In seinem jüngsten Buch verbindet Hans Maier wieder einmal politische Vernunft, historischen Verstand und christliche Weltanschauung. In den acht Beiträgen des Bandes ist darum nicht bloß die Stimme des Politologen und Historikers vernehmbar, sondern auch die des katholischen Intellektuellen: etwa, wenn er über den verlustreichen Reichsdeputationshauptschluss von 1803 überraschend positiv urteilt: Die Kirche habe in der Säkularisation zwar „viele Machtpositionen, viel politischen und kulturellen Einfluss verloren. Was sich nicht verlor, war die Kraft zur Erneuerung aus dem Geist der Kontemplation und der Passion.“ All dies habe Glaube und Kirche letztlich „aus dem Schlaf der Sicherheit geweckt“.
Maier, von 1976 bis 1988 ZdK-Präsident, besitzt einen geschärften Blick für religiöse Rituale und Institutionen, etwa im Judentum. Deshalb fragt er: „Wie steht es mit der Beschneidung, der Bart- und Haartracht, mit dem Schächtgebot, mit koscherem Essen, mit der Vermeidung von Schweinefleisch? Wie steht es mit der Bestattung?“ Zwar existierten Jüdische Friedhöfe in vielen europäischen Ländern, aber wo fände man den „Carré musulman“? Angesichts solcher Probleme plädiert er für „schonenden Ausgleich und abrahamitische Offenheit“.
Vor allem in seiner Zeit auf Romano Guardinis Lehrstuhl verknüpfte Maier den religionsphänomenologischen Ansatz des Namensgebers mit Eric Voegelins Analyse politischer Religion. Gemäß Guardinis 1946 erschienenen Schrift „Der Heilbringer“ habe Hitler eine religiöse Leerstelle gefüllt und dem NS-Regime damit eine quasimessianische Wirkung eröffnet. Gerade deshalb, so Maier, hätten Christinnen und Christen unterschiedlicher Konfession die Herausforderung gespürt und angenommen.„Was verband christliche Einzelne im Widerstand miteinander? Was verband den evangelischen Konsistorialrat Gerstenmaier mit dem katholischen Bauern und Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter, Sophie Scholl mit Alexander Schmorell? Es war letzten Endes etwas sehr Allgemeines, Menschliches: das Bewusstsein einer hier und heute wahrzunehmenden persönlichen Verantwortung. Die christlichen Einzelnen waren dabei ihren Kirchen an Mut und Entschlossenheit weit voraus.“ Thomas Brose