Der Band greift die aktuelle Debatte um die sich seit einigen Jahren verstärkende Entwicklung eines evangelikal-charismatischen Katholizismus auf. Er bewegt sich konkret zwischen zwei Polen: zwischen dem 2018 veröffentlichten „Mission Manifest“ und charismatischen und neuen Geistlichen Bewegungen einerseits sowie dem im Herbst 2018 dazu veröffentlichten theologisch-kritischen Band „Einfach nur Jesus“ andererseits.
Das Buch zeichnet sich aus durch eine differenzierte, historische und konfessionelle Grenzen überschreitende Analyse historischer Entwicklungslinien – diese Tiefenbohrungen an unterschiedlichen Stellen sind die besondere Leistung von Willibald Sandler und machen das Buch zu einem lohnenden und orientierenden Nachschlagewerk. Dabei übt Sandler vor dem Hintergrund seiner eigenen Kairos-Theologie durchaus auch Kritik an den verschiedenen Akteuren im charismatischen und evangelikalen Kontext. Der Theologie weist er in diesem Zusammenhang eine klare Aufgabe zu, jenseits des üblichen Selbstverständnisses: Sie müsse diese jungen Geistlichen Bewegungen begleiten, selbst neu lernen, auf Gott zu hören und Erneuerung zu empfangen.
Die theologische Kritik aus dem vorhergehenden Band „Einfach nur Jesus“ steht im Hintergrund, allerdings bleiben viele der dort präzise formulierten Anfragen unbeantwortet. Zugleich aber ist die ganze Studie durchzogen von der äußerst wohlwollenden Haltung des Autors gegenüber den von ihm beschriebenen charismatischen Entwicklungen. Er selbst ist Leiter eines kleinen Gebetshauses, sein Vertrauen in geistliche Erfahrungen und in die evangelikal-charismatische Glaubens- und Denkweise sehr groß.
Dies lässt bei aller Wertschätzung der geleisteten „Unterscheidung der Geister“ doch letztlich den Eindruck entstehen, dass die wissenschaftliche Theologie dieser Denkweise untergeordnet wird und damit keine wirklich eigenständige Kraft entfalten kann.