Es war kurz vor der Konfirmation. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden hatten ein Gemeindepraktikum absolviert und dabei jeweils etwa einen Nachmittag im Kindergarten, im Altenwohnheim, bei der Hausaufgabenhilfe oder ähnlichen Einrichtungen verbracht und Erfahrungen gesammelt.
Darüber hinaus waren sie jeweils einzeln beauftragt, evangelische und katholische Nachbarpfarrer, Diakoninnen und Diakone und die Kirchenältesten zu interviewen. Sie hatten sich dafür mit der Hilfe des Teams Fragen zurechtgelegt. Eine Frage war die nach dem „Gottesbild" oder der „Gottesvorstellung" der Interviewpartnerinnen und -partner. Verwundert stellte ich fest: Jesus Christus kam in 23 Antworten nur einmal vor.
Ich fragte die Konfirmandinnen und Konfirmanden, die ich zuvor im Unterricht darauf hingewiesen hatte, dass wir trotz des „Bilderverbotes" bei der Frage nach Gott uns Jesus Christus und das, was das NT von ihm erzählt, vor Augen halten können, wie sie die Tatsache interpretieren, dass Jesus Christus praktisch nicht erwähnt wird.
Eine Konfirmandin antwortete: „Wenn Sie mich nach meinem Vater fragen, dann erzähle ich Ihnen auch nicht von meinem Bruder."
Ich war „von den Socken". Und meine Rückfrage ergab, dass das aus dem Mund einer 14-Jährigen tatsächlich nicht nur so dahingesagt, sondern auch reflektiert war: Jesus Christus ist mein Bruder, Gott ist mein Vater.
Immer wieder geschieht es, dass unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden uns mit großartigen Gedanken überraschen. Ich erinnere mich an einen Konfirmanden, der sagte: „Gott ist alles und nichts und noch viel mehr." Ein anderer meinte einmal: „Jesus Christus ist so was wie eine Kopie Gottes, die wir Menschen lesen können." Alles nicht nachgeredet. Alles so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. „Aus dem Munde der Kinder und Unmündigen" (Ps 8,3) spricht gelegentlich eine theologische Weisheit, die es wert ist, weitererzählt zu werden.
Gerhard Engelsberger