Liebe ist nicht abgesagt.
... aber sie hat’s schwer in diesen Tagen!
Denn Liebe braucht spürbare Zeichen der Nähe.
Wie gerne würden wir uns zur Begrüßung umarmen – dürfen wir aber nicht.
Wie gerne würden wir unsere Enkelkinder auf den Schoß nehmen – dürfen wir nicht.
Wie gerne würden wir unsere alten Eltern besuchen – dürfen wir nicht.
Wie gerne würden wir uns mit unserem Nachbarn auf einen Kaffee treffen – dürfen wir nicht.
Wie gerne würden wir einem Kranken die fiebernde Stirn kühlen – dürfen wir nicht.
Wie gerne würden wir uns nach dem Tischgebet an den Händen fassen – dürfen wir nicht.
Aber wissen Sie was?
Die Liebe wird dadurch nicht weniger – im Gegenteil!
Unsere Sehnsucht wächst mit jedem Tag, uns wieder zu umarmen, uns zu besuchen und uns an den Händen zu fassen.
Unsere Liebe zueinander wächst.
Unser Hunger nach Gemeinschaft wächst.
Unsere Sehnsucht nach Berührung wächst.
Unser Wunsch nach Zärtlichkeit wächst. Gerade, weil sie fehlt.
Das geht allen so. Ihnen, mir, allen. Uns wird gerade in diesen Tagen, in denen uns die selbstverständlichen Zeichen der Nähe versagt sind, besonders deutlich, wie wichtig uns Liebe ist.
Umso wichtiger ist, dass wir uns klar machen: Liebe liebt auch ohne körperliche Nähe.
Im 1. Johannesbrief steht: Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. (1. Johannes 4,16)
Liebe ist in erster Linie Kraft. Gottes Kraft.
Sie wohnt in uns. Als Geisteskraft, als innerer Antrieb, als Zusammengehörigkeitsgefühl, als Verantwortungsbewusstsein, als Ideenreichtum.
Und sie kann ihre Kraft in viel mehr zeigen als in Umarmungen und Zärtlichkeit.
Gottes Liebe spüren wir ja auch, ohne dass wir ihn sehen oder berühren können.
Deshalb ist jetzt Phantasie gefragt.
Schreiben Sie dem Menschen, den Sie lieben, einen Brief. Das ist erlaubt.
Nehmen Sie sich Zeit, einen Menschen, den Sie lieben, anzurufen. Das ist erlaubt.
Schicken Sie dem Kranken, an dessen Bett Sie jetzt gerne säßen, einen Blumenstrauß. Das ist erlaubt.
Wünschen Sie sich von ihren Enkelkindern einen selbstgemalten Regenbogen. Das ist erlaubt.
Gestalten Sie für Ihre Eltern ein Fotobuch mit Bildern vom letzten Familienfest. Das ist erlaubt.
Rufen Sie einen Menschen an, mit dem Sie sich schon seit Langem versöhnen wollten. Das ist erlaubt.
Machen Sie Hausmusik und schicken Sie Ihrer Familie ein Video. Das ist erlaubt.
Liebe, die in Zeiten der Zärtlichkeit so erfinderisch sein kann, kann es auch dann sein, wenn Distanz geboten ist.
Denn Gottes Liebe, die uns so verschwenderisch mit Sonne, Frühling, Musik, Düften und Farben beschenkt, wohnt in uns. Und will sich genauso phantasievoll verteilen.
Ja, die Liebe hat’s schwer in diesen Tagen!
Aber sie braucht nicht unbedingt Berührungen. Zeichen der Nähe gibt es auch unendlich viele andere. Werden Sie erfinderisch. Gott ist mit Ihnen.
Denn Gott ist Liebe.
Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.