Bessere Schule durch Bewegung

Wenn Schulen mehr Bewegung zulassen, setzt eine umfassende positive Entwicklung ein: die Lernbereitschaft steigt, das Schulklima bessert sich, die Schulgemeinschaft wird gestärkt. Gerade Ganztagsschulen sollten das nutzen. Dabei kann man mit ganz einfachen Schritten anfangen.

1. Bewegung als Motor für alles 

Wo immer wir auf der Welt schauen: Kinder bewegen sich. Bewegung führt zu einer guten motorischen, kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklung und sorgt ein Leben lang für Gesundheit und Wohlgefühl. Wohlgefühl wiederum ist die wichtigste Voraussetzung für angstfreies und effektives Lernen.  

Dass Bewegung wirkt, hat die Hirnforschung vielfach gezeigt. Viele Schulen wollen sie nutzen und haben Bewegungsimpulse oder eine Extrastunde Sport eingeführt. So reizvoll und wirksam diese Interventionen sind – sie reichen nicht aus. Wenn wir gesundes Aufwachsen und gutes Lernen sichern wollen, dann brauchen wir Bewegung als Grundprinzip. Körperliche Aktivität muss ein selbstverständlicher Teil des Schullebens sein, keine ‚Zusatzveranstaltung‘. Das gilt insbesondere für Ganztagsschulen, an denen jungen Menschen den überwiegenden Teil ihrer Wachzeit verbringen.  

2. Der erste Schritt: Stärken anschauen 

Doch wie kommt man nun zu mehr Bewegung an der Schule? Schritt 1 ist, einmal den eigenen Schulbetrieb durch die Bewegungsbrille anzuschauen:  

  • Werden die Schulwege zu Fuß, mit Roller oder Fahrrad bewältigt?  
  • Macht das Ankommen an der Schule Freude auf den ganzen Tag? 
  • Laden die Räume als „heimliche Lehrmeister“ dazu ein, sich auszuprobieren und Neues zu erfahren?  
  • Eignen sich die Außenräume zum Toben, Klettern oder Verstecken?  
  • Wie viel Unterricht ist ans Sitzen gekoppelt? Dürfen Schülerinnen und Schüler auch im Stehen arbeiten, etwas im Gehen auswendig lernen oder individuelle Minipausen machen? 
  • Gibt es einen guten Wechsel von Frontalsituationen und selbstgesteuertem Lernen?
  • Wie viel Bewegung bietet der Nachmittag?  

Schon der Umstand, sich bewusst anzusehen, wie bewegungsnah oder -fern Schule in diesem Sinn organisiert ist, kann deutlichen Bewegungszuwachs erzeugen. Im nächsten Schritt lohnt es, an den eigenen Stärken anzusetzen und Aufgaben zu definieren. Welche Bereiche wollen wir vertiefen? Worauf lenken wir mehr Aufmerksamkeit? Führen wir beispielsweise einen Bewegungspass ein, mit dem Kinder, die zu Fuß, mit dem Rad oder Roller zur Schule kommen, Punkte sammeln? Setzen wir mehr Bewegungseinladungen in den Schulhof?  

3. (Zeit-)Räume nutzen 

Schulgebäude und Schulunterricht sind ursprünglich vom Sitzen her geplant worden. Inzwischen haben wir aber andere Ausgangslagen und Anforderungen: Immer mehr Kinder leiden unter chronischen Bewegungsmangel mit all seinen Folgen, sie zeigen Konzentrationsschwächen und andere Lernschwierigkeiten. Gleichzeitig wächst die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Ganztag, was heißt, dass Schule nun vergleichbare Entwicklungsräume schaffen muss, wie sie auch außerschulisch zu finden sind. Denn Kinder lernen immer, nicht nur im Unterricht.  
Wie passt man nun aber Räume, die unter ganz anderen Voraussetzungen geschaffen worden sind, an diese Herausforderungen an?  

  • Machen Sie eine Bestandsaufnahme aller nicht genutzten Räume und Zwischenräume und überlegen Sie sich, wie diese für Bewegung und Entspannung genutzt werden können. 
  • Innenräume wie Verbindungswege, die Eingangs- oder Pausenhalle lassen sich verhältnismäßig rasch zu Bewegungs- und Entspannungsorten umbauen. Zwei Beispiele sind Hangelhaken an der Decke im Flur oder Bouldergriffe an der Wand. 
  • Kellerräume können zum ‚Fitnessstudio‘ umgestaltet werden, leerstehende Aufenthaltsräume zur Entspannungsoase.
  • Entdecken Sie die Außenräume neu. Viele Schulen beklagen Platzmangel. Haben Sie bereits die Möglichkeiten, die Außenflächen bieten, mit bedacht? 
  • Betrachten Sie auch Zeiträume: Frei- oder Vertretungsstunden können einfach für Bewegung genutzt werden, wenn eine Aktiv-Box in der Nähe steht: Darin lagern Bälle, Seile, Gummibänder, Jongliermaterial; für draußen eignen sich auch Kreide, Federball- und Tennisschläger, Stelzen und weitere Kleingeräte aus dem Bestand der Schule. 

Eine Schule, die das Prinzip des Lebens, die Bewegung, wirklich zum Motor machen will, wird um eine gute Rhythmisierung nicht herumkommen. Sie wird den Stundenplan so gestalten, dass Lern- und Freizeit, An- und Entspannung, Produktivität und Erholung in einem guten Verhältnis zueinanderstehen. Sie wird das forschende, individualisierte Lernen an verschiedenen Orten in den Mittelpunkt stellen und den Unterricht im guten Wechsel von Frontalsituationen und selbstbestimmtem Lernen gestalten. Sie wird den gesamten Schultag als Lernszenario begreifen und nicht nur das absichtsvolle Lernen im Unterricht.  

4. Gesunde Schulentwicklung mit dem Räderwerk  

Authentische, motivierte pädagogische Fachkräfte können entscheidend dazu beitragen, dass Kinder sich zu bewegten und bewegungsfreudigen Menschen entwickeln. Im heutigen System haben jedoch viele Lehrende das Gefühl, sich schützen zu müssen, um gesund zu bleiben. Es gilt also zuvorderst, das Kollegium zu stärken und gezielt für Entlastung zu sorgen, wenn man sich auf den Weg zur Bewegten, gesunden Schule macht.  
Mit dem ‚Räderwerk‘ hat die ‚Bewegte, gesunde Schule Niedersachsen‘ ein praktikables Steuerungsmodell geschaffen, um Schulentwicklung ohne Überlastung voranzubringen. Es wurde inzwischen vielfach übernommen. Das Räderwerk geht davon aus, dass sich sämtliche Aktivitäten einer Schule in insgesamt drei Handlungsfelder einteilen lassen:  

  • Lern- und Lebensraum Schule 
  • Lehren und Lernen 
  • Schule steuern und organisieren 

Es reicht, diese drei Handlungsfelder auf einem Plakat als Räderwerk zu visualisieren, und dann die Ideen jeweils zuzuordnen. Anschließend werden Ziele, Zeiträume oder Zuständigkeiten ergänzt. Da das Vorhaben nun klar visualisiert ist und Aufgaben einem „Workstream“ zugeordnet sind, steigt die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung. Viele Schulen, die damit gearbeitet haben, schätzen, wie ressourcenorientiert das Räderwerk ist und dass es Aufgaben handhabbar macht. 

5. Netzwerke nutzen 

In Sachen Bewegung sind wir in Deutschland bestens versorgt: Sportvereine, Kletterhallen, Tanzschulen, Kampfsportschulen, Hochseilgärten, Eishallen, Fitness-Trails, Pumptracks und vieles mehr. Ohne es direkt zu wissen, sind Schulgemeinschaften über ihre pädagogischen Fachkräfte, Eltern oder Schülerinnen und Schüler mit zahlreichen dieser Akteure verbunden. Es lohnt sich, dieses unsichtbare Netzwerk sichtbar zu machen und in Win-Win-Situationen zu nutzen. 

  • Schnuppermöglichkeiten für verschiedene Sportarten oder Geräte, etwa auf Schulfesten, in Mittagspausen oder Kurzkursen.  
  • Auftritte von Vereinen und anderen Anbietern auf Schulfesten 
  • Längerfristige Kooperationen mit Stiftungen, Krankenkassen oder Vereinen, etwa Integrationsprojekte, Gesundheits- und Fitnessprogramme oder ein Sportangebot übers gesamte Jahr hinweg. 
  • Ferienschwimmkurse mit der DLRG
  • Spendenläufe und Kooperationen mit Vereinen 

Hermann Städtler ist Schulleiter der Fridtjof-Nansen-Schule in Hannover und Projektleiter vom Projekt „Bewegte Schule“ des niedersächsischen Kultusministeriums. Außerdem setzt er sich ehrenamtlich als Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung e. V. (BaG) bundesweit für Initiativen zur Bewegungsförderung im vorschulischen und im schulischen Bereich ein.  

Hermann Grams ist freiberuflicher Moderator, Lernbegleiter und Trainer in Bildungsfragen sowie Familylab-Seminarleiter nach Jesper Juul. Zuvor arbeitete der Sportwissenschaftler und Sonderpädagoge unter anderem viele Jahre als Leiter der Akademie des Sports des LandesSportBunds Niedersachsen. 

 
Ihr Buch Bewegung bringt’s. Erfolgreich lernen in der Ganztagsschule ist hier im Shop erhältlich. 

 

Einen Augenblick ...
 

Wir haben diesen Titel auf dem Bestellformular für Sie eingetragen

Weitere Titel einkaufen

Zum Bestellformular

Ein Fehler ist aufgetreten.

Bitte haben Sie einen Augenblick Geduld.
 
Weiter shoppen Zum Warenkorb Sie haben einen Artikel in den Warenkorb gelegt. Weiter shoppen Zur Registrierung Sie müssen registriert sein, um die Merkliste nutzen zu können.

Artikel

Ausgabe

Einzelpreis

Menge

Gesamtpreis

Produktbild