Zum Streit um die Analytische TheologieUnter Verdacht

Ist die Analytische Theologie ethisch und politisch blind, wie Margit Wasmaier-Sailer meint? Oder handelt es sich sogar um ein neo-konservatives Unterwanderungsprojekt, wie andere Kritiker insinuieren? Eine Entgegnung.

Hörsaal
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Margit Wasmaier-Sailer, Fundamentaltheologin in Luzern, hat in dieser Zeitschrift die jüngsten Auseinandersetzungen um die „Analytische Theologie“ beschrieben (vgl. HK, August 2022, 35–37). Die Debatte war durch einen Artikel des Innsbrucker Pastoraltheologen Christian Bauer ausgelöst worden (vgl. Allianzen im Widerstreit. Zur Internationalität deutschsprachiger Theologie zwischen analytischen und kontinentalen Diskurswelten, in: Theologische Revue 118 [2022] 1–22). Obwohl Wasmaier-Sailers Darstellung sehr auf Vermittlung und Anerkennung ausgerichtet ist, bekräftigt sie am Ende einen Vorwurf, der in der Systematischen Theologie schon länger erhoben wird: Die Analytische Theologie gehe zu wenig auf Themen und Fragen der Ethik und Politik ein. So schreibt Wasmaier-Sailer: „Die Analytische Religionsphilosophie der letzten Jahrzehnte hat die Bedeutung der Lebenswelt in der Tat verkannt. Weder hat sie die Relevanz der Moral für die Erkenntnis, noch hat sie die Auswirkungen der Metaphysik auf die Politik hinreichend berücksichtigt“. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, der eine ganze Forschungsmethode angeht und auch ein internationales Forschungsnetzwerk kritisiert. Trifft dieser Vorwurf zu?

Forschung mit Arbeitsteilung

Wer sich einen Überblick über verschiedene internationale Publikationen zur Analytischen Theologie verschafft, wird feststellen: Es gibt eine Fülle von Literatur, die sich Forschungsinitiativen aus Drittmittelprojekten verdankt, die wiederum im Wesentlichen mit Fördergeldern der „Templeton Foundation“ ermöglicht wurden. Diese Initiativen hatten sehr unterschiedliche thematische Ausrichtungen; für den deutschen Sprachraum wurden Fragen des Handelns Gottes, des göttlichen Wissens (Minds: Human and Divine) oder der Eigenschaften und der Gottesbegriffe (Alternative Concepts of God) wichtig. Daraus ergab sich ein längerer Publikationsprozess zu diesen Themen. Im US-amerikanischen Raum wurden in vergleichbaren (wenn auch von Templeton unabhängig finanzierten) Projekten Fragen zu intellektuellen Tugenden (Intellectual Humility) oder zum Ort der Willensfreiheit diskutiert. Die ethische Bedeutung dieser Fragen liegt auf der Hand.

Die Forschung zur Analytischen Theologie zeichnet sich durch Arbeitsteilung und thematische Schwerpunktsetzung aus. Die philosophische und theologische Universitätslandschaft ist hoch diversifiziert. Warum auch sollten alle dieselben Themen bearbeiten?

Diejenigen, die sich bisher im deutschen Sprachraum mit Analytischer Theologie beschäftigten, stammen in der Regel aus der theoretischen Philosophie, der Fundamentaltheologie und vereinzelt auch aus der Dogmatik. Dürfen sie die Rezeption einer analytischen Ethik, die ja ein ganz eigenes Universum darstellt, nicht der Moraltheologie und Sozialethik überlassen?

Der Tübinger Pastoraltheologe Michael Schüssler hat in einer offenen Stellungnahme ein vorsichtigeres Urteil über die bisherigen Resultate der deutschsprachigen Analytischen Theologie formuliert. Doch auch er scheint ausdrücklich ethische und politische Beiträge zu vermissen. Sein Tenor: Wenn man in der deutschen Analytischen Theologie vermehrt zu Fragen der Menschenrechte oder der Genderproblematik arbeiten würde, dann würden die Beiträge auch freundlicher aufgenommen.

Schüssler räumt ein, dass die Analytische Philosophie an dieser Stelle durchaus nicht grundsätzlich blind sei; er verweist auf die Arbeiten von Sally Haslanger (Resisting Reality. Social Construction and Social Critique, New York, Oxford 2012) und Sarah Coakley (God, Sexuality, and the Self. An Essay on the Trinity, Cambridge 2014). Trotzdem sieht er anscheinend die deutsche Analytische Theologie in einer Art Nachweis- und Nachholpflicht.

Warum eigentlich? Die Forschungsthemen der letzten zehn Jahre waren – wie gesagt – durch spezielle Drittmittelprojekte festgelegt. Es ging um die Philosophie des Bewusstseins und die Theologie des göttlichen Wissens, die Eigenschaften Gottes und alternative Gottesbegriffe. Dass sich die Pastoraltheologie unserer Tage um derlei Themen nicht kümmert, mag gute Gründe haben. Aber auch diese Themen sind nicht ethisch bedeutungslos: So wurde etwa unter der Perspektive des Vorherwissensproblems die Verankerung und Reichweite menschlicher Freiheit oder in Verbindung mit alternativen Gottesbegriffen (Stichwort: Panentheismus) die öko-theologischen Konsequenzen eines jeweiligen Modells des Gott-Welt-Verhältnisses mit verhandelt.

Stimmt es wirklich, dass die Analytische Theologie ethisch und politisch blind ist? Wenn wir den Blick weiten und die Analytische Theologie als internationales Unterfangen betrachten, werden wir zum gegenteiligen Urteil kommen: Das von Michael Rea und anderen ins Leben gerufene „Journal of Analytic Theology“ rief in den Jahresbänden 2020 und 2021 zu einer Diversifizierung auf. Die Perspektiven feministischer Philosophie, anderer Religionen, der Ökumene und der spirituellen Theologie sollen ins Zentrum rücken.

Der implizite Vorwurf der Kritiker, dass sich auf dem Feld der Analytischen Theologie nur kindische Buben mit ihren metaphysischen Modellbaukästen versammeln, übersieht die thematische Breite, die ökumenische Offenheit und die interreligiöse Anschlussfähigkeit der Analytischen Theologie.

In den jüngsten Monografien von Eleonore Stump zum Theodizeeproblem (Wandering in Darkness. Narrative and the Problem of Suffering, Oxford 2010) oder zur Erlösungslehre (Atonement, Oxford 2018) lässt sich eine theologische Anthropologie entdecken, in welche die Reflexion auf das menschlicher Existenz zutiefst eingetragen ist.

Junge, theologieaffine analytische Philosophen wie Ruben Schneider fragen danach, ob ein vorsichtig interpretierter aristotelischer Essentialismus Raum für den Gedanken lässt, dass Gender-Stereotypen kulturelle Artefakte sind, die revidiert werden können oder müssen (Gender-Metaphysik und Ontologie der Homosexualität, in: Benedikt Paul Göcke und Thomas Schärtl [Hg.], Freiheit ohne Wirklichkeit. Anfragen an eine Denkform, Münster 2020, 249–287).

In ihren wissenschaftstheoretischen Reflexionen haben die Autoren dieses Beitrags und Christian Tapp die Relevanz der Lebenswelt konstitutiv einbezogen. Da sie sich die Expertise der praktischen Theologie nicht anmaßen wollten, taten sie dies zunächst nur auf einer theoretischen und abstrakten Ebene (vgl. Benedikt Paul Göcke [Hg.], Die Wissenschaftlichkeit der Theologie, Band 1: Historische und systematische Perspektiven, Münster 2018).

Doch diese Einzelbeispiele scheinen weder Wasmaier-Sailer noch Schüssler und erst recht nicht Bauer davon überzeugen zu können, dass auch die deutsche Analytische Theologie ein Sensorium für ethische Implikationen und die Relevanz der Lebenswelt oder des Politischen besitzt.

Theologie und Politik

Im Vorwurf des Unpolitischen schwingt noch etwas anderes mit, das besonders am Streitthema Metaphysik offenbar wird. Kann der Versuch, im Dienste der Theologie metaphysische Modelle zu entwerfen, von sich behaupten, politisch neutral oder sogar apolitisch zu sein? Diese Frage lässt sich durch eine etwas verwegene Analogie zuspitzen: Dürfen, im Modus der Analogie gefragt, die Physikerinnen und Physiker, die 2012 am Genfer Kernforschungszentrum Cern die Existenz des „Higgs-Bosons“ (eines Elementarteilchens) nachgewiesen haben, politisch neutral oder apolitisch sein?

Diese Frage kann auf mindestens drei Ebenen beantwortet werden. Erste Ebene: Zunächst darf man sicherlich akademiepolitisch fordern, dass sich die Forscher am Cern ihrer besonderen Rolle und ihres Auftrags bewusst sind, genauso wie der Tatsache, dass ihre Arbeit öffentlich finanziert wird und somit die Gesellschaft für diese Forschungen Ressourcen zur Verfügung stellt.

Zweite Ebene: Mehr noch würde man eine Reflexion über die politischen Konsequenzen verlangen müssen, wenn – wie seinerzeit bei der theoretischen Formulierung der Atomkernspaltung – aus einer theoretischen Möglichkeit eine konkrete, desaströse Wirklichkeit folgen könnte. Daher wären die Implikationen der Cern-Forschungen auch in dieser Hinsicht zu reflektieren.

Ähnliches gilt für theoretische theologische Projekte: Analytische Theologinnen und Theologen sind sich ihrer politischen Rolle als Forscher bewusst. Und sie würden allesamt beteuern, dass aus ihren metaphysischen Fragen keine desaströsen politischen Konsequenzen folgen. Weder eine Metaphysik der Substanz noch eine Ontologie der Ereignisse oder eine Theorie des Ganzen und der Teile hat anti-demokratische oder anti-emanzipatorische Konsequenzen.

Der Analytischen Theologie werden retro-ordnungspolitische, rechtskonservative Tendenzen zugeschrieben – ohne jede Grundlage. Die Unterstellung geht auf die Dreißigerjahre zurück und wird seither wiederholt aufgelegt. Damals wandten sich Max Horkheimer und Theodor W. Adorno polemisch gegen die noch junge Analytische Philosophie (vgl. James Chase, Chack Reynolds, Analytic versus Continental. Arguments on the Methods and Values of Philosophy, London, New York 2011, I.4 und II.9).

Das bringt uns zu der dritten Reflexionsebene: Könnte mit dem Hinweis auf die angeblich mangelnde politische Sensibilität nicht etwas Gravierenderes gemeint sein? Nämlich: Die theologische Theorie müsse in politischer Terminologie ausgedrückt werden, um gesellschaftlich von Bedeutung zu sein!

Die deutschsprachige katholische Fundamentaltheologie und systematische Theologie scheint dieses Ziel anzustreben. Die heterogenen und in Teilen unvereinbaren politischen Grammatiken von Immanuel Kant, Theodor W. Adorno oder Michel Foucault,Jürgen Habermas oder Axel Honneth spielen für die politische Zuspitzung der systematischen Theologie inzwischen eine tonangebende Rolle.

Allerdings überlässt die allerneueste deutsche politische Fundamentaltheologie den Bezug auf die politischen Theorien von Aristoteles, Augustinus, Thomas von Aquin, John Locke, John Rawls oder Charles Taylor weitgehend englischsprachigen theologischen Autorinnen und Autoren. Das hat aber nicht allein etwas mit der Sprachbarriere zu tun, sondern mit einer nüchternen theologiepolitischen Wahrheit: Man folgt vermehrt dem kulturwissenschaftlichen Trend und verbindet Elemente einer angewandten kritischen Theorie mit Elementen einer postmodernen politischen Agenda. Entsprechend ihrer ursprünglichen Diskursheimat – den Studien zum Postkolonialismus oder zum Anti-Rassismus – führen diese Elemente eine sozialpolitische Agenda in die Theologie ein. Dabei steht die Kritik an Macht und Unterdrückung im Mittelpunkt. Dies geschieht mit einem durchaus programmatischen Gestus: Diejenigen, die sich diesem Programm nicht ausdrücklich verschreiben und ihre Theorien nicht als kritisch postmodern oder postkolonial ausweisen, machen sich bereits verdächtig. Wer nicht in der Sprache einer angewandten kritischen Theorie spricht, wer keine emanzipatorische Agenda verfolgt, ist, so die Unterstellung, reaktionär und steht rechts. Es herrscht die Aufhebung der Unschuldsvermutung.

Analytische Theologie ist von sich aus politisch eher neutral. Die Methodik diktiert keine Allianzen. Denn anders als andere (strukturalistische, dekonstruierende, kritisch-theoretische oder anerkennungstheoretische) Ansätze ist sie nicht das Resultat einer dezidiert politischen Philosophie. Liegt darin aber schon so etwas wie die Ursünde der Analytischen Theologie?

Darf Theorie nicht erst einmal Theorie bleiben?

Hintergründig wird offensichtlich gefordert, dass alle Theorie in politischen Begriffen formuliert sein müsse. Dies würde in den Augen der als Analogie herangezogenen Cern-Physiker Erstaunen und Entsetzen hervorrufen: Es können nun einmal nicht alle theoretischen Terme in praktisch-normative Diktion übersetzt werden, ohne dass Inhalte sich verflüchtigen. Darf Theorie nicht erst einmal Theorie bleiben – mit der ganzen notwendigen Verspieltheit der Modellbildung? Denn nur im akademischen Verbund mit anderen theologischen Disziplinen lässt sich ermitteln, ob und welche praktischen Folgen theologisch-theoretische Modellbildungen haben.

Genau diese unschuldig wirkenden Forderungen werden neuerdings massiv infrage gestellt. Postkoloniale Ansätze kritisieren die klassische neuzeitliche Wissenschaftsmethodik, die Theoriebildung an Rechtfertigung, Indizien, Falsifikation oder Bewährung knüpft. Sowohl Bauer als auch Schüssler präsentieren Beispiele für eine Wende in einem kulturwissenschaftlichen, humanwissenschaftlichen Theoriensetting: Wenn von einigen Pastoraltheologen ein sogenanntes „situiertes Wissen“ oder eine „synodale Epistemologie“ beschworen wird, dann enthält diese Forderung eine kaum verschleierte Kritik an der tradierten Wissenschafts- und Universitätspraxis. Unter postkolonialen Vorzeichen gilt sie als eurozentrisch und rassistisch.

Die Begrifflichkeiten sollten hellhörig machen

Denn die tradierten Methoden, ja die Theoriebildung selbst gelten als Werkzeuge der Nachfahren weißer Unterdrücker, die immer noch genutzt werden, um den Mechanismus weißer Oppression am Laufen zu halten (vgl. Jaco Barnard-Nauté [Hg.], Decolonising the Neoliberal University. Law, Psychoanalysis, and the Politics of Student Protest, London, New York 2022).

Die von Bauer und Schüssler verwendeten Begrifflichkeiten aus dem Inventar einer angewandten kritischen Theorie und einer postmodernen politischen Philosophie sollten die universitäre Theologie hellhörig machen. Denn sie laufen darauf hinaus, das wissenschaftliche Ideal objektiver Erkenntnis infrage zu stellen. Der entscheidende Maßstab soll stattdessen die authentische erstpersönliche und vor der eigenen kulturellen Identität gerechtfertigte Erfahrung sein. Das hat die schon jetzt zu bestaunende Folge, dass „alten weißen Männern“ die Kompetenz abgesprochen wird, zu bestimmten Themen Stellung zu nehmen.

Wie wird eine dekolonialisierte Theologie der Zukunft aussehen? Das Anliegen, die Stimmen der Marginalisierten nicht nur zu Gehör zu bringen, sondern als theologischen Erkenntnisort auszuweisen, ist natürlich berechtigt. Aber wird dazu in Zukunft der „antirassistische“ Grundsatz von Ibram X. Kendi herangezogen, der besagt, dass die vergangene Unterdrückung der Marginalisierten nur durch die gegenwärtige Unterdrückung der Privilegierten abgegolten werden kann (How to Be an Antiracist, New York 2019)? Was hieße das für eine theologische Methodik, die sich nach wie vor auch auf lehramtliche Texte, Kirchenväter und Klassiker beruft?

Wenn zudem Theoriebildung, argumentativer Wettstreit, die Suche nach der überzeugenderen Theorie oder Erklärung, ein Ethos der Falsifikation und weitere wissenschaftliche Methoden ihrerseits schon als Produkte einer Unterdrückungslogik betrachtet werden – ist dann nicht nur einer Analytischen Theologie, sondern auch anderen Gestalten und Stilen von Theologie der Boden entzogen?

Die heikelste Frage wurde schon gestreift: Ist „die“ Analytische Theologie ein restauratives, neo-konservatives Unternehmen? Vertreter der analytischen Religionsphilosophie ließen vereinzelt in bestimmten ethischen Fragen eine eher restaurative Moral-, Rollen- und Politikauffassung erkennen. Daraus aber kann kein intrinsisches Problem der analytischen Denkform abgeleitet werden. Das zu behaupten, wäre ein Fehlschluss.

Die Analytische Theologie hat zwei Gegner

Wenn es eine politische Zuordnung geben sollte, die mit der analytischen Methodik übereinstimmt, dann ist es diejenige des politischen Liberalismus.

Christopher Insole, ein britischer Kant-Kenner erster Güte, der sich wohlwollend-kritisch mit der Analytischen Philosophie und Religionsphilosophie auseinandergesetzt hat, attestiert dies in klarer Weise: Die Tatsache, dass immer nur das Argument zählt – und nicht primär die Autorität, die das Argument formuliert, oder die Epoche und Kultur, aus der es stammt – ruht auf einer liberal-demokratischen Vision: Alle haben das Recht, ihre Position zu artikulieren, wenn sie rational und argumentativ formuliert werden kann. Der Glaube an die Kraft des Arguments, die Rolle der Einzelnen im vernünftigen Diskurs, die prinzipielle Gleichberechtigung der Diskursteilnehmer ist für Insole eine sozialpolitische Utopie, die zu verteidigen sich lohne.

Damit wird aber auch deutlich, dass die Analytische Theologie zwei Gegner auf dem theologisch-politischen Parkett haben wird: Da ist zum einen jene Partei, die sich auf angewandt-kritische oder postmodern-politische Theorien beruft und jede Position auf kulturelle, gesellschaftliche, identitätsprägende Strukturen, Diskurse oder Dispositive zurückführt. Eine Position müsse demzufolge zunächst dialektisch enttarnt und dekonstruiert werden oder sich im „situierten Wissen“ kontextualisieren und perspektiven-relativistisch konfrontieren lassen, um überhaupt als berechtigt und bedeutsam gelten zu können.

Zum anderen gibt es jene Partei, die sich an Klassikerkanones, Traditionen und Würdigkeitsklassifikationen klammert und mit einem entsprechenden theologischen Bildungselitismus die Beherrschung der Interpretation klassischer Autoritäten einfordert, bevor eine theologische Position überhaupt argumentativ vorgetragen werden kann.

Die Analytische Theologie kommt derzeit so stark unter die Räder, weil die beiden genannten Parteiungen eine eigentümliche große Koalition zu bilden scheinen. Sie besteht einerseits aus theologisch klassikerverliebtem Elitismus und andererseits aus untergründigem, im Namen eines postmodernen oder angewandt-kritischen Programms formulierten Neostrukturalismus, der ein liberales Paradigma für eurozentrisch, damit vorgestrig, ja gefährlich hält und als neokonservativ abstempelt.

Die interreligiöse Verständigung deutscher Theologie zeigt sich derzeit etwa im konkreten Dialog mit dem Islam. Ein Beispiel dafür sind die von Klaus von Stosch ins Leben gerufenen Konferenzen und Summer Schools, für die die analytische Erkenntnistheorie, Gotteslehre und Metaphysik eine wichtige interkulturelle Verständigungsbasis schafft. Für solche Beispiele ist diese neue große Koalition keine gute Nachricht.

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