Der Name Ludwig von Pastor dürfte inzwischen nur noch wenigen Zeitgenossen geläufig sein. Das war noch anders, solange das katholische Milieu die beherrschende Sozialform für den Katholizismus in Deutschland war. Der in Aachen geborene Historiker Pastor (er wurde 1908 vom österreichischen Kaiser geadelt) verfasste die monumentale „Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters“ in 22 Bänden, eine „großnarrative Apologie der römisch-katholischen Papstkirche in bis dato (und vielleicht bis heute) unerreichter enzyklopädischer Breite“ (so Thomas Brechenmacher im vorliegenden Band). Pastor war Professor an der Universität Innsbruck, leitete ab 1901 das Österreichische Historische Institut in Rom und wurde 1920 zum österreichischen Gesandten beim Heiligen Stuhl ernannt.
Der Band geht auf eine 2018 in Rom veranstaltete Tagung zurück und enthält Beiträge zu verschiedenen Aspekten von Pastor, darunter auch einen vom evangelischen Kirchengeschichtler Volker Leppin (Tübingen). Einige Beiträge sind auf Französisch oder Italienisch verfasst; es sind deutschsprachige Zusammenfassungen beigegeben. Dass Pastor eine akademische Stellung in Innsbruck bekleidete, war dem Kulturkampfklima im Deutschen Reich geschuldet, das Katholiken im protestantisch dominierten Deutschland eine entsprechende Karriere verwehrte. In Rom konnte er schon 1879 mit einer Sondererlaubnis Akten des Vatikanischen Geheimarchivs einsehen und profitierte für seine Forschungstätigkeit von guten Kontakten zur Kurie, nicht zuletzt zu den Päpsten von Leo XIII. bis Pius XI. Pastors Papstgeschichte wurde in mehrere Sprachen übersetzt und auch außerhalb des deutschen Sprachraums breit rezipiert. Bei aller Würdigung der historischen Arbeit ist der Band nicht im problematischen Sinn hagiographisch, sondern weist auch auf Schattenseiten seiner Persönlichkeit hin. Brechenmacher spricht von der „oftmals opportunistischen Rücksichtslosigkeit“ Pastors, die im Gegensatz zu seinem Habitus als „tieffrommer Musterkatholik“ stehe. Jacques Verger plädiert dafür, Pastor als einen „Menschen seiner Zeit und seines Milieus“ zu lesen, ohne anachronistische Ablehnung und gibt ihm einen Platz unter anderen großen Geschichtswissenschaftlern seiner Epoche. Den hat er wohl auch verdient. Ulrich Ruh