Kelly, Maite
Wolffsohn, Michael
Historiker und Publizist
Frings, Thomas
Wehrmann, Ilse
Diplom-Sozialpädagogin und Erzieherin
Krumeich, Gerd
Historiker
Für was soll man da noch danken, jetzt, wo jeden Tag alles teurer wird, wir nicht wissen, wie wir im Winter heizen können, die Energiekosten durch die Decke gehen …?! Da auch noch DANKE sagen? Zudem war es viel zu heiß und zu trocken, die Ernten sind nicht so reichlich ausgefallen – auch das wird erneut zur Teuerung beitragen. Dann dieser unsägliche Krieg im Osten, der auch nichts anderes bringt als Leid und Not – auch Hungersnot – und Gelder verschlingt, die man so nötig für die Menschen und nicht für das Töten von Menschen gebrauchen könnte. Dafür sollen wir dann auch noch danken?
Viele solche Gedankengänge und missmutige Äußerungen habe ich in den letzten Monaten gehört und versucht, dagegenzuhalten. Es war und ist schwierig! Und als wir letztens in einem Gottesdienst das Lied „Nun danket alle Gott …“ gesungen haben, da fiel mir dann doch eine Antwort ein. Ich erinnerte an den Dichter dieser Verse – Martin Rinckart (1586–1649). Er war zuletzt Pfarrer in Eilenburg in Sachsen. Trotz körperlicher Schwäche blieb er auch während des Dreißigjährigen Krieges in seiner Stadt und ertrug die Schre-cken der Plünderung, der Seuchen und des Hungers. Er kümmerte sich um Kranke und Sterbende. Etwa 4.500 Tote musste er im Laufe der Zeit beerdigen. Aber in seinen Liedern überwiegen Zuversicht und Dank für Gottes Hilfe in der Not. Das Lied „Nun danket alle Gott“ entstand in Anlehnung an einen Text aus Jesus Sirach 50,24–26, der in seiner Familie als Tischgebet gesprochen wurde. Deshalb war es zunächst als „Danklied nach dem Essen“ gedacht. Später brachte man es mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges in Verbindung. Welch eine Größe von Martin Rinckart, angesichts seiner Lage und der Weltlage solche Worte zu finden, zu schreiben, zu beten, zu singen!
Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan.
Das Gute, die große Barmherzigkeit Gottes sehen und dafür dankbar sein – in guten wie in schlechten Zeiten und schwierigen Lebensphasen, das meint Glaube und Vertrauen!
Und was unsere Weltlage angeht, die ich heute, da ich diese Zeilen schreibe, noch nicht wirklich überblicken kann, will ich mit Worten von Karl Barth, dem großen Theologen von 1886– 1968, beschreiben und antworten: „Es wird regiert.“ Auf diese kurze, etwas allgemein klingende Formel brachte Karl Barth die Hoffnung, die er für die Welt hatte. Am Abend vor seinem Tod telefonierte er mit seinem Freund Eduard Thurneysen und gab ihm das Vermächtnis mit: „Ja, die Welt ist dunkel. Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her! Gott sitzt im Regiment! Darum fürchte ich mich nicht. Bleiben wir doch zuversichtlich auch in den dunkelsten Augenblicken. Lassen wir die Hoffnung nicht sinken, die Hoffnung für alle Menschen, für die ganze Völkerwelt! Gott lässt uns nicht fallen, keinen Einzigen von uns und uns alle miteinander nicht. Es wird regiert!”
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