Gott hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben.
Kolosser 2,14
Ostern werden wir feiern! Mittendrin in diesem Monat!
Die Passionszeit liegt hinter uns, und der Karfreitag wird noch durchstanden werden müssen.
Die Woche vor Ostern empfinde ich immer wieder als die konzentrierte Zeit im Kirchenjahr, in der wir die Grunderfahrung des Lebens rituell begehen. Ich beschreibe sie als Spannung zwischen Lebens- und Todesmächten.
Ostern, der Glaube der Christen: Das Leben setzt sich immer durch. Das Leben behält den Sieg. „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg!"
Fast spöttelnd hält Paulus diese Glaubensaussage gegen die menschliche Erfahrung des Todes, dem wir mit seinen vielfachen Facetten immer neu ins Auge blicken müssen.
Am liebsten wollen wir Harmonie und keine zwieträchtige Auseinandersetzung.
Am liebsten wollen wir, dass alles klar und nicht so kompliziert ist.
Am liebsten wollen wir, dass alles erklärbar bleibt und wir nicht von irrsinnigen Erfahrungen geprügelt werden.
Am liebsten wollen wir von einem Erfolg zum anderen kommen und nicht den Misserfolg erleben müssen.
Am liebsten wollen wir eine lebendige, geistliche Gemeinschaft in unseren Gemeinden erleben und keine ums Überleben kämpfende Kleingruppe.
Wenn wir die Spannung des Lebens oder auch im Leben nicht wollen, werden wir immer eine Wirklichkeit ausblenden.
Kreuz und Auferstehung! Beides gehört zum Leben!
Schuldenberg, Schuldschein! O weh, wenn wir sie haben! Und wer hat sie nicht? Und wenn nicht gerade materiell, wie viel Schuld ist aufgetürmt zwischen Menschen durch Missachtung der Eltern, durch Tötung (und wenn es mit Blicken ist!), durch Ehebruch, durch Diebstahl, durch falsches Zeugnis, durch Missgunst ?
Und was ist mit der Schuld Gott gegenüber?
Durch die Herabsetzung seines Anspruches auf uns, indem wir ihn zur Randfigur des Lebens verdrängt haben, weil uns alles andere wichtiger wurde?
Durch die Bildern, die wir uns von ihm gemacht haben?
Durch den Wahn, die Wirtschaft als wichtigsten Lebensmotor zuzulassen und damit das Ausruhen von den Werken verlernen?
Sie haben es schon richtig herausgehört! Die Zehn Gebote sind ein Spiegel, der unsere Schulden sehr konkret anzeigen kann, wenn wir denn bereit sind, in diesen Spiegel hineinzuschauen.
Und nun soll das alles nicht mehr anklagend gegen uns Menschen erhoben werden können?
Und nun soll der Schuldenberg abgebaut und der Schuldbrief ungültig sein?
Der Monatsspruch behauptet es jedenfalls.
Alles, was gegen uns spricht und im „Schuldschein" aufgenommen wurde, ist durchgestrichen. Die Anklage ist aufgehoben.
Die Übersetzung in der Lutherbibel scheint mir dem Urtext getreuer: Der Schuldbrief ist „weggetan und an das Kreuz geheftet". Festgenagelt müssten wir genauer formulieren.
Ist das nicht dann doch zu einfach?
Es hört sich einfach an, aber es hat ein hohes Opfer gekostet! Es hat ein Menschenleben gekostet! Gottes Liebe zum Leben spart sein Leiden am Menschen nicht aus. Gottes JA zum Leben wird ohne die Erfahrung der Verlassenheit von Gott nicht die Tiefe des Herzens erreichen.
Gottes Schuldvergebung wird nicht ohne Reue meiner Schuld mein Leben erneuern.
„Vergib uns unsere Schuld", diese Bitte dürfen wir aussprechen, weil Gott uns tatsächlich von der herunterreißenden Kraft befreien will und kann.
Weil wir Menschen in der Spannung von Sterbens- und Lebensmächten unsere Existenz durchstehen müssen, ist es so wichtig zu wissen, wo wir eigentlich die Lebenskraft anzapfen können, die es uns ermöglicht, diese Spannung ein Leben lang auszuhalten.
Diese liegt im Glauben daran, dass der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus in beiden Grenzerfahrungen nahe ist. Wer glauben kann, dass Gott durch Jesu Sterben und Leben den Schuldschein vernichtet hat, ist zur Freiheit berufen.