Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde.
Johannes 15,13
Dieses Wort handelt nicht zuerst von uns oder von menschlichen Heldentaten, meist aus Kriegszeiten. Es beschreibt nicht zuerst unser Handeln. Es kann nur im Blick auf den Menschen Jesus Christus und seinen Tod am Kreuz verstanden werden. In diesem Zusammenhang ist das Wort von der Hingabe des Lebens von Johannes gemeint, soll es nicht zu Hohn und Spott, oder schlimmer noch, zur Ideologie oder dem Versuch der Nachahmung werden. Derzeit ist ein erbitterter Streit um den Kreuzestod Jesu im Gange. Unter Verwendung psychologischer, philosophischer, biblischer, feministischer Argumente wird um das Thema „Opfertod" gerungen. Auffallend ist dabei der Versuch, den Tod Jesu vor allem gesellschaftlich plausibel zu machen. Das aber ist unmöglich. Es käme ein Götze dabei heraus. Nicht nur Johannes, sondern alle Evangelien bezeugen die Selbstaufopferung Jesu. Das ist in der Tat eine Zumutung an uns Menschen und ganz und gar nicht geläufig. Wir wollen uns gern von Gott geliebt wissen, aber töricht, wie wir sind, möchten wir, er möge das bitte so tun, wie wir uns das vorstellen - das funktioniert schon in der Ehe nicht -, vor allem seine Liebe nicht am Kreuz zeigen. Wir können nicht allein aus unserem Blickwinkel erkennen und annehmen, was es mit dem Tod Jesu auf sich hatte, sondern sind aufgerufen, in Jesus den gekreuzigten Gott zu erkennen. Jesus ist nicht einfach bloß Opfer, Jesus hat sich geopfert und hingegeben. Christus ist für mich gestorben. Das irritiert uns, darf aber nicht einfach weichgespült werden. Sein Leben war ein Leben „für".
Es kann nicht falsch sein, wenn wir bei der Rede von „Opfer bringen" sensibler geworden sind. Zu viel wird damit begründet, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt, nicht immer, um Betriebe zu retten, sondern auch, um Arbeitnehmer um ihren gerechten Lohn zu bringen. Widerspruch meldet sich auch in mir, wenn ich in Kirchen unterwegs bin, wo aus den beiden Weltkriegen Gedenktafeln mit den Namen der Gefallenen zu sehen sind. Beliebtes Bibelwort ist auf diesen Tafeln der Monatsspruch für März aus Joh 15,13. Hier muss kritisch nachgefragt werden. Haben wir aus Liebe und Trauer das Recht, den elenden Tod auf dem Schlachtfeld für die Interessen von Kaiser und Führer und derer, die an diesen Kriegen gewonnen haben, als gottgewollten Sinn hinzustellen? Das waren junge Männer, die leben wollten. Sie wollten ihr Leben gewiss nicht hingeben. Wofür geben die Soldaten in Afghanistan ihr Leben hin? Es ist Unrecht, dieses Bibelwort als eine Sinngebung zu verwenden, wo wir besser schweigen sollten. Und ich denke an Pater Maximilian Kolbe im KZ Auschwitz, der, um einen Familienvater zu schützen, die verhängte Strafe im Hungerbunker, die den sicheren Tod bedeutete, stellvertretend auf sich nahm, um dem anderen eine Chance zum Überleben zu eröffnen.
Es ist nicht falsch, wenn der Streit um den Tod Jesu ge-führt wird. Es sollte aber nicht auf eine allzu billige Art geschehen, wie etwa: „Den Tod für sich brauchen …" Das ist zwar seit Ludwig Feuerbach kein neuer Anwurf, aber schlechte Streitkultur, weil er unterstellt, die Deutung des Todes Jesu sei allein eigenmächtig zurechtgezimmert (projiziert). Die Selbsthingabe Jesu entspricht auch nicht erst nachösterlicher Deutung und Tröstung.
Und ein Letztes: Hingabe des Lebens? Märtyrer, Zeuge sein? Jesus will, dass wir leben.
Aber die Christen aus dem Osten haben gelernt, dass man für seinen Glauben mit seinem Leben einstehen muss. Wir waren keine Helden, aber wir haben authentische Erfahrungen einzubringen. Diese Erfahrungen sind im Raum der EKD derzeit nicht gerade gefragt. „Ost"-Kirche ist, an der Personalpolitik merkt man das, wie in der Wirtschaft und im Bundeskabinett auch, nicht angesagt. Ist sie zu unbequem? Darüber würde ich auch (miteinander) streiten!