Jubiläum des Konfessionskundlichen Instituts in BensheimÖkumenische Störpotenziale

Konfessionskundliches Institut
© Stefan Orth

Durchaus durchwachsene Zukunftsaussichten für die christliche Ökumene bestimmten das 75-Jahr-Jubiläum des Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim. Das „Störpotenzial“ der Ökumene sei aktuell groß, beklagte die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, in ihrem Festvortrag. Sie betonte mit Blick auf die Vorstellungen der EKD von Ökumene, dass bereits am Anfang der Christenheit die Verschiedenheit stand. Das mache ökumenische Beziehungen leichter als derzeit von der römisch-katholischen Kirche zugestanden. Umso wichtiger sei die Maxime, „den Nächsten zu kennen wie sich selbst“, wie der Leitauftrag für das 1947 vom Evangelischen Bund gegründete Konfessionskundliche Institut lautet.

Zuvor hatte die katholische Theologin Johanna Rahner, Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie in Tübingen, das Wiedererstarken anti-ökumenischer Haltungen bedauert. Man habe diese in der katholischen Kirche im 19. Jahrhundert angesichts der Ablehnung von Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit in die „DNA der katholischen Kirche“ eingeschrieben. Zwar bedeute das Zweite Vatikanische Konzil eine markante Wende, weil es definierte, dass es keine wahre katholische Identität ohne die anderen Konfessionen gebe. Heute falle man jedoch angesichts einer „neuen ökumenischen Unübersichtlichkeit“ immer wieder dahinter zurück, sodass das Ende des Zeitalters der Ökumene drohe. Das zeige die Unterstützung in den vergangenen Jahren für die Position der russisch-orthodoxen Kirche auf Kongressen von „Kirche in Not“ oder beim Forum „Freude am Glauben“, bei denen hochrangige Vertreter der katholischen Kirche anwesend gewesen seien. Das gelte auch für die Desavouierung ökumenischer Dialoge, die von katholischen Theologen und Amtsträgern im Auftrag ihrer Kirche geführt werden, etwa mit Blick auf das Papier „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ des Ökumenischen Arbeitskreises oder hinsichtlich des abgelehnten Konsenspapiers von Lutherischem Weltbund und Päpstlichen Einheitsrat zur Taufe (vgl. HK, August 2022, 11–12). Der katholische Kulturkampf sei in der Ökumene angekommen. Das sollten sich die Partner im ökumenischen Dialog nicht gefallen lassen, riet Rahner.

Ähnlich wies der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis auf die aktuellen innerorthodoxen Schwierigkeiten hin, die das ökumenische Gespräch belasten. Mit Blick auf die ökumenischen Partner plädierte er in der katholischen wie der evangelischen Kirche für mehr Klarheit bezüglich der dogmatischen Differenzen. Er beklagte den Missbrauch der Eucharistie, die innerorthodox angesichts des Ukraine-Kriegs als Mittel eingesetzt würde, um Druck auszuüben oder gar zu bestrafen. Letztlich gebe es „eine Ökumene der Anti-Ökumeniker“ bei der Verteidigung von vermeintlich traditionellen Werten. In diesem Sinne betonte Markus Iff, Professor für Systematische Theologie und Ökumenik der Theologischen Hochschule Ewersbach des „Bundes Freier evangelischer Gemeinden“, dass man heute innerhalb der jeweiligen Kirchen bearbeiten müsse, was früher innerhalb der ökumenischen Dialoge bearbeitet wurde. Die Dichotomie von wahrem und falschem Christsein werde in die eigene Kirche eingezogen. Immerhin: Die Freikirchen unterschiedlicher Spielart hätten sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend auf ökumenische Dialoge, auch auf Weltebene, eingelassen – obwohl das gar nicht zu ihrem Gründungscharisma gehöre. Iffs zentrale Frage lautete: Was heißt es für die Ökumene, wenn alle Minderheitenkirche werden, wie es die Freikirchen immer schon sind? Stefan Orth

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