Beziehungskrise: Trennung ja, aber nicht vom Partner

Trennung ist eines der folgenreichsten und teuersten Missverständnisse in Partnerschaften: Viele Paare trennen sich, weil sie etwas verwechseln: Trennung von einem unerträglichen Zustand und Trennung vom Partner beziehungsweise der Partnerin.

Beziehungskrise
Wenn man immer häufiger streitet, dann gerät die Beziehung in die Krise. Dabei sind die Themen, über die man sich in die Haare gerät, oft gar nicht so ausschlaggebend. Sie sind nur ein Symptom dafür, dass die Kommunikation in der Partnerschaft nicht mehr stimmt.© Everypixel.com

Streitthemen: Von Autofahren bis Kindererziehung

Besonders konfliktgeladene Themen in der Beziehung sind zum Beispiel Eifersucht, Probleme mit den Schwiegereltern oder unterschiedliche Ansichten in der Erziehung der Kinder. Ein besonders beliebtes Schlachtfeld bietet die Fahrt im Auto zu zweit. Wer kennt die folgende Szene nicht: „Warum musst du so rasen?!“ „Überhol doch endlich!!“, „Fahr nicht so dicht auf!“ „Dann fahr du doch!!“ Auch eine gut eingespielte Aufgabenverteilung kann urplötzlich einem Härtetest unterliegen, wenn in Sekundenbruchteilen zu entscheiden ist: „Muss ich nun rechts oder links? Schnell!“ „Ich kann nicht zugleich auf die Karte und die Schilder gucken!“

Paarberater Martin Koschorke rät, in solch einer Situation die Ruhe zu bewahren. Dazu sollte man sich zwei Lebensregeln ins Gedächtnis rufen: Erstens: Wer am Steuer sitzt, ist der Chef. Zweitens: Die Welt geht nicht unter, wenn Sie sich mal verfahren. Das wussten schon die Römer: Errare humanum est. Umwege machen das Leben reizvoll.

Hilfe, mein Partner schnarcht

Alt-Paare stehen bisweilen vor dem Dilemma: Getrennt schnarchen oder gemeinsam schnarchen? Meistens hat einer den leichteren Schlaf. Meist auch schnarcht einer lauter. Das monotone und unangenehme Schnarchgeräusch hält den anderen nicht nur vom Schlafen ab, sondern führt auch zu einer langsam aber sicher aufbrodelnden Wutattacke, die sich nicht selten darin äußert, dass der schnarchende Partner mit Fluchen und Schlägen aus dem Schlaf gerissen wird.

Was tun? Ohropax? Gut, aber nicht jeder mag das. Früher ins Bett gehen, damit Sie schon eingeschlafen sind, bevor der andere kommt? Das klappt nicht immer. Bleibt noch der Schlaf in getrennten Räumen. Die Lösung hat natürlich Nachteile, aber Martin Koschorke sagt: „Die Welt, genauer Ihre Beziehung, geht nicht unter, wenn Sie in separaten Zimmern nächtigen. Im Gegenteil: Sie schlafen wahrscheinlich ruhiger. Zusätzliche bietet sich Ihnen allabendlich ein spannendes erotisches Gesprächsthema: Gehen wir zu dir, oder kommst du zu mir?“

Anzeichen für eine Beziehungskrise

Wenn man immer häufiger streitet, dann gerät die Beziehung in die Krise. Dabei sind die Themen, über die man sich in die Haare gerät, oft gar nicht so ausschlaggebend. Sie sind nur ein Symptom dafür, dass die Kommunikation in der Partnerschaft nicht mehr stimmt. Anzeichen für eine Beziehungskrise sin:

  • Sie leben nebeneinander her
  • Es herrscht Sprachlosigkeit zwischen Ihnen
  • Sie verbringen wenig Zeit miteinander
  • Sie sind öfter genervt voneinander

Wann ist es Zeit, sich zu trennen?

Wenn kein Gespräch mehr hilft, wenn alle Möglichkeiten erschöpft zu sein scheinen, dann kann es so aussehen, als gäbe es nur noch einen Ausweg: Wir müssen uns trennen. Der Psychologe Martin Koschorke betrachtet den Wunsch nach Trennung zunächst als ein rotes Warnlicht: „So geht es nicht weiter. Ich bekomme nicht, was ich brauche. Ich komme zu kurz.“ Das ist ein zumeist berechtigter und gesunder Impuls. Der Sinn einer Partnerschaft besteht nämlich nicht darin, unglücklich und unzufrieden zu sein. Der Sinn einer Partnerschaft besteht im Gegenteil darin, zufrieden und vielleicht sogar glücklich zu sein.

Haben Sie schon mal an Trennung gedacht? Oder sogar öfter? Wenn ja, dann sind Sie nicht glücklich und zufrieden in Ihrer Partnerschaft. Und wenn Sie nicht zufrieden oder/und nicht glücklich sind, müssen Sie sich tatsächlich von etwas trennen. Aber nicht von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin, sondern von dem, was Sie unzufrieden und unglücklich macht. Was ist das?

Was der Beziehung fehlt

Möglicherweise hegen Sie Ärger, Wut und Groll von den vielfältigen großen und kleineren Enttäuschungen, die sich zwischen Ihnen und Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin angesammelt haben?

Oder haben sich Kälte, Unachtsamkeit, Eintönigkeit oder Schweigen in Ihre Partnerschaft geschlichen, eine Atmosphäre oder Angewohnheiten, die Sie beide gleichermaßen belastet? Vielleicht geht es Ihnen wie sehr vielen Paaren, dass Sie und Ihr Partner oder Ihre Partnerin keine Zeit mehr füreinander finden?

Oft passiert es auch, dass die Kommunikation aus der Balance gerät. Die sich einst oder noch oder dennoch Liebenden hören nicht mehr aufeinander, sondern überreden sich nur noch oder schreien einander an. Wie ist das in Ihrer Partnerschaft?

Kann es auch sein, dass Sie und Ihre Partnerin oder Ihr Partner sich nicht mehr gegenseitig geben können, was Sie sich einst einander versprochen haben?

Beziehungskrise: Was nun?

Können Sie es benennen, was Sie unzufrieden oder unglücklich macht, was Ihrer Beziehung fehlt? Dann können Sie darüber auch mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin sprechen. Wenn Sie sofort etwas tun, besteht gute Aussicht, dass Sie die Krise überwinden und sich wiederfinden. Wenn Sie zu lange warten, kann es zu spät sein. Wenn Sie alleine nicht weiterkommen, scheuen Sie sich nicht, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei Zahnschmerzen oder einem Herzinfarkt wenden Sie sich ja auch an einen Arzt. Und wenn Sie Ihre Unzufriedenheit oder gar Trennungsgedanken nicht auf Ihren Partner oder Ihre Partnerin beziehen, sondern auf einen unguten Zustand, dann sind Sie bereits auf dem besten Weg zurück ins Glück.

Der Partner wird idealisiert

Schön, intelligent, reich, romantisch und vieles mehr: Die Erwartungen an einen Partner und die Liebe sind häufig völlig realitätsfremd – und gefährden die Beziehung. Wie hoch haben Sie die Messlatte gesetzt?

Nicht nur zu Beginn einer Beziehung erwarten die Partner alles von der Liebe, auch im täglichen Beziehungsalltag sind die Ziele sehr hoch gesteckt: Der ideale Partner muss alle nur denkbaren positiven Eigenschaften besitzen und eine märchenhafte Beziehung ermöglichen.

Die Psychologin und Psychotherapeutin Julia Peirano sieht in den überzogenen Erwartungen die Wurzel des Leidens: „Viele Paare tauschen sich im Vorfeld nicht über ihre Erwartungen aus und setzen einfach stillschweigend voraus, dass der neue Partner ähnlich fühlt, denkt und handelt wie man selbst“, so die Expertin. „Wenn er sich anders verhält, ist man enttäuscht.“ Die Folge: Viele Menschen trennen sich von ihrem Partner, wenn er ihre Erwartungen nicht erfüllt. Und kurz darauf begeben sie sich mit exakt der gleichen oder einer nach oben korrigierten Checkliste erneut auf die Partnersuche: Sie soll auf keinen Fall so unordentlich sein wie meine letzte Freundin; er darf auf keinen Fall so ein Workaholic sein wie mein Exmann ...

Beziehungskrise bewältigen und überwinden

„Wir modernen Menschen trennen uns also von unseren Partnern, aber niemals von unserem Ideal von der Liebe“, sagt Julia Peirano. Deswegen empfiehlt sie, das Traumbild, das wir von unserem Partner, der Ehe und dem Familienleben haben, zu überdenken. Häufig ist es nämlich völlig überzeichnet, widersprüchlich und realitätsfremd. Der Paarberater Michael May bringt die Erwartungen an einen Partner und an die Beziehung auf eine simple Formel: AMEFI. Das heißt: Alles mit Einem für immer und ewig. Doch mit so einer Erwartungshaltung kann die Beziehung nur eines: schiefgehen!

Sich von zu hohen Erwartungen verabschieden

Denn nicht nur derjenige, dessen Erwartungen enttäuscht werden, hat es schwer – auch der Partner, an den ständig hohe Erwartungen gestellt werden, bekommt das Gefühl, den Ansprüchen seines Partners nicht gerecht zu genügen, unzulänglich und fehlerhaft zu sein und durch sein Verhalten den anderen permanent zu verletzten und zu enttäuschen. Da wundert es nicht, dass in Beziehungen, in denen sehr hohe Erwartungen im Spiel sind, Spannungen, Frust und Druck vorprogrammiert sind.

Und wie sieht es bei Ihnen aus? Wie hoch sind Ihre Erwartungen an die Liebe? Julia Peirano lädt Sie nun dazu ein, einige Erwartungen und Trugbilder, die Sie möglicherweise von der Liebe haben, zu hinterfragen und sie Ihrer persönlichen Realität anzupassen.

Ihre persönliche Liebesbilanz ziehen

  • Wie viele glückliche Paare kennen Sie persönlich? Was gefällt Ihnen an diesen Paaren? Was machen Sie richtig?
  • Und wie viele unglückliche oder unzufriedene Paare kennen Sie – wie zum Beispiel „Liebende“, die sich streiten, sich seit Jahren miteinander langweilen oder zutiefst genervt voneinander sind, die sich einengen oder eifersüchtig überwachen, die sich schon lange nicht mehr berührt haben?
  • Und Hand aufs Herz: Wie ist Ihre eigene Liebesbilanz? Wie viel Positives haben Sie in Ihren bisherigen Liebesbeziehungen erlebt, und wie viele Enttäuschungen mussten Sie im Gegenzug einstecken?

Erwartungen an einen Partner und eine Partnerschaft klären

  • Welche Erwartungen haben Sie in Bezug auf eine Partnerschaft? Nennen Sie auch die Prioritäten für jede einzelne Erwartung: Was ist das Wichtigste, was das Zweitwichtigste und so weiter. Kennen Sie Menschen, die Eigenschaften in dieser Kombination haben? Was wären mögliche Schattenseiten, mit denen Sie zu rechnen haben? Können Sie vielleicht auch Abstriche machen?
  • Warten Sie bewusst oder unbewusst darauf, dass der oder die Richtige eines Tages noch in Ihr Leben tritt – und woran erkennen Sie ihn oder sie?
  • Was würden Sie mit Ihrem Leben machen, wenn der oder die Richtige nicht mehr kommt? Wie können Sie sich trotzdem glücklich machen? Wie könnten Sie Ihr Leben so einrichten, dass es Ihnen unabhängig von einem Partner gut geht – und was bräuchten Sie dazu?

Ihre Opferbereitschaft beleuchten

  • Können Sie sich vorstellen, ein Leben lang zu Ihrem Partner zu stehen und an seiner Seite zu bleiben, auch wenn er oder sie kaum noch Ähnlichkeiten mit dem Menschen hat, in den Sie sich einmal verliebt haben?
  • Unter welchen Bedingungen können Sie sich vorstellen, Ihren Partner zu verlassen?

Julia Peirano empfiehlt, sich vom überzeichneten Ideal der Liebe zu verabschieden. „Sie fahren viel besser damit, wenn Sie die Aufgabe, sich selbst glücklich zu machen, aus voller Überzeugung übernehmen. Verhält Ihr Partner sich ebenso, können Sie einander erfüllend und lustvoll lieben, statt sich lediglich Rettungsringe zuzuwerfen. Als Single können Sie Ihr Leben genießen, und durch Ihre entspannte Art haben Sie viel bessere Chancen und mehr Auswahl bei der Partnersuche.“

Was haben Liebe und Tango gemeinsam? „Eine ganze Menge!“, sagt Julia Peirano: Denn in den Spielregeln des Tango verbirgt sich das Geheimnis einer glücklichen Beziehung. Und im Tanz wie in der Liebe gilt: Übung macht den Meister.

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