2023 sind in der Schweiz fast doppelt so viele Menschen aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten wie in den Vorjahren. Das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) in St. Gallen veröffentliche Mitte November die Kirchenstatistik, die 67.497 Austritte im Vergleich zu 34.561 Austritten 2022 angab. 2017 waren es 19.893 Austritte gewesen; Zahlen aus vorherigen Jahren lassen sich kaum vergleichen, da nicht alle Kantone einbezogen waren. Die Zahl der Sakramentenspendungen geht zurück. Ehrenamtliches Engagement und die Ministrantenanzahl bleiben hingegen stabil.
Als ein bereits im Vorfeld prognostizierter Hauptgrund für die Austritte gelten die im September 2023 vorgestellten Ergebnisse einer von der Kirche beauftragten Pilotstudie der Universität Zürich zu Missbrauchsfällen in der Kirche, die Entsetzen auslöste (vgl. HK Oktober 2023, 48). Auch Ermittlungen des Vatikans gegen mehrere amtierende und emeritierte Bischöfe und weitere Kleriker wegen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch sorgten für Unmut. Über die gesamte Schweiz gesehen, berechnet das SPI die Austrittsquote 2023 auf 2,6 Prozent, doch gibt es in vier Kantonen keine formale Kirchenmitgliedschaft und keine Kirchensteuer, sodass dort auch kein Kirchenaustritt erfolgen kann. Werden diese vier Kantone herausgerechnet, erhöht sich die durchschnittliche Austrittsquote auf 3,1 Prozent.
Kircheneintritte bewegen sich seit Jahren auf niedrigem Niveau. 2023 traten 1.004 Personen in die katholische Kirche ein, im Vergleich zu 1.080 im Jahr 2022; die Eintrittsquote beträgt schweizweit 0,04 Prozent.
In den Vorjahren hatte die Kirche den Schwund teils mit der Zuwanderung auffangen können. Ende 2023 zählte die römisch-katholische Kirche in der Schweiz laut SPI insgesamt rund 2,8 Millionen Mitglieder; laut der Datenbank Statista nach hochgerechneten Stichprobenerhebungen rund 2,3 Millionen Mitglieder.
Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür, reagierte betroffen auf die Zahlen. Die Kirche schrumpfe; dies sei „leider ein Trend, der sich nicht aufhalten lässt“.
Die Evangelisch-Reformierte Kirche verzeichnete laut SPI 2023 39.517 Kirchenaustritte im Vergleich zu 30.393 Austritten im Jahr 2022 und 21.751 im Jahr 2017 (ohne Genf). Die Mitgliederzahl der Evangelisch-Reformierten Kirche lag Ende 2023 bei rund 1,9 Millionen Menschen. Der Anteil anderer christlicher Glaubensgemeinschaften betrug laut Statista 2022 5,6 Prozent, der der Konfessionslosen 33,5 Prozent, zum Judentum bekannten sich 0,2 Prozent.
Die Anzahl an Muslimen blieb 2023 laut Statista mit rund 430.000 Menschen auf demselben Niveau wie 2022; 2017 wurden knapp 380.000 Muslime gezählt. Ihr Bevölkerungsanteil nahm im gesamten von Statista betrachteten Zeitraum seit 1970 von 0,2 Prozent auf 5,9 Prozent zu, mit großen Unterschieden zwischen den Kantonen.