In seinem Buch „Deutsche Katholiken 1918–1945“ gab der Historiker Heinz Hürten bei der Darstellung der nationalsozialistischen Machtergreifung und dem Verhalten der Kirche einem Kapitel die Überschrift „Brückenbau?“. Jetzt hat der Philosoph Kurt Flasch dieses Thema in einem sehr persönlich gehaltenen „Essay“ aufgegriffen. Er widmete sich darin drei katholischen Exponenten, die in der Frühphase der Naziherrschaft aktiv für eine Vereinbarkeit zwischen der Kirche und ihrer Lehre und der nationalsozialistischen Ideologie eintraten und die neue Ordnung in Deutschland sogar in einer ausgesprochenen gedanklichen Nähe zu katholischen Positionen sahen. Es geht um die Veröffentlichung „Begegnungen zwischen katholischem Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung“ des Dogmatikers Michael Schmaus, um die Schrift „Katholischer Zugang zum Nationalsozialismus“ des Kirchenhistorikers Joseph Lortz und um einschlägige Texte von Josef Pieper. Als „Vorredner“ behandelt Flasch außerdem Karl Eschweiler, Carl Schmitt und den katholischen Reichs- und späteren Vizekanzler Franz von Papen.
Sie vertraten sicher nicht die Mehrheitsmeinung im deutschen Katholizismus der Jahre um 1933. Aber es bleibt trotzdem erschreckend, wie leicht Männern wie Schmaus, Lortz oder Pieper der ideologische Brückenschlag gelang, vor allem auch, in welcher Naivität oder Ignoranz sie über die massiven Verstöße gegen elementare Menschen- und Bürgerrechte im Zuge der „Gleichschaltung“ hinwegsahen. Flasch weist nicht zuletzt darauf hin, dass sie das erzwungene Ende der Zentrumspartei oder politischer Formationen des Katholizismus ausdrücklich begrüßten: „Die Zusammenarbeit mit der NSDAP werde die Kirche moderner aussehen lassen und beweglicher machen.“ Sein Buch legt den Finger in eine schmerzliche Wunde und sollte in der weiterhin notwendigen historischen wie theologischen Auseinandersetzung über die Rolle der katholischen Kirche im nationalsozialistischen Deutschland nicht übersehen werden. Das gilt auch für seine zusammenfassende These: Die theoretischen und historischen Argumente, die Rechtskatholiken zur pronazistischen Propaganda ausgebaut hätten, „sind weiter in der Welt und sind zu diskutieren“. Ulrich Ruh