Die Moderne mit ihren neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erschütterte nicht nur das traditionelle Weltbild und damit das Selbstbild des Menschen, sondern brachte so auch eine Krise der Philosophie mit sich. Aus dieser Krise heraus entwickelte sich als neue Tendenz unter anderem die Philosophische Anthropologie. Wegweisende Schriften dieser philosophischen Strömung waren Helmut Plessners "Die Stufen des Organischen und der Mensch" (1928), Max Schelers "Die Stellung des Menschen im Kosmos" (1929) und Arnold Gehlens "Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt" (1931).
Diese und andere Autoren versuchten, den Menschen neu im Kosmos und in Abgrenzung von den anderen Lebensformen der Natur zu verorten, und stellten dabei die Selbstvergewisserung des Geistes und die konkrete Erfahrung des Lebendigen in den Mittelpunkt ihrer Bestimmung des Menschen.
Als Standardwerk, das einen umfassenden Überblick über diese Strömung, ihre Autoren und Inhalte gibt, ist Joachim Fischers "Philosophische Anthropologie. Eine Denkrichtung des 20. Jahrhunderts" zu empfehlen.
Philosophische Anthropologie als Disziplin der Philosophie
Die Philosophische Anthropologie als Disziplin der Philosophie wurde durch Autoren wie Scheler, Plessner und Gehlen zwar maßgeblich beeinflusst. Sie versammelt unter sich jedoch verschiedenste Ansätze und bildet einen Schnittpunkt mit zahllosen anderen Wissenschaftsbereichen wie der Ontologie, Psychologie, Soziologie, Biologie und den Kulturwissenschaften.
Alle Fragestellungen der Philosophischen Anthropologie gehen letztlich zurück auf die Kant'sche Frage: "Was ist der Mensch?" Sie reichen von der Philosophie des Geborenseins über alle Aspekte menschlichen Seins bis hin zum menschlichen Tod. Zentrale anthropologische Fragen sind beispielsweise die nach der Freiheit oder Unfreiheit des Menschen oder jene nach der Existenz des Menschen.