Bedürfnisorientiertes Miteinander von Kita und Familie

Bei der Zusammenarbeit von Kita und Familie haben Fachkräfte die Aufgabe, die Bedürfnisse aller zu berücksichtigen – der Kinder, Familien und des pädagogischen Teams. Dazu braucht es Respekt, aber auch Vertrauen. Schließlich geht es allen um ein gemeinsames Ziel: das Wohl des Kindes.

Kinder ganzheitlich begleiten

Ob Krippe, Kita und Kindertagespflege: Die Zusammenarbeit von pädagogischen Fachkräften mit den Eltern spielt eine zentrale Rolle. Wie das Kind die Welt um sich herum kennenlernt und sich neuen Erfahrungen gegenüber öffnet, bestimmt nicht nur eine Bezugsperson. Für eine ganzheitliche Entwicklung braucht es alle: die leiblichen Elternteile und/oder Adoptiv- und Pflegeeltern, Partner:innen der Elternteile, andere nahestehende Bindungspersonen und professionelle Bezugs- und Betreuungspersonen.1

„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ (Afrikanisches Sprichwort)

Eine Frage des Respekts

In der Zusammenarbeit von Fachkraft und Familie geht es immer um eine gute Balance von Achtung und Einfühlungsvermögen, Nähe und Abgrenzung. Die Grundlage dafür ist der Respekt füreinander. Während pädagogische Fachkräfte Bindungspersonen auf Zeit sind, begleitet die Familie das Kind meist bereits seit seiner Geburt. Sie sind die primären Bezugspersonen. Denn in der Regel gilt:

  • Die Familie ist Teil seines Lebens, lange bevor das Kind in die Kita kommt. 
  • Die Familie ist für das Kind verantwortlich, wenn die Kita schon längst nicht mehr aktiver Teil seines Lebens ist.2

Dadurch sind Familien die wichtigsten Partner:innen für Fachkräfte in Krippe, Kita und Kindertagespflege. Als Pädagog:innen sind wir es den Kindern schuldig, ihren Bindungspersonen und gegenüber Wertschätzung und Respekt entgegenzubringen – unabhängig von Person, Herkunft und Religion.


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Rechtlicher Exkurs: Zusammenarbeit von Kita und Familie

Die Zusammenarbeit von Kita und Familie ist gesetzlich festgeschrieben. Laut § 1(3) Nr. 3 SGB VIII sollen Krippe, Kita und Kindertagespflege „Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen“.
Nach § 22a SGB VIII haben Träger der öffentlichen Jugendhilfe zusätzlich dafür zu sorgen, dass die pädagogischen Fachkräfte mit den Erziehungsberechtigten „zum Wohl der Kinder und zur Sicherung des Erziehungsprozesses“ zusammenarbeiten. Der § 22 SGB VIII führt aus,

  • dass die Erziehungsberechtigten an wesentlichen Angelegenheiten, die ihre Kinder betreffen, zu beteiligen sind.
  • dass die Fachkräfte das Angebote pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien ausrichten müssen.3

 

Elternarbeit, Partnerschaft oder Zusammenarbeit? 

Kitas wählen verschiedene Begriffe für das Miteinander mit den Familien. Welcher beschreibt den Anspruch und die tatsächliche Zusammenarbeit am besten?

1. Elternarbeit
In der Praxis taucht immer wieder der Begriff Elternarbeit auf. Doch dieser Begriff ist zu eng gefasst. Schon lange kümmern sich nicht mehr ausschließlich Eltern um die Kinder. Die Familien sind vielfältiger und facettenreicher geworden. Mit „Eltern“ hingegen wird oft vorrangig ein sehr traditionelles Familienkonstrukt verbunden – bestehend aus Mutter und Vater.

2. Bildungs- und Erziehungspartnerschaft
Mittlerweile hat sich der Begriff der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in Theorie und Praxis etabliert. Das Konzept verspricht eine gute Zusammenarbeit zwischen primären Bindungspersonen und pädagogischen Fachkräften. Es umfasst „Kooperation, Offenheit, Austausch und Gleichberechtigung“4 .
Im Unterschied zur Elternarbeit steht bei der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft das Miteinander auf Augenhöhe im Vordergrund. Pädagogische Fachkräfte und Familien begegnen sich partnerschaftlich und bringen ihre unterschiedlichen Kompetenzen gleichberechtigt in die Entwicklungsbegleitung mit ein.
Genau hier lauert aber häufig ein Problem: Eine gelingende und vertrauensvolle Bildungs- und Erziehungspartnerschaft ist auf das gleichwürdige Interesse und gleichwertige Engagement beider Seiten angewiesen. Wird in einem Team eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft angestrebt, sollten sich die Pädagog:innen deshalb zunächst untereinander und auch mit den Familien darüber verständigen, was im Einzelnen unter dieser „Partnerschaft“ zu verstehen ist.

3. Zusammenarbeit mit den Familien
Einige Einrichtungen entscheiden sich aus diesem Grund dafür, die Zusammenarbeit mit den Eltern als solche zu beschreiben. Sie benennen ihr Miteinander dann konkret als „Zusammenarbeit mit den Familien“. Diese setzt keine perfekte Partnerschaft voraus. Zugleich schließt sie diese aber auch nicht aus.
Der Begriff legt den Fokus auf die Anerkennung der unterschiedlichen Rollen und Perspektiven von Fachkräften und Familien. Das ermöglicht eine flexiblere Anpassung an die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen jeder Familie.

Elternarbeit  Eng gefasster Begriff, der die vielfältigen
 Familiensituationen nicht abbildet
Bildungs- und 
Erziehungspartnerschaft   
 Anspruch überlagert oft die Wirklichkeit
Zusammenarbeit mit
den Familien
 Offener Begriff, der eine echte Partnerschaft nicht
 ausschließt, aber die individuellen Bedürfnisse anerkennt

Einander vertrauen statt Mauern bauen

Die Entscheidung für den Begriff Zusammenarbeit unterstreicht die Vielfalt der Beziehungen. In der modernen Bildungswelt, die von kultureller Vielfalt und unterschiedlichen familiären Strukturen geprägt ist, bietet die Betonung der Zusammenarbeit eine inklusive Herangehensweise. Sie fördert den respektvollen Austausch von Wissen, Erfahrungen und Ressourcen zwischen Kita und Familie, um gemeinsam zum Wohl des Kindes beizutragen.
Diese bedürfnisorientierte Zusammenarbeit ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen und erfüllenden Arbeit mit den unterschiedlichsten Familien. In jedem Fall darf sie nicht heißen, dass das Kita-Team seine eigenen Bedürfnisse zurückstellt oder seine Meinungen aufgibt. Vielmehr bedeutet ein echtes Miteinander:

  • gemeinsam nach Lösungen suchen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind
  • zuzuhören, zu verstehen und einfühlsam zu handeln, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen
  • einander zu vertrauen, statt Mauern zu bauen

Nur so können sich alle in der Kita wohlfühlen und miteinander wachsen.

 

Anja Cantzler ist Diplom-Sozialpädagogin, Coach (DGfC), Supervisorin (DGSv) und freiberufliche Referentin in der Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften sowie Autorin.

Ihr Buch Einander vertrauen statt Mauern bauen ist hier im Shop erhältlich.

 


 

Vgl. Roth, X. (2022): Handbuch Zusammenarbeit mit Eltern. Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in der Kita. Freiburg: Herder, S. 36.
2 Vgl. Leitner, B. (2020): Gewaltfreie Kommunikation in der KiTa. Wertschätzende Beziehungen gestalten – zu Eltern, Kindern, im Team. Paderborn: Jungfermann, S. 145.
Vgl. Kallfaß, A. (2021): Interaktion zwischen frühpädagogischen Fachkräften und Eltern in der Kindertagesstätte. Eine rekonstruktive Analyse professionalisierter Praxis. Dissertation Freie Uni Berlin. Wiesbaden: Springer VS, S. 35 ff.
4Ebd., S. 20.

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