Seine ersten Überlegungen zu diesem Thema hatte Georg Essen bereits 2017/2018 angestellt, berichtet er im Vorwort des vorliegenden Bandes. Ob er damals ahnte, welche Brisanz das Thema seines Buches einmal erhalten wird? In diesen Wochen nach der Europawahl ist das Thema Freiheit so aktuell wie selten zuvor. Denn die akuten politischen Entwicklungen zeigen, wie in einem Brennglas, wie fragil diese Freiheit ist, die doch das Herzstück unserer liberalen Demokratie bildet.
Essen hat sich ans Werk gemacht, eine Politische Theologie zu schreiben. Er bringt damit zwei Größen wieder zusammen, die in den letzten Jahrzehnten auseinandergedriftet sind. Die Rede vom „säkularen Zeitalter“, die Charles Taylor geprägt hat, bringt die Optionalität des Gottglaubens in dieser Zeit und Gesellschaft auf den Punkt. Und gerade in dieser komplexen Verflechtung finden die Gedanken von Essen ihren Anhaltspunkt, wenn es ihm darum geht, „das Verhältnis von Religion und Politik im Beziehungsgeflecht von säkularer Gesellschaft und demokratischem Verfassungsstaat zu bestimmen“ (1). Damit wird das Terrain abgesteckt, das Essen erkundet. Es geht ihm um eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Politischen Theologie der Moderne, um Fragen nach Souveränität und Freiheit, um Säkularität und Autonomie, und eben auch um Gott. Letzteres, nämlich der Gottesbezug, wird für Essen dort konkret, wo „religiöse Identitätsangebote (...) einen Beitrag für das Gelingen der individuellen und gesellschaftlichen Realisierung von Freiheit“ ermöglichen (275). Hier verweist Essen auf eine Dialektik zwischen der Religion und ihrem sinnstiftenden Angebot einerseits und der Ermöglichung von Freiheit andererseits.
Religion kann produktiv daran mitwirken, dass in unserer Gesellschaft Freiheit erlebbar und erfahrbar wird. Diese These durchzieht das gesamte Buch und wird in unterschiedlichen Bereichen erprobt. Am Ende ist Georg Essen ein großes Werk gelungen: Trotz aller Rede von Säkularität und der Krise des Gottglaubens zeigt er, wie gerade dieser Glaube wichtige Impulse geben kann, dass unsere Gesellschaft an den Grundwerten, die für das Zusammenleben in einer Demokratie unabdingbar sind, festhalten kann. Die Lektüre von Essens „Fragiler Souveränität“ ist deshalb gerade in diesen politisch bewegten Zeiten ein Gewinn.