Das Autorenehepaar Paganini verfolgt mit diesem Buch einen klaren Zweck: Es möchte als Gegenbild zu einseitig positiven, immer auch interessegeleiteten Jesusbildern aus Vergangenheit und Gegenwart anhand der neutestamentlichen und apokryphen Quellen auf sperrige Züge der Gestalt und Botschaft Jesu aufmerksam machen und ihn dadurch „ein Stück weit entmythisieren“. Die öffentliche Wahrnehmung vertrage nach Jahrhunderten positiver Schlagseite auch ein wenig Fokus auf das Gegenteil. Als Nebenprodukt dieses Unterfangens werde Jesus menschlicher und damit vielleicht auch glaubwürdiger erscheinen.
In dieser Absicht mustern die Paganinis zuerst das (vor allem apokryphe) Textmaterial zu Kindheit und Jugend Jesu und werfen dann den Blick auf die wenigen Jahre seines öffentlichen Wirkens bis zu seiner Hinrichtung am Kreuz. Dabei formulieren sie zusammenfassend, Jesus sei nach genauerer Lektüre ein „Problemkind“ gewesen, das seinen Eltern wenig Respekt entgegengebracht habe. Auch als Erwachsener habe er polarisiert und sei schließlich als Anführer einer Bande von Aufrührern hingerichtet worden. Er habe eine Gemeinschaft gegründet, die auf Kosten wohlhabender Frauen gelebt habe, und ein Reich Gottes verkündet, „das erst zustande kommen wird, wenn ein furchtbares Gericht über die gesamte Menschheit gehalten sein wird“.
Bei ihren teilweise zugespitzten Aussagen über sperrige Seiten des „unbekannten Messias“ tauchen immer wieder Wörter wie „vielleicht“ oder „möglicherweise“ auf. Die Autoren sind sich also durchaus bewusst, dass ihre Schlussfolgerungen bei allem Vergnügen an der Provokation nicht selten spekulativ bleiben müssen. Gelegentlich ist manches auch ziemlich salopp und flapsig geraten, wenn es etwa im Blick auf eventuelle Liebesbeziehungen Jesu heißt, er sei auf jeden Fall ein „Liebhaber mit (klaren) Ansprüchen“ gewesen, oder resümiert wird, „ein bisschen kämpferisch dürfte der friedliche Jesus allemal gewesen sein“. In ihrem Schlusswort heißt es, es seien die anstößigen Texte, die Jesus menschlicher und nahbarer wirken lassen. Damit relativieren sie den Ertrag ihres Buchs auf sympathische Weise selber, was grundsätzlich für ihr kritisches Unterfangen spricht und die Lektüre lohnen lässt.