Pünktlich zum 80. Geburtstag von Gesine Schwan ist im Frühjahr ein Gespräch des Philosophen Holger Zaborowski mit der Politikwissenschaftlerin und sozialdemokratischen Vordenkerin erschienen. Es arbeitet nicht nur zentrale Themen des Denkens der Jubilarin heraus, sondern porträtiert sie zudem trefflich als eine markante katholische Intellektuelle der Gegenwart. Und so rahmen die Kapitel „Politik, Glaube, Medien“ sowie „Freiheit, Menschenwürde, Bildung“ auf sinnfällige Weise das, wenn nicht Haupt-, so doch Herzstück des Buches über „Kirche, Christentum, Glaube“. Bemerkenswert ist dabei, dass Schwan die christliche Fundierung ihres Denkens und Wirkens in doppelter – nämlich in intellektueller wie in spiritueller – Hinsicht explizit aufscheinen lässt.
Der erste Aspekt wird deutlich, wo Schwan auf Einsichten der christlichen beziehungsweise konkret katholischen Geistesgeschichte als Hintergrundannahmen ihrer eigenen Wirklichkeitswahrnehmung und ihres politischen Denkens Bezug nimmt. Diese reichen von der thomistischen „Gewissenstheorie, die ja die persönliche Freiheit voraussetzt und einschließt“, über den Personalismus der katholischen Soziallehre bis hin zur Religionskritik und -philosophie Leszek Kołakowskis. Daneben steht Schwans Nachdenken über die sichtbare katholische Kirche. Dieses zeichnet sich bei aller Kritik durch eine ebenso differenzierte wie konstruktive Perspektive aus.
In zweiter Hinsicht setzt der Band Schwan als Katholikin ins Licht, insofern sie wiederholt die konstitutive Bedeutung des persönlichen Glaubens für ihr sowohl intellektuelles wie auch politisches Wirken – und nicht zuletzt auch in ihrem privaten Leben – bedenkt: „Bei allen Rückschlägen und Enttäuschungen habe ich aufgrund meiner Erfahrung immer die Hoffnung behalten, dass es einen Weg geben wird und dass wir einen Weg finden werden. Wir müssen es Gott überlassen, welchen Weg er eröffnet. Aber es wird ihn geben und wir werden auch die Kraft dazu finden. Das ist meine Hoffnung, die ich durch Glauben und Erfahrung gefunden habe.“