Es war ein Privileg, über einen Zeitraum von fast vier Jahrzehnten für die „Herder Korrespondenz“ die kirchlichen und theologischen Entwicklungen in Asien auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Situation in diesen Ländern zu verfolgen und zu beschreiben. Als Asienreferent im Missionswissenschaftlichen Institut Missio habe ich regelmäßig Reisen in die meisten asiatischen Länder machen können. Auch nach meiner Pensionierung sind diese Kontakte nicht abgebrochen, so dass ich immer die Gelegenheit hatte, vor Ort die Entwicklungen in den asiatischen Kirchen direkt zu verfolgen. Von diesen Reisen habe ich, das erste Mal im November 1981, regelmäßig für die HK Länderberichte erstellt. Schwerpunkte waren die Volksrepublik China, Indien, die Philippinen und Südkorea. Neben den Länderberichten habe ich die Entwicklung der asiatischen Theologie vor allem auf den Gebieten der Inkulturation und der Theologie der Religionen beschrieben.
Über Jahre hinweg bin ich mit der Arbeit der „Vereinigung Asiatischer Bischofskonferenzen“ (FABC) verbunden gewesen und habe an vielen der von der FABC durchgeführten Konferenzen zu Fragen des interreligiösen Dialogs, des sozialen Engagements und der Mission teilgenommen. Besonders durch die Mitarbeit bei den jährlichen Konferenzen der „Theologischen Beratungskommission“ der FABC über mehr als zehn Jahre habe ich direkt miterleben können, wie die asiatischen Theologen die alle asiatischen Kirchen betreffenden theologischen Probleme angingen.
Dabei ging es mir darum, aufzuzeigen, dass die asiatischen Theologen viele originelle Beiträge geliefert haben, die Antwort auf die Probleme geben, mit welchen die Christenheit in der Zukunft konfrontiert sein wird: überall eine Minderheit in einer religiös-kulturell-ideologisch pluralistischen Welt zu sein. Gleichzeitig war dabei zu sehen, wie das römische Lehramt gegenüber den neuen Ansätzen in der asiatischen Theologie kritisch und korrigierend eingegriffen hat. Markante Beispiele für das Eingreifen der Glaubenskongregation waren das Mahnschreiben gegen östliche Mediationsformen (1989), der Fall der Exkommunikation von Tissa Balasuriya aus Sri Lanka (1997) und das Dokument „Dominus Iesus“ (2000). In der HK waren die Auswirkungen dieser restriktiven Maßnahmen zu lesen, die den asiatischen Theologen die Entwicklung ihrer kreativen eigenständigen asiatischen Theologie erschwert haben.
In den regelmäßigen Beiträgen zur kirchlichen Entwicklung in China war über das erstaunliche Wachstum der christlichen Kirchen trotz der bleibenden Restriktionen und immer neuen Einschränkungen seitens der kommunistischen Partei und der staatlichen Religionsbehörden zu lesen. Tief beeindruckt haben mich die Begegnungen mit den von jahrelanger Haft und Arbeitslager gezeichneten Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien, die ohne Ressentiments gegen das ihnen angetane Unrecht die ihnen trotz allem gegebenen Möglichkeiten nutzten, kirchliches Leben neu zu gestalten.
Bei den Berichten zu Indien standen die Beiträge der indischen Theologen zur Inkulturation und zum interreligiösen Dialog im Mittelpunkt. Gegenüber der Kritik der radikalen Hinduorganisationen zeigten sie, dass das Christentum nicht ein vom Ausland finanziertes Relikt westlichen Kolonialismus darstellt, sondern eine in Indien beheimatete und verwurzelte Religion geworden ist. Durch die Teilnahme an den jährlichen Konferenzen der „Indischen Theologischen Vereinigung“ konnte ich das Ringen zwischen den für die Inkulturation eintretenden Theologen mit denen beobachten, die eine Theologie der Befreiung für die in der indischen Gesellschaft diskriminierten Dalit entwickeln wollten, die schließlich in der indischen Kirche die zahlenmäßig weitaus stärkste Mehrheit darstellen.
Beim Verfassen eines Buches über die Kirchengeschichte Asiens konnte ich schließlich wesentlich auf den Fundus meiner Beiträge in der HK aufbauen (Kirche und Katholizismus seit 1945, Band 5, „Die Länder Asiens“, Paderborn 2003). Durch die englische Übersetzung haben meine Beiträge in der HK indirekt auch in Asien Beachtung gefunden (The Churches in Asia, New Delhi 2005). Als Autor fragt man sich oft, ob die Beiträge, die man liefert, auch Beachtung finden. Ein Beispiel für das vielfache Feedback war die Begegnung mit Ministerpräsident Erwin Teufel am Rande einer Tagung in Nürnberg 2014. Als ich mich vorstellte, reagierte er: „Sie sind der Evers, dessen Beiträge in der Herder Korrespondenz ich alle gesammelt habe?“