Religionskritik

Religionskritik, als Begriff Ende des 18. Jh. verwendet, bezeichnet sowohl die prinzipielle, argumentativ begründete Ablehnung von Religion als auch die Kritik (griechisch = Beurteilung) von Fehlentwicklungen und Fehlformen religiösen Verhaltens (des »Unwesens der Religion«, B. Welte †1983).

Die Religionskritik äußert sich bereits in der griechischen Antike in Hinweisen auf Entstehung der Religion aus Angst und Unwissenheit sowie in der Kritik am anthropomorphen Verhalten der Götter (Anthropomorphismus); hier dient sie der Läuterung der Religion und der Respektierung des wahren Göttlichen. Radikal ist die Religionskritik in der atheistischen Strömung der Aufklärung, bei L. Feuerbach († 1872), K. Marx († 1883), F. Nietzsche († 1900), S. Freud († 1939) (vgl. Gott). In diesen Formen der Religionskritik wird Religion als illusionärer Trost in einer trostlosen Welt, als Treulosigkeit an der Erde und Flucht in ein Jenseits, als Manipulationsform der Unterdrückung oder als Neurose verstanden. Ihr werden Wissenschaftsfeindlichkeit, Behinderung der Emanzipation und Demokratisierung, falsches Bewußtsein (Ideologie) und Subjektivismus vorgeworfen. Neuere Formen der Sprachanalyse und des Positivismus erklären Glaubensaussagen zu Hypothesen, die sich einer kontrollierbaren Prüfung entzögen und daher sinnlos seien.

Auf die z.T. berechtigte Religionskritik des 19. Jh. hat die Theologie zureichende Antworten gefunden, nicht aber auf die Theodizee-Probleme. Die theologische Religionskritik weist auf die Grenzen religiöser Rede, auf die Unverfügbarkeit und Unbegreiflichkeit Gottes hin. Sie akzeptiert die Einsicht M. Horkheimers († 1973), daß der Zweifel an der Religion »ein Moment an ihrer Rettung« ist. Neuere Philosophen und Soziologen weisen darauf hin, daß die Religion sich als resistent gegenüber der Religionskritik erwiesen habe: als Praxis der »Kontingenzbewältigung« (H. Lübbe), als unersetzliche Integrationskraft in der unübersichtlich ausdifferenzierten Welt (J. Habermas), als »Reduktionsleistungen«, die die Kontingenz des Welthorizonts in Sinn verwandeln (N. Luhmann).

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