Niemand geht ganz einfach weg
Das Zerbrechen einer Partnerschaft hat oftmals eine lange Vorgeschichte. Dieses Buch handelt von dem langen Abschied, währenddessen die Aufbrechenden jahrelang innere Qualen litten und wo die Entscheidung zu gehen über einen langen Zeitraum immer stärkere Konturen annahm. In diesem Buch erzählen die Aufbrechenden mit ihren eigenen Worten, warum sie gegangen sind. Paare gehen nicht wegen Streitigkeiten oder unterschiedlichen Persönlichkeiten auseinander; sie gehen, weil sie sich einsam, abgewiesen und in der Paarbeziehung verlassen fühlen. Sie gehen, um ihr sterbendes Ich zu retten.
Interview mit Sissel Gran zu ihrem Buch
Sissel Gran, mit Ihrem Buch geben sie denjenigen eine Stimme, die ihre Beziehung beenden. Warum ist es Ihnen wichtig Trennungen aus der Perspektive des Partners zu betrachten, der geht?
Wir alle kennen die Folgen, mit denen Menschen zu kämpfen haben, die von ihrem Partner verlassen werden. Häufig ist es eine traumatische Erfahrung, die als existenziell bedrohlich empfunden wird: „Mein Leben ist vorbei, es wäre egal, wenn ich gar nicht mehr da wäre“. Das Thema Verlassenwerden begegnet uns überall – in wissenschaftlichen Untersuchungen wie in Romanen, der Pop Musik, der Oper, in Theaterstücken und Filmen. Wir sind vertraut mit den Emotionen, von denen Verlassene heimgesucht werden, mit dem Herzschmerz, der Verzweiflung und auch dem Hass und der Wut. In zahlreichen Therapiegesprächen werden gebrochene Herzen versorgt.
Wir sind es gewohnt bei einer Trennung nicht die Perspektive des Partners einzunehmen, der geht, sondern sie mit der Geschichte des Verlassenen zu überblenden. Dieses Ungleichgewicht hat mich angezogen. Ich wollte die Geschichten derjenigen hören, die nicht verlassen wurden, sondern verlassen haben. Denn auch sie leiden. Ehe sie die Trennung vollziehen, können schmerzvolle Jahre vergehen, in denen emotionale Bedürfnisse missachtet werden und alle Versuche scheitern, eine bessere Verbindung zum Partner herzustellen. Menschen, die sich trennen, fühlen sich in ihrer Beziehung oft lange einsam, unsichtbar oder erdrückt. Manche gehen, um sich selbst zu retten.
Und nur die wenigsten Menschen bleiben nach einer Trennung dauerhaft unglücklich – egal ob sie verlassen haben oder verlassen wurden. Mehr als 90 Prozent finden einen neuen Weg und führen ein gutes Leben, entweder mit einem neuen Partner oder als selbstsichere, zufriedene Singles.