Ein Rückblick auf 20 Jahre Projekt WeltethosWas wäre die Alternative?

Das „Projekt Weltethos“ gab einen grundlegenden und zu Beginn in seiner Wirkung nicht absehbaren Impuls für den interreligiösen Dialog sowie für den gesellschaftsmoralischen Diskurs. Von vielen Seiten wird die Evidenz des Anliegens unterstrichen, von mancher Seite etwa die allzu pragmatische Ausrichtung angefragt.

Sein sicheres Gespür für drängende Fragen der Zeit in Kirche, Religion und Gesellschaft dürfte einen entscheidenden Anteil an der Entwicklung seiner Idee eines Weltethos gehabt haben. Bereits lange bevor sich Begriff und Problematik der Globalisierung in der uns heute selbstverständlichen Weise etablierten, hatte Hans Küng bereits die globale Dimension der weiteren Entwicklungen nach dem epochalen Umbruch von 1989/1990 erfasst, als er das Bändchen zum „Projekt Weltethos“ publizierte. Er gab damit einen grundlegenden – und damals in seiner Wirkung nicht absehbaren – Impuls für den interreligiösen Dialog sowie für den gesellschaftsmoralischen Diskurs.

In der englischen Ausgabe titelte die Schrift mit „Global Responsibility“, kurzum: Moralische Verantwortung gilt es seitens der Religionen mit ihrem spezifischen Fundus an ethischer Orientierung gesellschafts-gestaltend wahrzunehmen und einzubringen. Das gilt für das Zusammenleben in den Gesellschaften genauso wie zwischen den Gesellschaften. Politischer Frieden ist international auf lange Sicht hin nur möglich, wenn es gelingt, dass auch die Religionen – das heißt konkret ihre Anhänger – im unspektakulären Alltag ebenso wie in Konfliktsituationen auf friedliche und gewaltfreie Weise miteinander umgehen und offen sind für wechselseitige Verständigung.

Das Projekt Weltethos verbindet zwei zentrale Anliegen: Es betont die Bedeutung der ethischen Orientierung und damit einhergehend sowie mit Blick auf die Entstehung einer gewiss vielschichtigen Weltgesellschaft die Notwendigkeit global geltender moralischer Regeln und Normen. Mit anderen Worten und ganz elementar formuliert: Die Menschheit als globale Kommunikations- und Interaktionsgemeinschaft bedarf der gemeinsamen Grundorientierung und Verständigung darüber, was gut und was böse, was richtig und falsch, was gerecht und ungerecht ist.

Weltethos rekurriert vornehmlich auf religiös-ethische Traditionen und versteht sich auf diese Weise als Menschheitsethos. Im Sinne des postulierten Humanums wird explizit auch die normative Bedeutung und Geltung der Menschenrechte gemäß der Deklaration von 1948 bestätigt. Der in den Prinzipien und Weisungen des Weltethos festgehaltene Grundkonsens liefert sowohl für die individualethisch relevante Lebensgestaltung – als Nahbereichsethos (Karl Ernst Nipkow) – als auch für die institutionenethischen Herausforderungen eine Art gemeinsame Plattform, mithin ein Werte- und Normenfundament, auf das es aufzubauen gilt.

Das zweite Anliegen des Projektes: Es unterstreicht mit Nachdruck die Rolle der Religionen als globale Verantwortungsträger und die Verfügbarkeit ihrer (sozio-)moralischen Ressourcen. Mit den beiden Kristallisationspunkten, Religion einerseits, Moral anderseits, hat Küng – wie viele andere dann nach ihm – zwei Dimensionen hervorgehoben, die für Menschen und Gesellschaften bleibende Bedeutung haben. Dies lässt sich sowohl am so genannten Ethik-Boom seit den neunziger Jahren festmachen, als auch an der im letzten Jahrzehnt religionssoziologisch (José Casanova) oder auch philosophisch (Jürgen Habermas) affirmierten zukünftigen gesellschaftlichen Relevanz von Religionen und der damit einhergehenden Distanzierung vom lange Zeit geltenden Säkularisierungsparadigma. Dieses hatte den Bedeutungsverlust der Religion prognostiziert.

Wissend um die historisch vielfach belegte Ambivalenz von Religion, hat Küng konform zu seiner Konzeption und in Auseinandersetzung mit Samuel Huntington bereits 1997 (Weltethos für Weltpolitik und Weltwirtschaft) eine viel stärkere Berücksichtigung des Faktors Religion vor allem in den internationalen Beziehungen gefordert. Politikwissenschaftler folgten dieser Forderung in ihren Forschungsinteressen zunächst eher zögerlich (wegweisend dann: Andreas Hasenclever, Volker Rittberger, Dieter Senghaas).

Heutzutage reibt man sich die Augen mit Erstaunen darüber, wie viele Institute und Einrichtungen seit 2001 gerade im wissenschaftlich-akademischen Bereich entstanden sind, die sich schwerpunktmäßig und inzwischen mit einer unübersehbaren Vielfalt an Fragestellungen dem Verhältnis von Politik und Religion widmen und auf je ihre Weise ein für den Dialog der Religionen unverzichtbares Grundlagenwissen erarbeiten und bereitstellen.

Dialogfähigkeit und Standfestigkeit

Gewissermaßen in Fortführung sowohl der im Zweiten Vatikanischen Konzil mit der Erklärung „Nostra aetate“ bekundeten Öffnung der katholischen Theologie und Kirche gegenüber den nichtchristlichen Religionen als auch der durch die „Weltkonferenz der Religionen für den Frieden“ bereits 1970 in Tokyo etablierten Prinzipien formulierte das Projekt Weltethos eine programmatische Zielsetzung. Zugleich lieferte es eine starke und unverzichtbare Grundlage für Theorie und Praxis des interreligiösen Dialoges, den Küng selbst im akademischem Kontext bereits Jahre zuvor praktiziert hatte und letztlich in unzähligen persönlichen Beziehungen weiterhin pflegte (dokumentiert in „Christentum und Weltreligionen“ oder inJa zum Weltethos“).

Eckpunkte des Dialogs der Religionen lauten entsprechend der ausformulierten Programmatik in „Projekt Weltethos“: Dialogbereitschaft und Dialogfähigkeit, das heißt Sichtweisen, Standpunkte, Überzeugungen werden dialogisch thematisiert und wechselseitig respektiert; Standfestigkeit im eigenen Glauben als tugendhafte Basis und unabdingbare Voraussetzung für die Dialogpraxis; Sensibilität für die Frage nach Wahrheit, die es fern von jeglichem Relativismus, Absolutismus oder von Indifferenz aus einer Haltung verantwortungsbewusster Freiheit zu wahren gilt.

Aus christlicher Perspektive ist im Sinne der genannten Standfestigkeit und mit der Bereitschaft zur selbstkritischen Haltung gegenüber der eigenen Religion an Jesus Christus festzuhalten, bei gleichzeitigem Interesse an anderen Religionen – auch mit der Frage, welche Aussagen und Überzeugungen sich mit der christlichen Botschaft und der Praxis Jesu vereinbaren lassen. Der eigene christliche Glaube muss dadurch in keiner Weise eine Schwächung erfahren, im Gegenteil: Vielmehr kann es aufgrund des Dialogs zu einer neuen vergewissernden Einsicht und Stärkung des persönlichen Christseins kommen.

Interreligiöser Dialog auf der Basis der Standfestigkeit in der eigenen Glaubensüberzeugung hat beim jeweils Gegebenen einzusetzen und überlässt den Erkenntnisgewinn und das Gesprächsresultat dem Verständigungsprozess, den es, offiziell wie inoffiziell, in ganz alltäglichen Kontexten genauso wie in besonderen interreligiösen Foren oder im Bereich der religionsbezogenen wissenschaftlichen Disziplinen zu praktizieren gilt. Dabei wird dem andersgläubigen Gesprächspartner von vornherein sein Glaubensstandpunkt zugestanden, „und man erwartet von ihm zunächst nur unbedingte Bereitschaft zu hören und zu lernen“ (Projekt Weltethos, 1990, 123 ff. und 132).

Das Parlament der Weltreligionen in Chicago

Die von Küng in seiner Programmschrift geleistete Grundlagenarbeit zur Idee des Weltethos und zum Dialog der Religionen konnte bereits 1993 beim Parlament der Weltreligionen in Chicago fruchtbar gemacht werden und führte mit der „Erklärung zum Weltethos“ zu einer bislang einmaligen interreligiösen Deklaration. Elementare Aussagen von Projekt Weltethos fanden Eingang in den Text, wurden gewissermaßen interreligiös verifiziert und vertieft.

Das begründungsoffene und appellative Normenset des Dokumentes ist in erster Linie als eine Einladung zur moralischen Sensibilisierung und Mitverantwortung zu sehen. Und zwar für religiöse wie nichtreligiöse Menschen gleichermaßen. Die hohe Akzeptanz der Grundanliegen der Deklaration in den unterschiedlichen Religionen belegt im Grunde genommen, dass Küng mit seiner Konzeption richtig lag.

Nachdem sich 1995 für Küng nach seiner Emeritierung an der Universität Tübingen die Möglichkeit auftat, die Arbeit zum Weltethos mit einer organisatorischen Infrastruktur in Gestalt einer Stiftung fortzuführen und voranzutreiben, lag es in der Natur der Sache, die Frage des Dialoges zwischen den Religionen zu einer der zentralen Säulen der Stiftungsaufgaben zu machen und die für den interreligiösen Dialog unverzichtbare Grundlagenforschung zu den einzelnen Weltreligionen zu verstetigen, zu vertiefen und bildungsorientiert aufzubereiten (etwa mit dem Multimediaprojekt „Spurensuche“).

In einer im Jahr 2000 erschienenen, erläuternd konzipierten Informationsbroschüre wird zum Dialog der Religionen die Intention der Stiftung ausgeführt: „Dreh- und Angelpunkt für ein friedliches Zusammenleben gerade zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen sind Begegnung und Dialog. Ziel muss daher sein: Dialogbereitschaft zu wecken und eine Dialogpraxis zu etablieren; das Wissen um Gemeinsamkeiten, insbesondere im Ethos, zu verankern; Unterschiede als Bereicherung erfahrbar zu machen und zu bejahen. Bei aller Verschiedenheit der Religionen und Kulturen soll nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame im Vordergrund stehen. Der Dialog miteinander ist die Chance, voneinander zu erfahren, zu lernen, Standpunkte zu gewinnen und auszutauschen.“

Wo immer interreligiöser Dialog praktiziert wird, wird man sich nur schwer vorstellen können, dass die im Projekt Weltethos ausbuchstabierten Grundsätze nicht in irgendeiner Weise beachtet werden. Natürlich gibt es neben Menschen, die am Dialog zwischen den Religionen interessiert und zu diesem aus ganz unterschiedlichen Gründen motiviert sind (schlichtes Interesse an anderen Religionen, familiäre Situation, Konfrontation mit Alltagsproblemen, punktuelle oder dauerhafte Begegnungs- oder Reiseerfahrungen, Wissensaneignung als politischer Entscheidungsträger et cetera), auch solche, die von einem interreligiösen Dialog nichts halten: die in fundamentalistisch-exklusivistischer Manier am eigenen Glauben beziehungsweise an der eigenen Weltanschauung festhalten und anderen Religionen gegenüber auch nicht die leiseste Form der Anerkennung gewähren, oder die die Religion aufgrund persönlicher Erfahrungen oder Einsichten gänzlich ablehnen. Dies jedoch kann die Sinnhaftigkeit und Vernünftigkeit des Dialoges zwischen Religionen nicht ernsthaft in Frage stellen.

Vielmehr untermauern solche Einstellungen dessen Dringlichkeit und Notwendigkeit. Dialogverweigerer oder -negierer zum entwertenden kategorischen Kriterium des interreligiösen Dialoges zu machen, wäre fatal und letztlich ein heftiger Schlag ins Gesicht all derer, die mit Geduld, Aufrichtigkeit, Leidenschaft und Offenheit am Dialog interessiert oder ganz konkret beteiligt sind. Dass der Dialogprozess nach wie vor als noch junge Entwicklung zu kennzeichnen ist und auf eine in den fernen Horizont hinein verlaufende Wegstrecke blickt, spricht in keiner Weise gegen ihn.

Ein überzeugendes, erfolgreiches und zukunftsweisendes Modell des interreligiösen Dialogs ist das interdisziplinäre „Theologische Forum Christentum – Islam“, wie es sich für den europäischen Kontext in bislang einzigartiger Weise an der Katholischen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart unter der Leitung von Hansjörg Schmid etablieren konnte. Im Wissen um Gemeinsamkeiten sowie im Bewusstsein um Unterschiede und Trennendes, wird dort – die Dialogprinzipien des Projekt Weltethos mit einer von diesem unabhängigen Selbstverständlichkeit praktizierend – seit Jahren in der Begegnung von Christentum und Islam mit aufrichtigem Interesse und wechselseitigem Wohlwollen ein offener und verständigungsorientierter interreligiöser Dialog gelebt, der sich theologischen Themen ebenso intensiv widmet wie lebenspraktischen Orientierungen.

Auf den bisherigen Pfaden des interreligiösen Dialogs hat Küng seit Jahren mit Karl-Josef Kuschel zum einen, mit Stephan Schlensog zum andern Gefährten gefunden. Während Kuschel sich in besondere Weise den theologischen Grundlagen des Abrahamischen Dialoges (Streit um Abraham. Juden – Christen – Muslime) gewidmet und im deutschsprachigen und weithin internationalen Bereich auf diesem Themenfeld Pionierarbeit geleistet hat, konnte sich Schlensog als Experte für Hinduismus und Weltethos exponieren. Eine kleine Zahl an festen und umso größere Zahl an freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trägt zum bleibenden Erfolg in der Erfüllung der Stiftungsziele und -aufgabe bei – auch über die Thematik des interreligiösen Dialoges hinaus.

Welches Fazit ist nach 20 Jahren Projekt Weltethos zu ziehen? Es ist sicher mehr als ein publizistischer Erfolg. Küng wollte nach eigenen Aussagen nie eine Bewegung gründen. Dennoch hat er – als Einzelperson und mit den ihm gegebenen Möglichkeiten und Fähigkeiten – gerade für den Dialog der Religionen Vieles in Bewegung gesetzt. Das kann ihm von keiner Seite in Abrede gestellt werden. Wenngleich sowohl Johannes Paul II. als auch Benedikt XVI. Abstinenz beziehungsweise asketische Zurückhaltung im Gebrauch des Terminus „Weltethos“ übten, so ist es in beiden Pontifikaten doch unübersehbar, welche Rolle nicht nur der Dialog der Religionen spielt(e), sondern wie sehr auch die Notwendigkeit der ethischen Orientierung in Zeiten der Globalisierung immer wieder betont und eingefordert wurde.

Küng hier explizit und mit Nachdruck als Vordenker und wirksamen Wegbereiter des interreligiösen Dialogs von kirchlicher Seite zu würdigen, ist längst überfällig; ein erfreuliches Zeichen der Anerkennung war in jedem Falle das Gespräch zwischen Benedikt XVI. und ihm im Sommer 2005 in Castel Gandolfo (vgl. HK, November 2005, 544 f.).

Von vielen Seiten wird die Evidenz des Anliegens des Projekts Weltethos unterstrichen, von mancher Seite wiederum die allzu pragmatische Ausrichtung angefragt. Gewiss gibt es Aspekte, die unbestritten sind, andere verlangen nach weiterer Klärung. Griffige und einprägsame Formeln, allgemeinverständliche Formulierungen und Aussagen, die ihren besonderen Teil zur Verbreitung des Weltethosprojektes beigetragen haben, können kaum als Argument gegen die sachliche Richtigkeit und Vernünftigkeit des interreligiösen Dialoges vorgebracht werden.

Bei allen Vorbehalten und Kritikpunkten, bei allem Klärungs- und Diskussionsbedarf ist immer wieder die eine Frage zu stellen: Was ist denn die Alternative? Welchen anderen Weg, das Zusammenleben in weltanschaulich pluralistischen Gesellschaften, im nationalen wie internationalen Kontext, zu regeln und zu gestalten, als den Weg des Dialoges zwischen unterschiedlichen Kulturen und Religionen könnte es geben?

Unter welchem Label, mit welchem Etikett dieser Dialog stattfindet, ist letztlich absolut zweitrangig. Entscheidend ist, dass er stattfindet. Entscheidend ist auch, dass er nach Misserfolgen, Missverständnissen oder Rückschlägen fortgesetzt oder wieder neu aufgenommen wird. Entscheidend ist schließlich, dass Menschen unterschiedlichen Glaubens miteinander ins Gespräch kommen, sich austauschen, Begegnung praktizieren. Und je mehr hierbei ein Bewusstsein für Gemeinsamkeiten vorhanden ist, ohne Unterschiede zu leugnen oder zu ignorieren, desto leichter dürfte die Fortsetzung und Weiterführung des Dialoges fallen.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche nachhaltigen Impulse für die Zukunft des Dialoges der Religionen aus dem Projekt Weltethos weiterhin gewonnen oder erwartet werden können. Im Bereich von Schule und Bildung ist die Weltethosthematik in ihrer ethischen wie dialogischen Dimension fest verankert und bis auf Weiteres unbestritten etabliert (www.weltethos.de). Im Bereich der Grundlagenforschung ist ein überaus solides Fundament durch Küng selbst sowie durch mit ihm verbundene oder gleichgesinnte Wissenschaftler gelegt.

Wirtschaftsethische Konzentration

Einen wesentlichen (Erkenntnis-)Ursprung hatte die Idee des Weltethos vor allem im bilateralen Austausch von Religionen beziehungsweise Religionsgelehrten; diesen Faden wieder verstärkt aufzunehmen, wäre ein dringliches Desiderat. Ferner: Die „Erklärung zum Weltethos“ benennt explizit ethisch sensible Bereiche, für die es schwierig sei, einen Konsens herzustellen. Doch gerade bei brisanten oder drängenden Themen – zu denen beispielsweise der ganze Bereich der Bio- und Medizinethik zählt – oder auch im Kontext von Ökonomie zum einen, Ökologie zum anderen, sollte gerade auch der interreligiöse Klärungs-, Verständigungs- und Erkenntnisprozess verstärkt und vertieft werden, um sachgerechte Lösungen für die anstehenden Herausforderungen zu ermitteln.

Die Vielseitigkeit, mit der die Weltethos-Thematik in der Öffentlichkeit präsent ist und präsentiert wird, hat fraglos zu einer hohen Aufmerksamkeit geführt. Auch die jüngste Fokussierung auf wirtschaftsethische Fragestellungen (Manifest: „Globales Wirtschaftsethos – Konsequenzen für die Weltwirtschaft“ sowie „Anständig wirtschaften“) kann als plausible Reaktion auf unübersehbare aktuelle Herausforderungen gesehen werden. Dennoch ist zu fragen, ob nicht gerade die Vielseitigkeit zum einen, die jüngste wirtschaftsethische Konzentration zum anderen zu einer Marginalisierung des ursprünglich zentralen Themenfeldes „interreligiöser Dialog“ geführt haben oder möglicherweise führen könnten.

Erfolg ist nicht unbedingt eine Kategorie, auf die man in der Theologie oder in den Geisteswissenschaften aus ist. Und doch hat das Projekt Weltethos in verschiedener Hinsicht in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Wenn das Anliegen, das im Zentrum steht, wenn die Sache, um die es hierbei geht, in Wissenschaft, in Schule und Bildung, in Politik und Gesellschaft, im Miteinander der Menschen auch weiterhin Aufmerksamkeit, fundierte Auseinandersetzung und praktische Anwendung findet, so wäre nicht zuletzt auch für den Dialog der Religionen viel gewonnen.

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