Wie Angst entsteht
Angst ist eines der menschlichen Grundgefühle, zu denen auch Traurigkeit, Wut und Freude gehören. Sie ist evolutionär bedingt und soll helfen, uns vor Gefahren zu schützen.
Schon während der Entstehung im Mutterbauch versieht unser Organismus jedes Erlebnis und jede Erfahrung mit einem somatischen Marker. Dies ist ein diffuses Körpergefühl. Wenn wir zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine ähnliche Situation erleben, dann schickt uns unser Körpergefühl in Millisekunden eine Bewertung: entweder „mag ich“ oder „mag ich nicht“. Diese Information kann im Moment einer Gefahr entscheidend sein. Oder auch für das Überleben, wenn es gilt, eine Chance zu ergreifen.
Körperliche Anzeichen von Angst
Die Körpergefühle, die mit Angst einhergehen, sind individuell, so zum Beispiel:
- Schweißige Hände
- Kloß im Hals
- Druck auf der Brust, schweres Atmen
- Ein Engegefühl
- Pulsrasen
- Herzklopfen
- Muskelkontraktion
- Kopfdruck
Manche Menschen werden aggressiv. Da unsere Psyche auf unseren Körper wirkt und umgekehrt auch unser Körper auf unsere Psyche einen Einfluss nimmt, kann Entspannung von beiden Richtungen aus erfolgen. Wenn wir bewusst unseren Körper entspannen, dann entspannt sich auch unsere Psyche. Und wenn wir es schaffen, unsere Gedanken zu beobachten und uns mit Ressourcen zu stärken, dann kann sich unser Körper regenerieren.
Stresshormone machen hellwach
Die Angst-Körpersignale helfen uns dabei, im Falle einer Gefahr konzentriert und schnell zu sein. Stresshormone werden ausgeschüttet, unser Herz schlägt schneller und unsere Muskeln spannen sich an. Nach dieser Stressphase stellt sich normalerweise wieder Entspannung ein.
Für das Gehirn spielt es übrigens keine Rolle, was der Angstauslöser ist, ob wir uns in einer konkreten Bedrohungssituation, zum Beispiel in einem brennenden Haus oder vor einer giftigen Schlange, befinden oder ob wir Zukunfts- oder Beziehungsangst haben. Wir erleben Angst immer im „Hier und Jetzt“. Um uns zu beruhigen, können wir uns fragen: Was bedroht mich in diesem Moment ganz konkret?
Prägung in der Kindheit
Wir schauen uns ab, wie unsere Eltern in Belastungssituationen reagieren. Sie können uns
- überbehüten: „Lass das mal, das ist gefährlich. „pass auf!“, „das ist zu viel für Dich!“
- ermutigen: „Das schaffst Du schon!“
- oder überfordern: „Jetzt zier Dich mal nicht so!“
Wie wir mit diesem Erbe umgehen, ist jedoch unterschiedlich, manche werden ängstlich und zögerlich, andere entwickeln eine Trotzhaltung: „Jetzt zeig ich‘s allen erst recht.“ Die Erwartung an die eigene Angstbewältigungskompetenz wird so geprägt. Die Angst entsteht also in unseren Gedanken und Gefühlen.
Viele Menschen befinden sich in Angst-Schleifen. Sie sehen irgendwann überall nur noch Probleme. Wenn es ihnen dann nicht gelingt, zu entspannen, ihre Gedanken zu beobachten und zu hinterfragen, geraten sie immer mehr unter Stress.
Angst hat verschiedene Gesichter
Wir fürchten uns, wenn unsere Bedürfnisse bedroht werden oder dies so scheint. So um Beispiel:
- Grundbedürfnis nach Nahrung, Trinken, Schlaf und Sexualität
- Bedürfnis nach Sicherheit: körperlich und materiell
- Soziale Bedürfnisse (Freundschaft, Liebe, Beziehung, Gruppenzugehörigkeit)
- Bedürfnis nach sozialer Anerkennung (Selbstachtung, Geltung)
- Selbstverwirklichung (Individualität, Gerechtigkeit)
Eine Grundangst der meisten Menschen ist die Angst vor dem Tod. Hier stoßen wir an unsere Grenzen, denn wir können dem Tod nicht entkommen. Es gibt dazu noch eine ganze Menge, was uns Angst machen kann. Hierzu gehören die Angst vor
- Unbekanntem
- Terror und Krieg
- Einsamkeit
- Krankheit
- sozialer Ablehnung und Einsamkeit
- Abhängigkeit
- Versagen
Teufelskreis: Angst als Krankheit
Wenn wir nach einer Stressphase der Angst nicht entspannen, sondern dauernd auf hohem Angstlevel bleiben, kann das krankmachen. Wenn Angst einen im Alltag massiv einschränkt, führt sie zu massivem Leid. Dann entsteht eine Angst vor der Angst. Der Übergang von der normalen Angst zu einer Angststörung ist fließend. Anzeichen für eine pathologische Angst können sein, dass sie
- den Alltag massiv beeinträchtigt
- der Situation unangemessen ist
- chronisch ist
- vom Betroffenen nicht bewältigt werden kann
Diese Ängste können auftreten als:
- Panikattacke
- Phobie (z.B. Angst vor Spinnen, Höhenangst, Klaustrophobie)
- Generelle Angststörung
- Depression
- Posttraumatische Belastungsstörung
Zu den eigenen Ängsten stehen
Resilienz-Coach Monika Gruhl weiß: „Viele Menschen demonstrieren ein positiveres Selbstwertgefühl, als sie es innen wirklich empfinden. Dahinter steht die Angst, so wie sie sind, nicht zu genügen, nicht schön, klug, schlagfertig genug zu sein. Also versuchen sie nach außen ein positiveres Bild von sich zu erzeugen, um gut dazustehen, anerkannt und wertgeschätzt zu werden. Das ist weder schädlich noch verwerflich. Es ist menschlich. Wenn aber die Diskrepanz zwischen dem gefühlten und dem nach außen vermittelten Selbstbild zu groß ist, verhindert die unbewusste Angst vor ‚Entdeckung‘, dass wir entspannt mit eigenen Stärken und Unzulänglichkeiten umgehen.“
Deshalb müssen wir lernen, die eigenen Ängste vor uns selbst zu akzeptieren. Dies ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen werden kann. Haben wir schließlich eine akzeptierende Haltung zu unseren Ängsten aufgebaut, fällt es leichter, sie nicht mehr nach außen hin zu verbergen. Sie werden merken: Wenn Sie gegenüber anderen offen über Ihre Ängste sprechen, werden Sienicht selten auf Verständnis stoßen und Wertschätzung erfahren.