Ein Projekt zum Thema HygieneUnsichtbare Wesen sichtbar machen

Sie sind überall – die sogenannten Krankheitserreger wie Keime, Bakterien und Viren. Auf Petrischalen kann ihre Entwicklung beobachtet und bestaunt werden. Von tückischen Kleinstwesen und schmutzigen Händen.

Unsichtbare Wesen sichtbar machen
© Filmfoto - Pavlo Stavnichuk - iStock-Christine Giesen - Wachtberg

Unsere 5- und 6-Jährigen sprachen beim Händewaschen von Bakterien und Viren. Von ihren Eltern wussten sie, dass man krank wird, wenn man sich nicht die Hände wäscht. Bei genauerem Nachfragen wurden die Kinder unsicher und bewegten sich im spekulativen Bereich. „Wer, wie, was – wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ Den Songtext aus der Sesamstraße griffen wir an dieser Stelle auf und starteten das gruppenübergreifende Projekt „Das Unsichtbare sichtbar machen oder vom Zauber der Keime“. Kann man Bakterien, Viren und Keime sichtbar machen? Was würde passieren, wenn man sich nie waschen würde? Werden Bakterien immer größer, wenn man sie nicht abwäscht? Machen alle Keime krank oder gibt es auch gute? Woher kommen Keime eigentlich, fliegen sie durch die Luft? Wie können wir es schaffen, nicht krank zu werden? Was passiert beim Niesen und Husten? Diesen Fragen wollten die Kinder auf den Grund gehen.

Kleine Angreifer, die auch nützlich sind

Alle Bildungsbegleiter*innen mussten sich zunächst sachkundig machen und die Begriffsbestimmungen von Krankheitserregern recherchieren. Ebenso wichtig war, die didaktische Einheit angstfrei aufzubauen. Keime, Bakterien und Viren sind nicht uneingeschränkt gefährlich. Sie können auch nützlich sein, den Körper stärken und schützen. Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, sind Pilzen, Bakterien und weiteren Mikroorganismen vermehrt ausgesetzt. Folglich wird ihr Immunsystem in wachsendem Maße gefordert und langfristig positiv verstärkt. 1 Hinweise aus Studienergebnissen wie diese werden sicher nicht die erforderlichen Hygienestandards, wie das Händewaschen nach dem Toilettengang, abschaffen. Dennoch animieren sie dazu, das eigene Hygieneverhalten zu reflektieren. Beispielhaft sei hier übertriebene Sauberkeit oder der Einsatz von Desinfektionsmitteln genannt, die eher kontraproduktiv für die Gesundheit von Kindern und Erwachsenen sein können.
Im Team stellten wir bei der Debatte über den „Bauernhof-Effekt“ fest, dass auch wir sehr unterschiedliche Ansprüche und Annahmen mit dem Begriff Handhygiene verbinden. Die Kolleginnen und Kollegen, die Tiere haben, zeigten eine entspanntere Haltung als andere. Allen war jedoch klar, dass wir im Alltag eine Schlüsselfunktion einnehmen und Vorbild sind. Folgende Ziele waren uns wichtig:

  • Neugier wecken
  • Förderung bzw. Sensibilisierung der Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit bei allen täglichen Handhygienemaßnahmen
  • Schulung der Beobachtungsgabe
  • Förderung der Sachkompetenz
  • Lernen mit allen Sinnen
  • Spaß am Ausprobieren und Steigerung der Lernfreude

Hygieneregeln kennenlernen und ritualisieren

Nach kurzer Zeit partizipierten auch die jüngeren Kinder von den Lernprozessen der Älteren, indem sie im Alltag eine Art Bildungsteilhabe erlebten. Das bedeutet, dass sie durch die Interaktion mit ihnen in Lern- und Handlungsprozesse eingebunden waren. Eine große Themenwand, die die pädagogischen Fachkräfte zusammen mit den Kindern ständig ergänzten, forderte auch die nicht am Projekt beteiligten Kinder immer wieder zum Dialog auf. Wer wäscht sich gerne die Hände? Wann und warum? Wie oft, wie lange, womit? Den Kindern fiel es leicht, eigene Ideen und Theorien zu entwickeln. Daraus entstanden freie und angeleitete Angebote und Impulse:

  • Kreativangebote zum Thema: Vordrucke, Vorlagen, aber auch freies kreatives Arbeiten
  • Kinder entwickeln ihre eigenen Regelschilder für den Waschraum und andere Bereiche
  • Bewegungsangebote – Umgestaltung bekannter oder Erfinden neuer Angebote, die das Thema Hygiene, Bakterien und Keime aufgreifen
  • Bilderbuchbetrachtungen
  • Umschreiben von Liedern im Sinne des Themas
  • Besuch einer Arztpraxis unter Betrachtung der dortigen Hygienestandards. Sieht es dort anders aus als in der Kita?
  • Baden der Puppen aus der Puppenecke
  • Experimentieren mit dem Experimentierkoffer (z. B. Schmutz sichtbar machen)
  • Kontaminierung der Petrischalen
  • Experimentieren mit verschiedenen Seifen und anderen Waschmitteln: Wie fühlt es sich an, mit einem Stück Seife die Hände zu waschen? Wie fühlt sich im Vergleich dazu Textilwaschpulver, Zahnpasta, Schmierseife, Kernseife, Flüssigseife oder Rasierschaum an? Die Hygieneartikel können im trockenen und nassen Zustand erforscht werden. Wie riecht welche Seife? Welche Seife macht die schönsten Blasen? Werden die Hände sauber? Herstellen einer eigenen Seife.2

Das Gesundheitsamt Siegburg war unser Kooperationspartner und stellte Projektmaterial und einen Experimentierkoffer zur Verfügung, der neben einem Bilderbuch auch ein UV-Licht mit einer fluoreszierenden Emulsion enthielt, die Schmutz sichtbar machte.3 Das motivierte die Kinder, das richtige Händewaschen zu üben. Wir waren erstaunt, wie viele abwechslungsreiche Möglichkeiten sich eröffneten, das Thema Handhygiene für den Elementarbereich ganzheitlich zu gestalten. Neben dem Händewaschen wurden auch niesen, husten und aus anderen Bechern trinken thematisiert.

Bakterien, Viren und geplatzte Wolken

Die nachhaltigste Erfahrung war die Beobachtung der angelegten Kulturen in Petrischalen4. Die Agarschicht der Petrischalen wurde von den Kindern in unterschiedlicher Weise infiziert. Zum Beispiel wurde eine Hand nach dem Toilettengang nicht gewaschen, die andere sehr gründlich, in die nächste Hand wurde kräftig gehustet. Entsprechend der jeweiligen Kontaminierung wurden die Schalen auf der Rückseite beschriftet und danach versiegelt, damit zum einen nichts in die Petrischale eindringen und zum anderen nichts Schädliches austreten konnte. Wir umwickelten jede Schale mehrfach mit stabiler Frischhaltefolie. Die Entwicklungsstadien der Keime konnten dennoch gut beobachtet werden. Nach etwa einer Woche waren erste Veränderungen zu beobachten. Es entwickelten sich die bizarrsten Gebilde. Beim genauen Hinsehen konnten die Kinder viele Farben, von Weiß, Rot, Grün bis Schwarz, erkennen. Die Formen sahen wie geplatzte Wolken, Blumen, kleine Käfer oder Watte aus. Die Petrischalen stellten wir im Eingangsbereich aus. Es war interessant zu beobachten, wie lange Eltern gemeinsam mit ihren Kindern täglich vor den Schalen verweilten und sich austauschten. Kommentare von „Iihhh“ bis „Oh, wie schön“ waren gleichermaßen vertreten.
Während der Wachstumsphase der Keime fragten die Kinder häufig: „Welche sind meine?“, als wären sie ein Teil von ihnen. Diese Identifizierung führte zu einer fast emotionalen Beziehung zu den Gebilden. 

Übertragungswege sichtbar machen – ein Versuch

Die Übertragungswege der Keime durch Hände kann sehr gut sichtbar gemacht werden, indem sich die Kinder ihre Handflächen üppig mit Mehl bestäuben. Mit ihren Mehlhänden (Bakterienhänden) geben die Kinder anderen Kindern die Hand. Das Mehl bleibt haften und zeigt, wie Bakterien übertagen werden. Das Experiment kann auf Gegenstände, Türklinken und vieles mehr ausgeweitet werden und garantiert einen hohen Spaßfaktor. Die Kinder lernten Verhaltensregeln zur täglichen Hygiene kennen und gelangten zu diesen Erkenntnissen:

  • Bakterien, Viren und Keime können krank machen, aber sie sind auch wichtig, um den Körper zu stärken.
  • Keime sind überall und für das Auge unsichtbare Lebewesen.
  • Mit regelmäßigem Händewaschen kann man es schaffen, Keime abzuwaschen, selbst gesund zu bleiben und andere zu schützen.
  • Andere anhusten oder anniesen – nein, danke. In die Armbeuge niesen und husten kann schützen.
  • Es gibt mehr Keime als Menschen auf der Welt. Keime sehen sehr schön aus, wenn man sie sichtbar macht.
  • Händewaschen ist wichtig.

Fazit

Unser MINT-Bildungsangebot war von großer Nachhaltigkeit geprägt, da es im Alltag der Teilnehmenden ansetzte und situationsorientiert umgesetzt wurde. Die Kinder konnten das Gelernte anwenden und in ihren Alltag übertragen. In unserer Gemeinde stellten wir das Projekt im Rahmen der kommunalen Gesundheitstage vor. Solche und ähnliche Formen der Öffentlichkeitsarbeit sensibilisieren hinsichtlich unseres Bildungsauftrages, zudem auch dafür – für manche Außenstehenden überraschend –, dass naturwissenschaftliche Themen dazugehören. 

Übertragungswege sichtbar machen – ein Versuch

Die Übertragungswege der Keime durch Hände kann sehr gut sichtbar gemacht werden, indem sich die Kinder ihre Handflächen üppig mit Mehl bestäuben. Mit ihren Mehlhänden (Bakterienhänden) geben die Kinder anderen Kindern die Hand. Das Mehl bleibt haften und zeigt, wie Bakterien übertagen werden. Das Experiment kann auf Gegenstände, Türklinken und vieles mehr ausgeweitet werden und garantiert einen hohen Spaßfaktor. 

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