Die Vergöttlichung des Menschen steht unmittelbar bevor – das prognostiziert zumindest der Technosoph Ray Kurzweil, der als Zeitpunkt für den Übergang vom Homo sapiens zum Homo deus das Jahr 2045 angibt. Dann sind die technischen Errungenschaften so weit ausgearbeitet, dass die künstliche Intelligenz die menschliche übertrifft. Damit verbunden ist auch die Unsterblichkeit. Ähnliche Zukunftsvisionen hatte auch der israelische Historiker Yuval Noah Harari in seinem Buch „Homo Deus“ geäußert.Was bei den einen Begeisterungsstürme auslöst, lässt andere erschaudern.
Der evangelische Theologe Wolfgang Huber legt ausgehend von dieser Spannung zwischen Euphorie und Apokalyptik eine „Ethik der Digitalisierung“ vor, in der er aufzeigt, wie sich Digitalisierung menschenwürdig gestalten lässt. Dabei setzt der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland auf eine Verantwortungsethik. Zwar könnten Menschen immer mehr Aufgaben an technische Geräte übertragen, ihrer Verantwortung könnten sie sich dabei aber nicht entledigen. „Es kommt darauf an, den Einsatz technischer Mittel und wissenschaftlicher Innovationen so zu steuern, dass sie weder die Natur zerstören noch die Selbstbestimmung der Menschen und deren Verantwortung füreinander außer Kraft setzen“, so sein Fazit.
Hubers Ausführungen liefern eine Bestandsaufnahme, wie Technologien und Digitalisierung etwa zur Erosion des Privaten beitragen oder welche Auswirkungen sie auf die Arbeitswelt haben. Er buchstabiert aus, wie ein angemessener Umgang mit den technischen Errungenschaften aussehen kann. Dazu gehört auch, einschlägige Begriffe wie „autonom“, „soziale Medien“ oder „intelligente Maschinen“ zu analysieren und die Probleme dieser Sprechweisen darzulegen. Bei all dem gelingt es Huber, selbst weder in Euphorie noch in Apokalyptik zu verfallen.
Auch wenn die ethische Auseinandersetzung in diesem Buch nur umrisshaft geschehen kann, lohnt die Lektüre. Und das nicht nur für jene, die sich, wie Huber, aus einer christlichen Perspektive mit diesem Thema auseinandersetzen.
Dana Kim Hansen-Strosche