Das Bonifatius-Musical in FuldaZwist, Liebe, Evangelium

Bonifatius Musical in Fulda
© spotlight musicals/Michael Werthmüller

Dass er einmal als Musicalfigur nach Fulda zurückkehren würde, hätte sich der heilige Bonifatius vermutlich nicht träumen lassen. Wynfreth, wie er eigentlich hieß, stammte aus England und kam wohl in der Mitte des achten Jahrhunderts bis nach Salzburg, um dort das Evangelium zu verkünden und Klöster zu gründen, darunter in Fulda. Eine Reise in den Norden wurde Bonifatius zum Verhängnis: Als er im Jahr 754 nach Dokkum kam, einem Ort im Norden der heutigen Niederlande, wurde der Angelsachse erschlagen.

Es verwundert kaum, dass gerade Fulda Bonifatius mit einem Musical wieder aufleben ließ. Tatsächlich ist die Idee nicht neu: Bereits 2004 wurde dort zum 1250. Todestag des Heiligen „Bonifatius – Das Musical“ uraufgeführt. Damals hatten sich unter anderem Dennis Martin und Zeno Diegelmann daran gemacht, das Leben des Missionars auf die Bühne zu bringen. Die 38 Vorstellungen waren mit über 25.000 Zuschauern restlos ausverkauft. Deshalb wurde entschieden, das Stück im darauffolgenden Jahr erneut aufzuführen. Im August und September 2006 kamen sogar über 70.000 Zuschauer nach Fulda, um das Musical zu sehen. Nach längerer Pause wurde es 2019 erneut aufgeführt: nun nicht mehr auf kleinen Theaterbühnen, sondern auf einer großen Open-Air-Bühne vor dem barocken Dom. Vormals stand hier die Kloster- und Stiftskirche des von Bonifatius gegründeten Klosters.

Fünf Jahre später übernahm man das Konzept, um die Geschichte Ende August erneut auf dem Domplatz zu inszenieren. Große Teile des Bühnenbilds und der Ausstattung von 2019 wurden übernommen. Besonders beeindruckend: Die Bühnentechnik, das Orchester und der Chor, die eine atemberaubende Kulisse bildeten.

Die von der Spotlight Musicalproduktion entwickelte Fassung nimmt sich einige Freiheiten heraus, wenn es um die Darstellung des „Apostels der Deutschen“ geht. Der Plot ist schnell erzählt: Wynfreth wird mit seinem Schüler Sturmius nach Germanien entsandt, um dort das Evangelium zu verkünden. Natürlich verläuft die Missionsreise nicht glatt, sondern Bonifatius und Sturmius werden in allerlei Irrungen und Wirrungen verwickelt. Mit dem Bischof Gewilip von Mainz kommt es zur Auseinandersetzung, weil dieser ein alles andere als asketisch-christliches Leben führt. In den Augen des Bonifatius ein No-Go. Er drängt den Papst zur Absetzung des Bischofs. Als Gregor II. diesem Ersuchen nachgibt, schwört Gewilip Rache. Und schon ist man mittendrin in der Story, die (natürlich) nicht ohne Liebesgeschichte auskommt: Sturmius verliebt sich unsterblich in die bildhübsche Alrun, die mit ihrem Bruder eine Schänke auf einem Gut von Karl Martell betreibt. Und so trifft man auch auf allerlei prominente Persönlichkeiten, die zusammen die Bühne erobern: Angefangen bei Papst Gregor II. über die heilige Lioba, die Cousine des Bonifatius, bis hin zu Pippin und Karlmann, den Söhnen des fränkischen Hausmeiers Karl Martell.

Gleichzeitig vermittelt das Musical auch Nachdenkliches. So tritt am Anfang des Musicals eine Schauspielertruppe auf die Bühne, die überlegt, wie denn die Geschichte rund um Bonifatius dargestellt werden kann. Der Gedanke dahinter ist klar: Man versucht dem Publikum zu verdeutlichen, wie schwer der Umgang mit historischen Persönlichkeiten ist. Vor allem mit Personen, die im Licht der Historie nicht eineindeutig erscheinen, sondern zunehmend verschwimmen und zugleich polarisieren.

Beeindruckend ist die Soundtechnik, die den Domplatz in ein Open-Air-Kino verwandelt. Der Chor unter der Leitung von Marcel Jahn und das Orchester der Kölner Symphoniker unter der Dirigentin Inga Hilsberg tragen dazu bei, dass aus der Geschichte um den christlichen Missionar ein richtiges Musical wird. Auch visuell ist einiges geboten: Das eindrucksvolle Lichtdesign ermöglicht, dass der Dom als eine riesige Ansammlung von Bäumen erstrahlt oder mitten in Fulda ein Kardinalspalast entsteht.

Die Botschaft brachte Bischof Michael Gerber in seiner Predigt zur Eröffnung der Musical-Saison auf den Punkt: „Heilige sind keine Schablonen, sondern Ringende – und damit uns sehr nahe. (…) Der Heilige, damals wie heute, ist ein Ringender im Dialog.“

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