Deutschlandweit haben Anfang Mai über 100 Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare stattgefunden. Dazu aufgerufen hatte die Initiative „Liebe gewinnt“. „Wir nehmen nicht hin, dass eine ausgrenzende und veraltete Sexualmoral auf dem Rücken von Menschen ausgetragen wird und unsere Arbeit in der Seelsorge untergräbt“, heißt es auf der Homepage der bundesweiten Initiative. Man wolle die Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten von Menschen feiern und um den Segen Gottes bitten – „ganz ohne Heimlichkeiten“. Damit reagieren die Seelsorger auf das Nein der vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare. Die katholische Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, so der Vatikan. Solche Verbindungen entsprächen nicht dem göttlichen Willen und könnten deshalb nicht gesegnet werden. Die Erklärung aus Rom hatte Ende März unter Gläubigen, Theologieprofessoren, aber auch im deutschen Episkopat für Verwunderung und Kritik gesorgt.
Dennoch zeigt sich die Deutsche Bischofskonferenz von den Segnungsgottesdiensten nicht begeistert. Georg Bätzing, DBK-Vorsitzender, wies darauf hin, dass Gottesdienste eine „eigene theologische Würde und pastorale Bedeutung“ hätten. Sie seien nicht als „Instrument für kirchenpolitische Manifestationen oder Protestaktionen“ geeignet. Die Bewegung Maria 1.0 sieht in den Feiern eine „gezielte Provokation in Richtung Papst Franziskus“. Damit würden Gläubige verunsichert und gezwungen, „sich entweder dem örtlichen Bischof, der möglicherweise diese Segnung billigt, gegenüber loyal zu verhalten oder dem Papst“. Auch in Italien sorgten die Segnungsfeiern für Unmut. Der langjährige Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Camillo Ruini, fürchtet gar ein Schisma.
Bätzing betonte zugleich, dass auch Menschen mit homosexueller Orientierung und solche, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebten, einen Platz in der Kirche hätten. Es gehöre zum pastoralen Dienst der Kirche, diese Menschen in ihren Lebenssituationen seelsorglich zu begleiten. Zudem nehme er wahr, dass es seit längerem Diskussionen gebe, in welcher Weise sich die kirchliche Sexualmoral, auch hinsichtlich der Homosexualität, weiterentwickeln könnte. Der Synodale Weg sei ein geeigneter Ort, um diese Fragen zu diskutieren. Die beiden Leiter des Synodalforums Sexualmoral, Birgit Mock und Bischof Helmut Dieser, hatten bereits Ende März eine Liste mit Unterschriften von 2600 Seelsorgerinnen und Seelsorgern entgegengenommen, die sich damit gegen die römische Erklärung stellen. Man werde die Anliegen der Initiative in den Forums-Debatten aufgreifen, so die Forumsleiter. Man hoffe auch auf Gespräche mit römischen Stellen, der Dialog dürfe nicht abbrechen.
Dana Kim Hansen-Strosche