Liebe Maria,
dir war im zugigen Stall zu Betlehem bestimmt nicht immer nach Lachen zumute. Ich bin auch nicht sicher, wie es dir mit den besonderen Besuchern erging, die vorbeikamen, um dem Kind ihre Aufwartung zu machen.
Ich nehme an, du hast dich über die Hirten gefreut. Sie waren einfach und praktisch denkende Leute und ihre Gaben konntet ihr bestimmt gut gebrauchen – ein Schaffell (das nehmen wir bis heute als Unterlage für kleine Säuglinge, die es schön warm haben sollen), etwas leckeres Essbares (sonst klappt die Milchbildung nicht) und vielleicht noch die eine oder andere Zugabe, über die in schönen Legenden erzählt wird:
Da bringt ein kleiner Hirte einen großen Räuber mit, für den der geplante Raubzug ein Umkehr-Weg wird. Du siehst ja hinter die Oberfläche und sagst zu dem Hirtenjungen, der bereits unterwegs seine Gaben verteilt hat und ein bisschen traurig dasteht: »Ah – du hast uns einen großen Räuber mitgebracht. Das ist schön!« Und zum Räuber sagst du: »Du könntest ein großer Hirte werden! Du bist so stark!« So bist du, weist auf etwas hin, was sein könnte, ohne Druck auszuüben.
Ein anderer Gast an der Krippe ist das Mädchen, das sich hinter den Hirten herschleicht, weil es ebenfalls wissen will, woher dieses Leuchten in der Nacht kommt. Und weil sie nichts anderes hat, schenkt sie dem Jesuskind ihr kaputtes Spielzeug, einen Tonvogel, der keine Töne mehr von sich gibt. Und wie wir uns denken können, ist das für den künftigen Heiland keine echte Herausforderung. In seinen Händchen beginnt der Vogel zu singen und fliegt schließlich mit einer verheißungsvollen Melodie davon.
Eine lustige Geschichte haben wir selbst erlebt, als einem Mädchen, das neu in der Gemeinde war, die ehrenvolle Aufgabe zukam, das Evangelium vom Besuch der Weisen an der Krippe vorzutragen. Sie kannte die Geschichte offenbar und las ganz frei, bis die Geschenke aufgezählt wurden, die der Heiligen Familie überbracht wurden: »Gold, Weihrauch und…«, sie stockte, sah verwirrt auf und ergänzte die Aufzählung so, wie sie sie alle Jahre wieder gehört hatte: »…Möhren.« Die sich ausbreitende Heiterkeit war einem Geburtstagsbesuch durchaus angemessen. Sie selbst brauchte einen Moment, um mitlachen zu können. Möhren – ein sinnvolles Geschenk für ein kleines Kind! Sie halten gesund und liefern Vitamine! Manchmal sind Verhörer eine gute Alternative!
Das Allerwichtigste für dich, liebe Mutter Maria, war bestimmt, dass die Menschen Anteil nahmen an dem Wunder, das sich in jeder Geburt ereignet. Der Besucher selbst ist wichtiger als seine Mitbringsel. Die gemeinsame Freude, das Mitgefühl ist das größte Geschenk. Lass mich daran denken bei Geburten und Familienfeiern, Krankheiten und Sterbefällen.
Wenn es passt, bringe ich Möhren mit oder gesunden Möhrensaft, leckeren Möhrenkuchen und vielleicht sättigenden Möhren-Kartoffel-Eintopf!
Viele Grüße!
Deine Freundin
Regina Groot Bramel