Nach 300 km auf der Autobahn, spätestens dann wird wohl jeder eine kleine Pause machen. Und wenn's nur darum geht, aufzutanken.
Nach 300 Kilometern auf der Autobahn ist man etwas steif, braucht Bewegung. Ich nehme an, Sie kennen das. Wie auch jetzt wieder - auf der Fahrt an den Urlaubsort und zurück.
Nach 300 km auf der Autobahn fahre ich an die Tankstelle. Der Tankwart, ein junger, freundlicher Mann, füllt Benzin nach, und während das alles ganz von alleine geht, nimmt er Wasser, einen Schwamm und macht sich an meine Windschutzscheibe. Nach 300 km auf der Autobahn hat sie das nötig. Ich stehe daneben und schaue ihm zu. Er hat ganz schön damit zu tun, bis er all die Fliegenreste, Insektenteile, Tierreste weggeputzt hat. 300 km auf der Autobahn - was sind wir froh, wenn wir unfallfrei wieder zu Hause sind.
Die Igel, Vögel, Katzen, Hasen sehen wir ja noch. Schweigen - wegen der Kinder. Aber dann an der Tankstelle, spätestens dann: die Hunderte, Tausende kleiner und kleinster Lebewesen, die gedankenlos in den Tag hinein lebten, von Baum zu Baum flogen, sich an der Sonne wärmten ...
Sie kennen Mahatma Gandhi. Gandhi stammt aus einer Schule, in der die Strenggläubigen zu Fuß ihre Wege gin-gen, einen Staubwedel in der Hand und ein kleines Tuch vor dem Mund. Mit dem Wedel säuberten sie den Weg, damit sie ja nicht aus Versehen auf ein kleines Tier träten. Das Tuch vor dem Mund bewahrte jedes kleine Insekt davor, aus Versehen verschluckt zu werden.
Ich weiß auch, dass das bei uns so nicht geht. Aber nach 300 km Autobahn macht man sich schon so seine Gedanken, wenn man noch Augen hat für das Leben und nicht nur für die Landkarte, den Tacho und die Benzinpreise.
Verrückt, nicht wahr? Verrückt, der Gandhi damals, oder sind's etwa wir?
Kann man solche Fragen ohne erhobenen Zeigefinger stellen? Wenn ja, wie lauteten sie dann?