Lange galt er als verschollen, jetzt ist er zufällig wiederaufgetaucht: In der Jerusalemer Grabeskirche sind Forscher auf einen Hochaltar aus Kreuzfahrerzeiten gestoßen. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor, die die Österreichische Akademie der Wissenschaften Mitte Juli veröffentlicht hat und die sich auf einen Bericht des Historikers Ilya Berkovich und des Archäologen Amit Re’em bezieht. Demnach wurde eine mehrere Tonnen schwere Steinplatte, die seit unbestimmter Zeit in einem Korridor der Kirche lehnte, im Rahmen von Bauarbeiten umgedreht – und offenbarte den Forschern ihr bislang gut gehütetes Geheimnis. Denn während die nach außen gedrehte Seite der Platte mit Graffitis von Touristen geziert ist, zeigten sich auf der zuvor verdeckten Seite Schleifenornamente, die unter anderem auf das Jerusalemkreuz und somit das Wappen des Kreuzfahrerkönigreichs anspielen. Die Forscher stellten fest, dass es sich um die Frontseite eines im Jahr 1149 geweihten Kreuzritter-Hochaltars handelt. Die Existenz des Altars bezeugen Pilgerberichte aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert. Nach einem Feuer in der Grabeskirche 1808 sei er jedoch nicht mehr erwähnt worden. Der Altar hatte laut Berkovich ursprünglich eine Breite von mehr als 3,5 Metern; von der Steinplatte sind etwa zwei Drittel erhalten.
Der Fund weist laut den Forschern auf eine besondere Verbindung zwischen Jerusalem und Rom hin: Der Marmoraltar sei mit einer Verzierungstechnik ausgestattet, die ausschließlich Meister in Rom beherrschten. Die Experten vermuten deswegen, dass der Papst aufgrund der Bedeutung des Ortes eigens einen Meister nach Jerusalem schickte, um den Altar fertigen zu lassen. Dass der Altar so lange nicht entdeckt wurde, ist laut den Experten eine Sensation an sich – und wer weiß, welche weiteren unentdeckten Schätze in der Grabeskirche schlummern.