Besonders Frauen über 35 haben häufig Probleme mit ihrem Gewicht. Wir möchten schlank sein oder bleiben, tun auch viel dafür, aber es stellen sich eher Albträume als die Traumfigur ein. Woran liegt das? Wird der Stoffwechsel mit der Zeit immer träger?
Helga Mertens: Der Stoffwechsel wird nicht einfach immer träger, darauf können wir Gewichtsprobleme nicht schieben. Aber Frauen sind nun mal „hormonell gesteuert“: Hier sind zwei Systeme von besonderer Relevanz: einmal die Schilddrüse, die unseren Grundumsatz steuert und unsere Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Schilddrüsen-Fehlfunktionen finden sich bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Nichtsdestoweniger sind aber die meisten Fälle von Übergewicht selbst gemacht, durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung.
Übergewicht ist heutzutage kein seltenes Phänomen. Was sind die großen Fehler bei der Ernährung?
Zucker, Zucker und nochmals Zucker! Aber auch Getreide: Getreide – und damit unsere „Lieblinge“: Pizza, Pasta, Reis, Mais, Nudeln, Kartoffeln, Brot, also alles das, was uns besonders gut schmeckt! Getreide besteht aus Stärke – und Stärke ist eine andere sehr kompakte Speicherform von Kohlehydraten: das heißt, genau wie beim Zucker hat unser Körper nur sehr wenig Arbeit damit, diese Stärke zu verstoffwechseln. Das führt zu einem raschen Blutzuckeranstieg und damit zur verstärkten Ausschüttung von Insulin. Insulin ist das Schlüsselhormon schlechthin: unter erhöhten Insulin-Spiegeln ist keine Fettverbrennung möglich!
Viele Menschen geraten beim Abnehmen in die Falle des Jojo-Effektes. Sie hungern sich einige Zeit radikal runter und bekommen dann Heißhunger und Essattacken. Wie kann man sich davor schützen? Oder anders gefragt: Wie kann man gesund abnehmen, um das Wunschgewicht zu halten und dauerhaft schlank zu sein?
Bei einer radikalen Hungerkur empfindet unser Körper diese Situation als echten Notfall! Das bedeutet: wenn Sie wieder normal essen, ist unser Körper so glücklich, diese saure Gurkenzeit überstanden zu haben, dass er nichts mehr von sich her gibt: die Pfunde bleiben buchstäblich an Ihnen kleben. Man kann auf Dauer nur gesund abnehmen, wenn man sich richtig ernährt, das heißt, mit Lebensmitteln, die den Blutzucker- und Insulinspiegel nicht in die Höhe treiben: langkettige Kohlehydrate, hochwertige Eiweiße und Fette. Dabei ein Wort zu den so genannten Light oder Diätprodukten: Unsere Bauchspeicheldrüse kann nicht unterscheiden zwischen richtigem Zucker und Zuckerersatzstoffen, das heißt sie schüttet in jedem Fall Insulin aus. Und noch mal: unter erhöhten Insulinspiegeln ist keinerlei Fettverbrennung möglich.
Was gehört zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung? Was sind absolute Tabus?
Zunächst ist es einmal wichtig, dass Sie „eindeutige“ Lebensmittel kaufen. Eine Scheibe roher Schinken ist zum Beispiel eindeutig, ein Leberkäse nicht: Sie wissen nicht, welche Abfälle in solchen Produkten verarbeitet werden. Das Gleiche gilt für Fisch: kaufen Sie richtigen Fisch und keine Fischstäbchen!
- Hochwertige Eiweiße finden wir in Form von Rind, Kalb, Lamm, Wild, Fisch aus tiefen, kalten Gewässern wie Lachs, Thunfisch, Hering und Kabeljau: diese Fische enthalten sehr viele hochwertige Omega 3 Fettsäuren. Außerdem in Milch, Milchprodukte, Eier, Käse, aber auch alle Hülsenfrüchte, wie Linsen und Bohnen.
- Langkettige Kohlehydrate bieten Salat, Gemüse, Obst.
Es gibt auch keine Tabus. Faustregel ist: Reduzieren Sie die Sättigungsbeilagen, also Pizza, Pasta, Mais, Reis, Nudeln, Kartoffeln, Brot. Es spricht auch nichts gegen ein Stück Schwarzwälder-Kirschtorte – nur halt nicht jeden Tag! Es gilt nach wie vor: „Die Dosis macht das Gift!“
Inwiefern tragen eine gesunde Ernährung und die damit einhergehende Gewichtsreduktion auch zum mentalen Wohlbefinden bei?
Körper, Geist und Seele sind eine Einheit: Verschiebungen in einem dieser Bereiche haben immer auch Einfluss auf die anderen. Wer sich wohl fühlt, hat einen positiven Energiefluss und einen anderen Grundumsatz. Negative Gedanken blockieren diese Energien und senken den Grundumsatz.
Über die richtige Ernährung haben wir den größten Hebel für einen ausgewogenen Stoffwechsel und damit ein ausbalanciertes Hormonsystem: Fett, hier vor allem Bauchfett tendiert dazu, Hormone einzulagern. Ungleichgewichte im hormonellen System können immer auch zu seelischen Problemen führten.
Körpergewicht zu verlieren erfordert eiserne Disziplin und den Verzicht auf all die schönen leckeren Dinge. Das führt irgendwann zum Heißhunger auf Schokolade und Co. Wie kann man sich davor schützen? Muss man gänzlich auf Süßigkeiten verzichten, wenn man schlank sein will?
Heißhunger-Attacken werden immer gesteuert und getriggert durch Zucker. Wenn Sie zum Beispiel die Tafel Schokolade oder Ihren Schoko-Riegel essen, haben Sie sofort einen hohen Blutzuckerspiegel. Als Reaktion darauf schüttet die Bauchspeicheldrüse sofort Insulin aus, manchmal auch zu viel: dann kommen Sie in einen Zustand des Unterzuckers, der die nächste Heißhungerattacke auslöst. Ein echter Teufelskreis also, den Sie nur durchbrechen können, wenn Sie zunächst etwas Gesundes essen, also Nahrungsmittel, die den Blutzuckerspiegel nicht nach oben schnellen lassen. Wenn Sie dann etwas Süßes sozusagen als Nachtisch zu sich nehmen, bleibt die Insulinkurve flach und triggert nicht die nächste Heißhungerattacke.
Die Botschaft ist also: Sie müssen nicht komplett auf Süßigkeiten verzichten; „gewusst wie“ heißt die Devise!
Abnehmen fängt im Kopf an, wie man so schön sagt. Viele Menschen haben ein großes Stück Arbeit vor sich, deswegen mangelt es oft an der Motivation, anzufangen. Was ist Ihr Tipp, Frau Mertens, – wie bekommt man den Startschuss hin?
Das wichtigste ist der richtige Ansatz: Formulieren Sie positiv „Ich entscheide mich bewusst für Gesundheit und Schlankheit“ und nicht „Ich muss jetzt eine Diät machen“. So ein Gedanke ist absolut negativ besetzt und flutet unser Unterbewusstsein mit negativer Energie. Leider ist unser Unterbewusstsein für negative Aussagen sehr empfänglich. Aber ebenso können Sie es mit einer positiven Nachricht beeinflussen. Also überlegen Sie sich genau, was Sie sich in den Kopf setzen: auf jeden Fall etwas Gutes, Angenehmes, Verlockendes!
Helga Mertens ist Heilpraktikerin und leitet eine Praxis für Naturheilkunde in der Nähe von Frankfurt am Main. Zu ihren Behandlungsschwerpunkten gehören Stoffwechsel und Ernährung, Schmerz- und Lymphtherapie, Immunsystem, Allergiebehandlung, Biologische Krebstherapie und die Behandlung emotionaler Beschwerden. Zu diesen Themenbereichen hält Helga Mertens regelmäßig Vorträge im Main-Taunus-Kreis. Mehr erfahren Sie auf der Homepage von Helga Mertens.