Antworten auf aktuelle ethische FragenGegen die Verengungen der Tradition

Dieses kleine Buch ist erfreulich verständlich geschrieben und durch seine Art der Argumentation insgesamt hilfreich. Alexander Maßmann ist evangelischer Theologe und behandelt seine Themen auf der Grundlage evangelischer Individual- und Sozialethik, bezieht aber katholische Positionen durchaus mit ein.

Schwerpunkte sind zum einen Fragen der Sexualität und Geschlechtergerechtigkeit sowie der Bio- und Medizinethik, wobei der Autor auf jeweils knappem Raum zu Schlussfolgerungen kommt, die dem gegenwärtigen Fragestand gerecht werden und sich selbstkritisch mit Verengungen in der traditionellen christlichen Ethik auseinandersetzen. So urteilt er, mit der traditionellen Repression der Homosexualität habe das Christentum Schuld auf sich geladen. Der alte Argwohn stehe nicht im Dienst der Erhaltung der Schöpfung, sondern entstelle sie. Zum Thema Prostitution formuliert er, es werde eine Generationenaufgabe sein, die desaströsen Folgen des liberalen deutschen Rechts rückgängig zu machen. Er spricht sich gegen eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs über die bestehende Fristenlösung hinaus aus.

Im sozialethischen Teil geht es unter anderem um den Klimaschutz. Der Autor kommt zu dem Schluss: „Wenn wir uns nicht für’s Klima einsetzen, klingt auch die Verkündigung des Evangeliums halbherzig – gerade für diejenigen, denen die Klimakrise Angst macht.“ Behandelt wird auch die Frage nach AfD-Mitgliedern in kirchlichen Ehrenämtern. Maßmann tritt mit Verweis auf die mit dem Christentum unvereinbare Fremdenfeindlichkeit der Partei dafür ein, dass evangelische Kirchen die rechtliche Möglichkeit schaffen, in Zukunft AfD-Mitglieder von kirchlichen Ehrenämtern auszuschließen.

Unterkomplex wirken die Ausführungen des Autors zur Beurteilung des Gazakriegs sowie zu den ethischen Problemen in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die letzte behandelte ethische Frage lautet: „Müssen wir uns vor intelligenten Computern fürchten?“ Maßmann sieht das moralische Problem in einer Verstärkung der menschlichen Vorurteile, wovon das verworrene Szenario einer künstlichen, selbständigen Superintelligenz nur ablenke.

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