Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Rolle der KirchenDie Kirche scheut das Elend nicht

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© CDU/Tim Hoffmann

Der Staat ist keine letzte Instanz und darf sich nicht zu ihr aufschwingen“, sagte Thomas Rachel. Der Bundestagsabgeordnete und frühere Parlamentarische Staatssekretär begrüßte am 12. Juni im Sitzungssaal der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag die Teilnehmer eines abendlichen Kongresses mit dem Titel: „Wie hältst Du es mit der Religion? Die Kirchen und ihre gesellschaftliche Relevanz“. Rachel selbst ist seit Jahren Mitglied der Synoden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Rheinischen Kirche, an denen er im Unterschied zu anderen Politikern auch stets und ausdauernd teilnimmt. Er gehört dem Rat der EKD an und ist Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, der zumindest nominell alle evangelischen Parteimitglieder vereint.

Auch Rachel erlebt einen „dramatischen Rückgang von Religiosität und Kirchlichkeit“ in der Gesellschaft: „Aus einer schleichenden ist eine galoppierende Erosion des Christentums in Deutschland geworden.“ Verantwortlich dafür sei etwa der Missbrauchsskandal, aber auch der Auftritt der Kirchen. „Wenn Werte nur gelehrt, nicht aber gelebt werden, verbrennt die Kraft der Kirchen als moralische Instanz.“ CDU und CSU stünden dennoch an der Seite der Kirchen, betont Rachel. Und er erklärt: „Es ist gut für die Kirchen, wenn sie einen besonderen Partner im politischen Raum haben – auch wenn sie das nicht immer so wahrnehmen“. „Das C in der CDU sorgt dafür, dass das Liberale menschlich bleibt, dass das Soziale nie zum Sozialismus wird und dass das Konservative nie in eine Blut- und Bodenideologie abgleitet.“ Das C „ist deswegen eine klare Grenze nach rechtsaußen“, so Rachel.

Für Unions-Fraktionschef Friedrich Merz stellen die Kirchen auch weiterhin eine „große Stütze der Gesellschaft“ dar. „Die Kirche scheut das Elend nicht“, lobte der CDU-Politiker. Mit Diakonie und Caritas seien die Kirchen oft als Einzige dort präsent, wo die Lebensverhältnisse allzu schwierig werden.

Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs nannte das gemeinschaftliche Einstehen für die Demokratie eine wichtige Aufgabe der Kirchen. „Es kommt auch auf uns an, wenn die Mitte der Gesellschaft zusammenhalten soll“, so die Bischöfin. Es werde von der Kirche erwartet, dass sie eine Institution sei, „deren Muttersprache Seelsorge ist, und die Resilienzorte der Hoffnung schafft“. Für den Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ist die „grundsätzliche Entwicklung, dass wir in Zukunft Minderheiten sind, nicht aufhaltbar“.

Die Medizinethikerin Christiane Woopen betonte hingegen, dass die Kirchen für die Freiheit der Menschen eintreten sollten: „Für mich gibt es keine Religion, die eine radikalere, bis an die Wurzel gehende Freiheit begründen könnte als das Christentum“, sagte sie. „Als Ebenbild Gottes ist der Mensch radikal frei und es gibt die Zusage der radikalen Liebe und der unbedingten Annahme des Menschen durch Gott.“ Persönlich könne sie sich nicht vorstellen, wie man noch freier sein könne. „Aber das wird durch die Kirchen heute nicht vermittelt“, bedauerte Woopen.

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