Soziologie (lat.-griech. =Wissenschaft von der Gesellschaft) entstand, nachdem bereits in der griechischen Antike über gesellschaftliche Lebensordnungen nachgedacht wurde, aus den vom 18. Jh. an zu beobachtenden Tendenzen, Theorien zur Reform der gesellschaftlichen Verhältnisse u. Institutionen zu entwickeln. Den Hintergrund bildete im Rahmen der Aufklärung das Bewußtsein von der Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Ordnung unter gleichzeitiger Respektierung der individuellen Freiheit. Der Begriff Soziologie stammt von A. Comte († 1857), der die drei Stadien seines Positivismus auf die Gesellschaft übertrug. Philosophische Einflüsse (I. Kant † 1804, J. G. Herder †1803, G. W. F. Hegel †1831) verbanden sich mit den Evolutionstheorien des 19. Jh. (»Sozialdarwinismus«: die Überlebenskämpfe in der Gesellschaftsentwicklung; K. Marx †1883; H. Spencer † 1903).
Eine wichtige Etappe markierte E. Durkheim († 1917), der die das Individuum prägende quasi religiöse Kraft der Gemeinschaft hervorhob und die wichtigsten Gestalten des Denkens (wie Raum und Zeit, Ursache und Folgen) aus ihr ableitete; er entwickelte die Methoden der Gesellschaftsanalyse (Beobachtung, Messung, Statistik) und prognostizierte den Fortschritt zu Arbeitsteilung und Solidarität bei fortbestehender Ungleichheit der Mitglieder der Gesellschaft. In seiner Sicht kann Soziales nur durch Soziales (ohne Rücksicht auf religiöse oder psychologische Bedingtheiten) erklärt werden. Die Soziologie als Wissenschaft wurde weiter durch differenzierte Unterscheidungen und Analysen fundiert von F. Tönnies († 1936), G. Simmel († 1918) und M. Weber († 1920). Weber gilt als Gründer der »verstehenden Soziologie«, in der gesellschaftliche Prozesse zugleich kausal erklärt werden sollen, indem die Handlungsabsichten der Akteure rekonstruiert, die »Interaktionsprozesse« analysiert und nichtrationale Faktoren einbezogen werden. Die analytische Methode suchte er durch den Entwurf von »Idealtypen« zu verbessern. Während er die Soziologie als »wertfrei« bestimmte, sah er das gesellschaftliche Handeln nicht nur durch materielle Interessen, sondern auch durch Werte motiviert (»Wertethik«). Die im 20. Jh. als wissenschaftliche Disziplin etablierte Soziologie entwickelte unter Abgrenzung auch von der Sozialphilosophie (Kritische Theorie) vielfältige Theorien über die Beeinflussung der menschlichen Lebenswelt durch gesellschaftliche Zusammenhänge: Verhaltenstheorien, Theorien über »symbolischen Interaktionismus «, phänomenologische Analyse, darüber hinaus Theorien des Strukturellen, Funktionalen und des Systems.
Dabei differenzierte sich die Soziologie in zahlreiche Einzeldisziplinen. Unter diesen ist im Hinblick auf Theologie und Kirche die von Durkheim inspirierte »Religionssoziologie« von besonderer Bedeutung. Religion wurde als wesentliche positive Kraft der sozialen Integration gesehen, durch die gesellschaftlich »unabgegoltene« Bedürfnisse erfüllt und Konflikte vermieden würden. In der Weiterentwicklung wurden als Hauptfunktionen der Religion die »Kontingenzbewältigung« (N. Luhmann) und die persönliche Identitätsfindung (H. Lübbe) ausgemacht. Die theologische Kritik an einer weltanschaulichen »Soziologisierung« zielte in zwei Richtungen: zum einen verwahrte sie sich gegen die »Vereinnahmung« der Religion zur Stabilisierung gesellschaftlicher Systeme, zum andern wies sie darauf hin, daß die Überbewertung des sozialen Fortschritts durch die Soziologie zum Verlust des menschlichen Transzendenz-Bewußtseins führen könne. Wenn die frühere Phase der Politischen Theologie eine Zurücksetzung der »Orthodoxie« des Glaubens zugunsten der »Orthopraxie« der Gläubigen (Theorie und Praxis) erkennen läßt, oder wenn in der Praktischen Theologie kirchliche Institutionen und Methoden fast nur noch unter funktionalen Gesichtspunkten reflektiert werden, dann ist auch darin der Einfluß der Soziologie deutlich.