Liebe ist der Inbegriff unserer Sehnsucht und zugleich ein wundersames Gefühl.
Liebe kann nicht gekauft oder befohlen werden. Sie geschieht einfach so und sie braucht Zeit und Raum, damit sie wachsen kann. Ich spüre, wenn sie da ist. Sie ist da, wenn ich dem anderen ohne Vorbehalt vertraue.
Wenn ihr euch heute trauen lasst, dann bekundet ihr damit öffentlich vor Gott und den Menschen, dass ihr einander traut, dass ihr euch nicht misstraut, sondern vertraut; dass ihr einander die Treue halten wollt, weil ihr euch gegenseitig anvertraut.
In der Geschichte vom Fuchs und dem kleinen Prinzen, die Antoine de Saint-Exupéry erzählt hat, fragt der kleine Prinz den Fuchs: Wie geht das eigentlich vor sich, wenn zwei einander vertraut werden?
Und der Fuchs antwortet: „Das ist nicht so einfach. Ich werde mich zunächst abseits von dir hinsetzen. Ich werde dich schüchtern anschauen. Und dann werde ich jeden Tag ein Stücklein näher rücken."
Vertrauen wächst also. Es ist nicht von Anfang an in gleichem Maße da. Man muss sich erst langsam kennen lernen, sich „beriechen".
Und das alles braucht seine Zeit, geschieht nicht von heute auf morgen.
Ihr habt diese Jahre der Entwicklung hinter euch.
Ihr habt mir erzählt, wie ihr euch kennen gelernt, wie ihr zueinander gefunden habt. Ihr hattet Zeit, näher zu rücken, immer Neues und anderes am anderen zu entdecken.
Und ihr habt Jahre der Entwicklung vor euch, in denen ihr euch hoffentlich noch oft ändern werdet und weiterhin Neues am anderen entdeckt.
In der Geschichte vom kleinen Prinzen und dem Fuchs weist der Fuchs aber noch auf etwas anderes hin: „Merke dir, sagt er zum kleinen Prinzen, du bist zeitlebens verantwortlich für das, was du dir vertraut gemacht hast. Du hast eine Verantwortung, und vor der kannst du nicht einfach weglaufen."
Das ist nicht moralisch gemeint. Das ist auch kein Merksatz, den wir auswendig lernen müssten.
Verantwortung kann man nicht auswendig lernen.
Verantwortung braucht ein Fundament, auf das ich die Beziehung zu einem anderen Menschen aufbauen kann.
Und damit sind wir schon im Herzen des Evangeliums, in der Mitte der biblischen Botschaft, denn sie sagt uns: Der Grund für die Liebe, das Fundament für die Verantwortung liegt nicht in mir selber. Nicht in meinem eigenen Willen, in den guten Vorsätzen, es immer wieder neu miteinander zu versuchen, obgleich dies auch notwendig ist.
Wer Blumen nicht gießt, muss sich nicht wundern, wenn sie vertrocknen. Wer für eine Ehe nichts tut, muss sich nicht wundern, wenn sie kaputt geht.
Und dennoch, menschliche Fundamente, zumal in der Beziehung zwischen Mann und Frau, sind trotz aller Bemühungen brüchig, können ganz schön ins Wanken kommen.
Mancher von euren Hochzeitsgästen wird dies sicher insgeheim bestätigen können und denken: „Ja, wir hatten uns auch ewige Liebe geschworen - nach einigen Jahren war die Ewigkeit schon vorbei!"
Aber meine Liebe kann einen festen Boden unter den Füßen bekommen, wenn ich mich getragen und gehalten weiß von einer Liebe, die größer und umfassender ist als meine eigene: die Liebe Gottes.
Diese Liebe Gottes zu uns Menschen lässt sich nicht erbittern, sie rechnet nicht Böses zu, sie ist langmütig und freundlich. Gottes Liebe hört niemals auf.
Das ist kein Wort für das Poesiealbum. Das Wort will beim Wort genommen werden.
Ihr dürft euch von Gott geliebt und angenommen wissen ohne Einschränkungen, sodass ihr fähig seid, auch den anderen zu lieben und anzunehmen ohne Wenn und Aber.
Unsere Liebe zueinander kann halten, weil die ewige Liebe Gottes uns hält.
Und das heißt dann auch Glaube: einander lebenslang vertrauen, weil wir der Treue Gottes mehr zutrauen als unserer eigenen Standfestigkeit. Unser kleines menschliches Ja zueinander wird getragen von Gottes großem Ja zu uns.
Dies gilt auch für die Hoffnung, die uns mit euch an diesem Tag euerer Hochzeit verbindet.
Die Hoffnung nämlich und der Wunsch, dass euer Entschluss, als Mann und Frau für ein ganzes Leben zusammenzubleiben, sich als gut und richtig erweist, dass ihr zu einem dauerhaften und erfüllten Glück kommt. Dass die Qualität eurer Liebe zunimmt und sich vertieft, indem ihr Freude miteinander teilt, Sorgen gemeinsam tragt und, wenn ihr aneinander schuldig geworden seid, euch gegenseitig vergebt.
Egal, was im Augenblick dagegenspricht, der andere ist, wie ich, auf Liebe angewiesen, das solltet ihr nie vergessen.
So wird es neben dem Alltag immer Hoch-Zeiten in eurer Ehe geben. Es wäre schade, wenn die heutige Hochzeit nicht immer wieder in Hohe Zeiten, in Hoch-Zeiten belebt würde.
Wir haben nun im Blick auf euere Ehe von Glauben, Hoffnung und Liebe gesprochen.
Der Apostel Paulus aber misst der Liebe den größten Wert zu.
„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei: aber die Liebe ist die größte unter ihnen."
Er schreibt dies, weil gerade die Liebe Gott und die Menschen wie nichts anderes miteinander verbindet.
Gott ist das Kraftfeld der Liebe, das die Liebe zwischen Menschen in allen Facetten umfasst. Gottes Liebe geht höher, tiefer und weiter als die unsere. Das hat er ein für allemal demonstriert am Leben, Tod und an der Auferweckung seines Sohnes Jesus Christus. Seitdem hat allein das Prinzip Liebe Zukunft.
Klinkt euch immer wieder in dieses Kraftfeld der Liebe Gottes ein. Das ist das beste Rezept für ein gemeinsames Leben. Dann werdet ihr auch noch nach 25 oder gar 50 Jahren das wundersame Gefühl der Liebe füreinander empfinden und zueinander sagen, N., wie gut, dass du meine Frau, N., wie gut, dass du mein Mann bist.
Gebet:
Guter barmherziger Gott, wir beten zu dir für N. und N., die heute deinen Segen für ihre Ehe erbitten. Sie haben sich kennen und lieben gelernt; sei bei ihrem weiteren gegenseitigen Entdecken. Segne ihr Vertrauen zueinander. Bewahre ihnen die Freude, füreinander da zu sein. Erneuere sie, dass Vergeben und Verändern für beide möglich bleiben.
Liedvorschläge: Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer (EG reg.)
331,1.10-11 (Großer Gott, wir loben dich)