Die Islamkonferenz muss fortgesetzt werden

Gegen alte und neue Fremdheit wie auch lebensweltliche Gräben hilft eine aktive Heimatpolitik.

Schachfiguren
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Den Anspruch an die 2018 neu gestartete Deutsche Islamkonferenz (DIK) hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer klar formuliert: Sie soll ein Beitrag dazu sein, dass sich in Deutschland ein Islam weiterentwickelt, der sich unserer Gesellschaft und ihrer Ordnung verbunden fühlt – ein Islam in, aus und für Deutschland. Die Deutsche Islamkonferenz, so die Überzeugung im Innenministerium, ist nicht nur Religions- und Integrationspolitik. Sie ist auch Politik für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mit einem Wort: Heimatpolitik.

In der Deutschen Islamkonferenz kümmern wir uns daher darum, dass Imame, die in Deutschland in Moscheegemeinden arbeiten, zunehmend in Deutschland und in deutscher Sprache ausgebildet werden. Es ist integrationspolitisch wichtig, dass schrittweise weniger religiöses Personal aus dem Ausland hierher entsandt wird. Der Staat kann und will jedoch das Personal muslimischer Gemeinden aus religionsverfassungsrechtlichen Gründen nicht selbst ausbilden. Das müssen Deutschlands Muslime selbst in die Hand nehmen. Aber wir können im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz den Aufbau von Ausbildungseinrichtungen begleiten und fördern.

Und genau das tun wir beispielsweise beim Islamkolleg Deutschland in Osnabrück, das den Ausbildungsbetrieb gerade aufgenommen hat. Und parallel zum Beginn einer eigenen Imam-ausbildung in Deutschland durch DITIB, einen der größten, unter Einfluss der türkischen Regierung stehenden islamischen Dachverbände, führen wir Gespräche in der Türkei mit dem Ziel, dass weniger Religionsbedienstete von dort nach Deutschland geschickt werden. Weniger ausländische Abhängigkeiten erleichtern es deutschen Muslimen, mit ihrem Glauben in Deutschland heimisch zu sein oder zu werden.

Damit sich unter Deutschlands Muslimen ein Islam in, aus und für Deutschland entwickelt, bieten wir in der Deutschen Islamkonferenz Raum und Gelegenheit für eine notwendige innermuslimische Debatte über die Identität von Muslimen in Deutschland. Denn die Diskussion über die Voraussetzungen und Grundlagen für einen Islam, der in Deutschland beheimatet ist, müssen maßgeblich die Muslime in Deutschland mit- und untereinander führen. Und nicht zuletzt sei unser DIK-Förderansatz „Moscheen für Integration“ genannt: Mit ihm helfen wir kleinen oder im Aufbau befindlichen muslimischen Gemeinden dabei, sich in Richtung ihrer Nachbarschaften zu öffnen und ihre Angebote und Aktivitäten besser auf die jeweiligen lokalen Gegebenheiten abzustimmen.

Die Quintessenz von alldem ist dieselbe: Die Deutsche Islamkonferenz ist integraler Teil einer im Konkreten wirkenden, praxis- und basisnahen Politik für gesellschaftlichen Zusammenhalt; ein Beitrag zu einer wohlverstandenen Heimatpolitik, die wir dringend brauchen – und zwar auch über diese Legislaturperiode hinaus.

Muslime müssen aktiv nach Beheimatung in Deutschland streben

Denn die Fluchtzuwanderung aus islamisch geprägten Herkunftsländern hat den Islam hierzulande heterogener gemacht, wie die Neuauflage der DIK-Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ gerade gezeigt hat. Und neben den etablierten und großen islamischen Dachverbänden melden sich in neuen Vereinen und Initiativen junge muslimische Stimmen zu Wort, um Einfluss auf gesellschaftliche und auch innermuslimische Debatten zu nehmen.

Überdies: So selbstverständlich muslimisches Leben und muslimische Vielfalt bei uns einerseits inzwischen sind – im Alltag und im praktischen Zusammenleben gibt es auch alte und neue Fremdheit und Konflikte. Lebensweltliche Gräben im Verhältnis der Muslime und des Staates beziehungsweise der Mehrheitsgesellschaft können nur durch gemeinsame Anstrengungen gefüllt und überbrückt werden. Sie können und dürfen nicht verschwiegen werden. Die Integration eines Islams der deutschen Muslime verlangt von den deutschen Muslimen große Kraftanstrengungen und ein aktives Streben nach Beheimatung in Deutschland.

In diesem Sinn ist die Deutsche Islamkonferenz Motor für einen Islam der Muslime in Deutschland; einen Islam, der sich hier beheimatet fühlen kann, der sich akzeptiert weiß und in das institutionelle Gefüge des Staates einfindet. Und dieser Motor – so meine feste Überzeugung – muss auch nach dem 26. September in Bewegung bleiben.

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