ÖkumeneDen Mut nicht verlieren

Dieses Buch ist nicht so sehr wegen der darin behandelten Gegenstände interessant als vielmehr wegen seiner besonderen Perspektive. Es geht bei Peter Neuner um die Ökumene, in erster Linie um Stellung und Probleme der katholischen Kirche in und mit der Ökumenischen Bewegung. Der Autor schreibt als engagierter wissenschaftlicher und kirchenpraktischer Beobachter der Szene über Jahrzehnte hinweg, von der Zeit als junger Kaplan in München über die Jahre als Fundamentaltheologe beziehungsweise Dogmatiker an den Fakultäten in Passau und München (wo er auch das Ökumenische Institut leitete) bis zu den vielfältigen Aktivitäten im Ruhestand.

In diese Zeit fielen das Zweite Vatikanische Konzil mit seiner epochemachenden Öffnung der katholischen Kirche für die Ökumenische Bewegung, das umstrittene „Ämtermemorandum“ von 1973, der Aufsehen erregende „Rahner- Fries-Plan“ von 1983, die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die Ökumenischen Kirchentage in Berlin und München und das Lutherjubiläum 2017. Neuner lässt diese und andere ökumenische Meilensteine Revue passieren. Ihm liegt besonders die eigene Kirche am Herzen, bei allen aufmerksamen Beobachtungen auch zu den Kirchen der Reformation wie der Orthodoxie als ökumenischen Partnern.

Er plädiert energisch und immer wieder für mehr Mut auf katholischer Seite, Spielräume auszunutzen, Engführungen etwa in der Lehre vom kirchlichen Amt aufzubrechen: Die Kirche habe nicht das Recht, an einem Zustand festzuhalten, der ihrem Auftrag widerspreche. „Einheit gehört zu ihren Wesensmerkmalen, wie das Credo sie formuliert, und Kirche darf sich nicht an eine Situation gewöhnen, die diesem entgegengesetzt ist.“ Das Buch schließt mit einem hoffungsvollen Ausblick auf den bevorstehenden Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt sowie auf die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 2022 in Karlsruhe. Neuner notiert als Ergebnis seiner ökumenischen Erfahrungen die Entscheidung, sich durch Enttäuschungen nicht entmutigen zu lassen. Sein Rückblick auf fünf Jahrzehnte der ökumenischen Entwicklung mitsamt ihren Irrungen und Wirrungen kann auch andere zu dieser Entscheidung einladen. Ulrich Ruh

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