Pastoraltheologie kann gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen wahrnehmen und zu deuten versuchen und dadurch Glauben und Kirche einen wichtigen Dienst leisten. Die Arbeit von Wolfgang Beck möchte aus „soziologischen und philosophischen Beobachtungen Impulse für eine risiko-orientierte Theologie“ gewinnen. Der in Sankt Georgen/Frankfurt lehrende Pastoraltheologe und Homiletiker möchte mit seiner Untersuchung (es handelt sich um seine Habilitationsschrift) der Theologie sozusagen Beine machen, sie aus falschen Sicherheiten der Rede von Gott, Mensch und Kirche herausführen. Er wirbt für das bewusste Annehmen einer Verletzlichkeit, das der in so gut wie jeder Beziehung unübersichtlichen Situation der Gegenwart produktiv und solidarisch begegnen kann.
Das Buch ist zum einen eine einschüchternde Fleißarbeit. Es gibt praktisch keinen Namen eines zeitgenössischen Gesellschaftstheoretikers oder innovativen Theologen, der nicht auftauchen und Stichworte liefern würde. Die Leserschaft wird teils mit hochgestochenen Satzungetümen konfrontiert. Aber gleichzeitig kommt Beck das Verdienst zu, das Leitwort Risiko auf den verschiedensten Feldern des kirchlich-religiösen Lebens kreativ durchzudeklinieren, sei es am Missionsgedanken, an der Gestaltung der Liturgie und nicht zuletzt an den laufenden strukturellen Umbauprozessen deutscher Diözesen und ihren unleugbaren Defiziten. Er fragt nach den Impulsen des Zweiten Vatikanums für sein Vorhaben und bezieht oft die ökumenische Dimension mit ein. So entsteht ein mit viel Herzblut formuliertes Programm, das vorhandene Anstöße und Ideen zu einer „risikofreudigen Ekklesiogenese“ bündelt.
Das Grundanliegen des Autors ist uneingeschränkt zu begrüßen. Denn die Kirche leidet jedenfalls in Deutschland an Phantasielosigkeit, Risikoscheu und Sattheit trotz drängender Probleme in allen Bereichen. Da braucht es kluge und kompetente Gegenmittel. Die Pastoraltheologie wird allerdings aufpassen müssen, dass sie sich vor lauter Prätention nicht überhebt und ihr berechtigtes Anliegen in einer verständlichen Diktion ins kirchliche und wissenschaftliche Gespräch einbringt. Ulrich Ruh