Wort-Gottes-Feier am 7. Sonntag im Jahreskreis

1 Alle Eingangslied: GL 148 »Komm her, freu dich mit uns«

2 Gl Liturgischer Gruß

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. – Alle: Amen. –
Der Herr ist in unserer Mitte. – Alle: Er ist wirklich unter uns.

3 Gl Einführung

Das Leitbild für Christen, das wir heute im Lukas-Evangelium hören werden, ist voller Überforderungen, eigentlich nicht mit dem täglichen Leben zu vereinbaren. Bei genauerer Betrachtung können wir jedoch erkennen, dass es unserem Alltag eine neue Färbung geben kann. Mehr muss es vielleicht gar nicht sein. Das ist vielleicht schon viel, das ist vielleicht das, was uns als Christinnen und Christen ausmacht: dass wir dem Alltag eine andere Färbung geben, die Dinge einfach ein wenig anders sehen können.

Nehmen wir uns einen Moment der Stille, um uns zu öffnen für sein Wort, das unserem Leben einen neuen Anstrich geben will.

4 Gl Kyrie

Herr Jesus Christus, du rufst uns in deine Nachfolge. – Herr, erbarme dich.

Du kennst uns und unsere Schwächen. – Christus, erbarme dich.

Du nimmst uns an der Hand und führst uns, jede nach ihren Möglichkeiten. – Herr, erbarme dich.

5 Gl Eröffnungsgebet

Barmherziger Gott, du hast durch deinen Sohn zu uns gesprochen. Lass uns immer wieder über dein Wort nachsinnen, damit wir reden und tun, was dir gefällt. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

6 Lek Erste Lesung: 1 Sam 26, 2.7–9.12–13.22–23

7 Kan Psalm: 103 (102), 1–2.3–4.8 u. 10.12–13 (Kv: GL 657,3)

8 Lek Zweite Lesung: 1 Kor 15, 45–49

9 Kan Ruf vor dem Evangelium

Halleluja. Halleluja.

(So spricht der Herr:)

Ein neues Gebot gebe ich euch:

Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.

Halleluja.

10 Gl Evangelium: Lk 6, 27–38

11 Gl Auslegung

Liebe Gemeinde, wir hören heute im zweiten Teil der Feldrede des Lukasevangeliums noch viel größere Zumutungen als letzten Sonntag in den Seligpreisungen und Weherufen. Diese Sätze des heutigen Evangeliums sind die Quintessenz christlicher Ethik. Sie sind das Fundament, auf dem wir glauben. Und sie stellen eine maßlose Überforderung dar. Es behaupte keiner das Gegenteil! Das ist auch nicht schlimm, ganz im Gegenteil. Schließlich beschreiben diese Sätze einen Menschen des Reichs Gottes. Sie beschreiben das äußerste Ziel, das wir in unserer eigenen »Menschwerdung« überhaupt erreichen können.

Damit lassen sie zuverlässig Luft nach oben, sie geben uns ein ganzes Leben lang Stoff zum Wachsen, Motivation, nicht nachzulassen in unserem Bestreben, bessere, »heilsamere« Menschen zu werden. Von keinem – wirklich von keinem! – wird verlangt, in all diesen »Disziplinen« mit maximaler Punktzahl zu reüssieren. Was aber tatsächlich unser persönlicher Anspruch sein sollte, wenn wir uns wahrhaft Christinnen und Christen nennen wollen, ist das Selbstverständnis, in diesem ethischen Zehnkampf des Lebens anzutreten. Und allein diese Entscheidung ist tatsächlich gar nicht selbstverständlich in unserer Welt. Denn sie widerspricht in fast allen Bereichen dem, was man mit gesundem Menschenverstand tun würde und normalerweise auch tut. Schauen wir also mal genauer hin. Und überlegen wir, wie wir als junge Anfängerinnen und Anfänger in dieser Sportart mit den ersten Schritten vertraut gemacht werden. Jede Olympiasiegerin hat ganz klein angefangen, mit einfachen Bewegungsübungen, die noch nach gar nichts aussehen. Nicht viel anders ist es mit den Disziplinen bei der christlichen Nachfolge-Olympiade …

»Liebt eure Feinde.« – Klingt schön. Pazifistisch. Kann man unterschreiben. Oder? Haben Sie Feinde? Gibt es in Ihrem Leben Menschen, die Sie ganz eindeutig anfeinden, die Ihnen das Leben so richtig schwer machen wollen und es auch tun? Die Sie vielleicht sogar bedrohen? [Oder die Ihre Familienangehörige bedrohen, die noch in den Kriegsgebieten in … leben?] »Liebt eure Feinde.« Das ist viel verlangt. Sehr viel. Also, was sind erste Bewegungsübungen in der Königsdisziplin der Feindesliebe? Ignatius von Loyola, der große Übungsmeister des Christentums, würde vermutlich empfehlen: Denken Sie an Ihren Feind und versuchen Sie dabei allen Gefühlen, die in Ihnen aufkommen, den gleichen Raum zu geben. Schauen Sie sie an, aber bewerten Sie sie nicht. Fühlen Sie nach, bleiben Sie nicht bei einem besonders starken Gefühl stehen, machen Sie Raum für alles, was da in Ihnen schlummert. Schauen Sie auf all das. Und lassen Sie es erst einmal genau so stehen. Ohne Bewertung, ohne den Ehrgeiz, irgendetwas daran zu ändern. Halten Sie all diese Gefühle einfach nur Gott entgegen: Schau auf mich, Herr, so sieht es in mir aus. Ende der ersten Übung. Das reicht für den Anfang.

Die nächsten Disziplinen sind nicht viel einfacher: Segnet, die euch verfluchen. Denen, die euch schlagen, haltet auch die andere Wange hin. Und denen, die euch ausrauben, gebt gleich alles mit, was ihr habt. Helft ihnen quasi noch beim Tragen … Ich stelle mir gerade vor, was in den Kommentarspalten los wäre, würde man die Feldrede des Lukas als ernstgemeinten Artikel auf ZEITonline veröffentlichen. »Weltfremder Idealismus«, »hoffnungsloses Gutmenschentum, das die rechten Ränder nur noch mehr stärkt«, »der Autor sollte ernsthaft über eine Psychotherapie nachdenken, das geht bedenklich in Richtung selbstverletztendes Verhalten« … Ich denke, das träfe den Ton ziemlich genau. Und auch wir fragen uns, wie ernst diese Aufforderungen wirklich gemeint sein können. Doch bestenfalls im sehr übertragenen Sinn, oder? Allerdings fällt mir an dieser Stelle auch kein übertragener Sinn, der es besser machen würde. Ich denke, Jesus wird an dieser Stelle ganz bewusst so konkret und ausführlich, weil es ihm um die Geisteshaltung geht, die hinter einem solchen Handeln steht. Erst aus dieser Haltung heraus wäre es uns tatsächlich möglich, in all diesen genannten Situationen so zu reagieren. Schauen wir also genauer hin.

Wir haben drei Situationen, in denen uns schmerzhaftes Unrecht zugefügt wird. Wir werden verflucht, wir werden geschlagen, wir werden ausgeraubt. Die moderne Wissenschaft lehrt, dass wir Menschen drei natürliche Verhaltensweisen in einer Bedrohungssituation kennen. Sie sind uns quasi in die Gene geschrieben. Die natürlichen Reaktionen sind: Gegenangriff, um mich zu verteidigen – Flucht, um dem Angriff zu entkommen – oder: Totstellen, um mich unsichtbar für den Feind zu machen. Diese drei Szenarien können wir in Gottes Schöpfung immer wieder beobachten, im Tierreich ebenso wie bei uns selbst. Sie gehören in diese Welt, wie Gott sie erschaffen hat und wie sie ganz ohne sein Zutun funktioniert, sozusagen auf Autopilot läuft. Nun hat Gott allerdings in diese perfekte Schöpfung einen ganz bewussten Webfehler eingebaut: den freien Willen, den er uns Menschen geschenkt hat. Damit haben wir die Möglichkeiten, den Autopiloten der Schöpfung auszuschalten und selbst das Steuer zu übernehmen. Und genau deshalb hat Gott uns zur Entscheidungsfreiheit auch einen moralischen Kompass mitgeliefert. Damit wir nicht gleich alles zugrunde richten.

Die Predigt und das Leben Jesu sollen uns an diesen moralischen Kompass erinnern. Und nicht nur das: Wir sind auch aufgefordert, durch unser Leben und Handeln und Reden unsere Mitmenschen immer wieder daran zu erinnern, dass wir uns zwischen »Gut« und »Böse« entscheiden können und müssen. Womit wir wieder bei unseren recht sportlichen Disziplinen der christlichen Liebe wären. Diese Liebe geht einen Schritt weiter. Sie belässt es nicht bei Gegenangriff oder Flucht, da sich durch diese Reaktionen nichts ändert. Das Böse wird weiterwirken. Die Liebe durchbricht diesen Kreislauf mit einer völlig paradoxen Reaktion. Sie flucht nicht zurück, sondern segnet. Sie rennt nicht weg, sondern hält auch noch die andere Wange hin. Sie überlässt sich nicht wehrlos dem Räuber, sondern sie fragt ihn, was er braucht. Und von diesem Moment an zerbricht etwas im ewigen Kreislauf von Fressen und Gefressenwerden. Das ganze Geschehen kommt ins Stocken.

Der Schläger wird das Angebot der anderen Wange vielleicht annehmen. Doch der Schlag wird ihm keine Befriedigung mehr verschaffen. Denn er wollte ja vor allem seelischen Schmerz bereiten. Er will mich leiden sehen. Durch die Freiwilligkeit verschwindet dieser Effekt. Und nun … bleibt er allein mit seiner Wut. Und kommt vielleicht sogar ins Nachdenken. Gleiches gilt für den Räuber, der gefragt wird, womit man ihm denn helfen kann. Man stelle sich das mal vor … Ja, vielleicht bin ich am Ende materiell noch ärmer, als wenn ich ihn nicht gefragt hätte. Aber was für eine innere Freiheit stände hinter einem solchen Handeln …?! – Ja, das wäre in der Tat olympiareif. Aber wir wollten klein anfangen. Daher lautet die erste Übungseinheit: Paradoxe Reaktion bei den kleinen Verletzungen im Alltag. Und am besten nicht gleich bei denen, die eher in die Kategorie ›Feinde‹ fallen, denn da sind wir ja noch bei einer anderen Übung. Fangen Sie bei Menschen an, die Ihnen wichtig sind, da ist es einfacher. Und immer noch schwierig genug … beim immer gleichen Streit in der Ehe einfach auszusteigen und dem Partner entgegenzukommen. Und zwar nicht nach dem Motto »gut, du hast recht und ich meine Ruhe«, sondern mit dem Gedanken: »Warum mache ich ihm nicht mal die Freude …?«.

Fangen wir immer wieder klein an. Seien wir nachsichtig mit uns – aber nicht nachlässig beim Üben. Bleiben wir dran und nehmen wir uns immer wieder vor, ein wenig besser zu werden in den Königsdisziplinen der christlichen Nächstenliebe. Das Schöne ist: Schon kleine Erfolge fühlen sich oft wie Goldmedaillen an – und zwar für uns ebenso wie für die anderen, deren Herzen wir damit verblüffen. Amen.

12 Alle Predigtlied: GL 457 »Suchen und fragen«

13 Alle Glaubensbekenntnis: GL 3,4

Gl Wir sprechen gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis.

14 Gl Friedenszeichen

Jesus sagt: Meinen Frieden gebe ich euch. Wo wir diesen Frieden annehmen, wird Hass und Feindschaft überwunden. Geben wir einander ein Zeichen dieses Friedens.

15 Gl Kollekte

Frieden ermöglichen heißt auch: Miteinander teilen … (Ansage des Kollektenzwecks).

16 Alle Lobpreis: GL 670 H

17 Fürbitten

Gl Beten wir gemeinsam zu Gott, dem barmherzigen Vater:

Lek Für die Kirche, in der Menschen leben, die sowohl gut und gerecht als auch böse und ungerecht sind.

Für die Völker der Erde, die unter brutalen und ungerechten Machthabern leiden.

Für die Opfer von Gewalt und Betrug, die sich nach Heilung und Gerechtigkeit sehnen.

Für die Verstorbenen, besonders für jene, die gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden.

18 Gl Vaterunser

Du bist unser Vater, der all unsere Bitten erhört. Wir beten zu dir, wie Jesus es uns gelehrt hat: Vater unser im Himmel …

19 Alle Danklied: GL 402 »Danket Gott, denn er ist gut«

20 Lek Schlussmeditation

Jesus,
wenn du mir sagst: Ich soll meine Feinde lieben,
dann muss ich erst einmal tief durchatmen.
Du hast gut reden, denke ich,
so als Sohn Gottes mit all der Kraft des Heiligen Geistes!

Aber dann fällt mein Blick auf das Kreuz,
dort sehe ich dich hängen,
angenagelt,
nackt,
mit Wunden übersäht
mit Dornen gekrönt.
Warst du nicht auch Mensch?

Jesus,
hilf mir, die Menschen so zu lieben wie du,
erfülle mich mit deinem Heiligen Geist.
Amen.

Helga Jütten

21 Gl Segensbitte

So wollen wir den Herrn um seinen Segen bitten: Der Gott des Lebens, er heilige uns. Er schenke unserem Geist und unserer Seele innere Ruhe und Frieden. – Alle: Amen.

Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf uns herab und bleibe bei uns allezeit. – Alle: Amen.

22 Entlassung

Gl Singet Lob und Preis.

Alle Dank sei Gott, dem Herrn.

Martina Jung

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