche, die sich gegen die Behördenwillkür bei Beerdigungen gewehrt haben. Die Kirchenleitungen haben es zu wenig getan.
Die Kirche soll an der Seite der Leidenden stehen. Das ist der Gehalt der Bibel. In der Corona-Krise haben die Kirchen diesen Auftrag dadurch zu erfüllen versucht, dass sie sich an die Vorgaben des Staates beflissen gehalten haben. Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, befand: „Das ist die Konsequenz des Doppelgebotes der Liebe: Gott lieben und den Nächsten lieben. Wir würden unsere Botschaft konterkarieren, wenn wir uns anders verhalten würden.“ Reicht das? Besteht darin Erquickung?
Und wenn man sich in einer Mischung von Vernunft, Angst und Unsicherheit entscheidet, sich den Regeln zu unterwerfen – sollte man dann nicht wenigstens beklagen, welche Lieblosigkeit das für die vielen bedeutet, die so alleingelassen werden? Den vernünftigen Begründungen für die vernünftige Zurückhaltung und der vernünftigen Theologie und den vernünftigen Sperrungen der Kirchenbänke war so wenig anzumerken, dass diese ganze Vernunft wehtat. Das war schmerzhaft schmerzlos.
Statt den Abstand zu beklagen, so hatte ich den Eindruck, haben die Kirchen den Abstand zur neuen Form von Liebe umdefiniert. Nicht dass der Abstand und die Hygiene-Regeln nicht notwendig gewesen wären. Aber ich habe an der leidenschaftslosen Selbstverständlichkeit gelitten, manchmal auch an der Wurstigkeit und der Würdelosigkeit, mit der oftmals die Flatterbänder durch die Kirchenräume und Kirchenbänke gezogen wurden. Wenn die Kirchen sonst nichts tun konnten und nichts tun können, dies doch: laut über die Härten klagen und den Betroffenen eine Stimme geben. Es ist Trost, Trostlosigkeit offenzulegen. Es ist kein Trost, Pflaster darüber zu kleben.
Ich wünsche mir eine Kirche, die Spielräume der Freiheit nutzt, statt sie eng zu machen: Die Gotteshäuser waren immer die Orte, an denen die tiefsten Regungen ihren öffentlichen Platz hatten: Angst, Schuld. Trauer, Verzweiflung, Liebe und Glück. In der Corona-Krise haben die Kirchen sich der ernüchternden Wirklichkeit ergeben. Man hatte, zumal beim ersten Lockdown, den Eindruck, Gott sei im Gotteshaus allein zu Haus. Die Kirchen sind immer Haltestellen gewesen: Haltestellen, um zu warten, dass es besser wird, dass das Leid vergeht, dass die Gefahr schwindet. In der ersten Phase der Corona-Krise aber haben die Kirchen kaum mehr Visionen entwickelt, keine Vorstellungen von einer besseren Welt. Sie ergaben sich der ernüchternden Wirklichkeit. War das, ist das ihre Aufgabe? Wo blieb die Hoffnung, wo wenigstens der Widerstand gegen die Hoffnungslosigkeit?
Die Gemeinheit des Amtsträgers entehrt die katholische Kirche
Ich bin sehr katholisch aufgewachsen, war Ministrant in einer Zeit, in der man den Pfarrer noch mit „Hochwürden“ anredete. Dieser Titel „Hochwürden“ stammt aus einer Epoche, in der die Würde des geistlichen Amtes den Herrn, der dieses Amt bekleidete, emporhob, heiligte und unantastbar machte – und zwar auch dann, wenn dieser Herr ein unangenehmer Mensch, ein grässlicher Sünder oder ein unwürdiger Widerling war; er galt trotzdem als Hochwürden. Diese Zeit ist vorbei.
Seit den sogenannten Missbrauchsskandalen ist es sogar umgekehrt: Die Unwürdigkeit der Person erfasst das Amt, die Gemeinheit des Amtsträgers entehrt die katholische Kirche. Erstens, weil es so viele Amtsträger sind, die als unwürdig entlarvt werden. Zweitens, weil die Amtskirche so lange weggeschaut hat, und drittens, weil lügnerische Figuren das Wort Hierarchie zu einem Synonym für Heuchelei machen. Und so sind zahllose untadelige, hochengagierte Seelsorger und Jugenderzieher unter Generalverdacht geraten. Und das ist nichts, was evangelische Christen klammheimlich freuen kann; denn dieser Generalverdacht infiziert alles Kirchliche.
In der Politik gibt es die Vertrauensfrage: Wenn das Vertrauen in die Regierung wankt, dann stellt sie im Parlament die Vertrauensfrage, um sich auf diese Weise wieder zu stabilisieren. In der Kirche gibt es keine Vertrauensfrage. Gäbe es sie, die katholische Kirche würde ein Desaster erleben. Weit mehr als die Parteien, die Wirtschaft und Politik, weit mehr als jeder andere Beruf und jede andere Einrichtung lebt die Kirche vom Vertrauen der Menschen zu den Personen, die sie ihnen als Vertrauenspersonen vorstellt: Priester, Menschen also, die im Namen Gottes aufgetreten sind, haben dieses Vertrauen missbraucht.
Der Missbrauch ist ein doppelter: Die Priester missbrauchen ihre Opfer und sie missbrauchen die Aura des Vertrauens, die ihnen gegeben ist. Sexueller Missbrauch ist Marter, sexueller Missbrauch ist Schändung. Die Missbrauchsskandale sind der nicht mehr endende Karfreitag der katholischen Kirche. Die Missbrauchsskandale sind die Dornen in der Dornenkrone. Sie sind die Spucke im Angesicht Gottes. Es hat ein Prozess der Entweihung der Hierarchie eingesetzt, den die katholische Kirche nur mit Demut beenden und wieder umkehren kann.
Diese könnte ein Gewinn sein für die Ökumene. Die katholische Kirche steckt in der tiefsten Vertrauenskrise seit 500 Jahren, seit der Reformation – und der evangelischen Kirche geht es auch nicht sehr berauschend. Wenn in dieser neuen Krise eine Chance steckt, dann die: die alte, fünfhundertjährige Spaltung zu überwinden. Ich möchte erleben, wie sich diese Chance realisiert.
Die Kirche kann, wenn es gut geht, ein Ort sein, der dem Himmel nahe ist; weil es dort Segen gibt und eine Verbindung zu den uralten Gebeten und Liedern, die die Menschen schon vor Jahrhunderten getröstet haben. Das Himmel-offen-Halten ist aber keine exklusive Veranstaltung der Katholiken und der Protestanten, also der Christen. Den Himmel offen halten: Das machen auch die Juden, das machen auch die Muslime. Das zu lernen – das ist eine Reformation, die den Religionsgemeinschaften noch bevorsteht. Bei dieser Reformation möchte ich dabei sein. Darum bleibe ich katholisch.