Schuld als religiöser und theologischer Begriff läßt sich von Sünde unterscheiden. Wenn Sünde eher einen Akt (in Gesinnung und Tun) meint, bezeichnet Sch. die daraus entspringende Schuldverhaftung, das Geschuldete, dasjenige, dem der Schuldspruch des Gewissens gilt. Der Begriff der Sch. hat in den heutigen säkularisierten Gesellschaften nicht die gleiche Erosion erfahren wie der Begriff der Sünde. Wenn die These auch richtig sein mag, daß »Unschuldswahn« und »Entschuldigungsmechanismen« weit verbreitet sind, so fehlt es doch nicht an vielfältigen Schuldgefühlen und an dem Bedürfnis, sich Geschädigten oder Beleidigten gegenüber zu entschuldigen. Auch die Erfahrung von Unterlassungen (der Verweigerung von Liebe) führt zu Schuldgefühlen (Gleichgültigkeit als Komplizenschaft: A. Camus †1960). Psychologie und Psychiatrie befassen sich mit krankhaftem Schuldbewußtsein, wie es nicht zuletzt durch perverse kirchliche Verkündiger, die Menschen in permanenten Anklagezustand zu versetzen suchen, eingeimpft wird, zumal in so sensiblen Bereichen wie der Sexualität. Sch. kann, wo die Möglichkeit der Vergebung nicht (mehr) erscheint, als ausweglos erfahren werden.