Altenheim, Pflegeheim - Schluss mit den entwürdigenden Begriffen. Nennen wir in Zukunft die Heimstätten für unsere Senioren „Residenzen". So jedenfalls mitten in Paris. Aus der „Residenz Les Béonios" schreibt Camille de Peretti einen vor Ideen, Komik oder Tragik sprühenden Roman bei Rowohlt: „Wir werden zusammen alt". Doch ich will nicht auf Gottesdienste mit Senioren eingehen, das macht Gabriele Führer, die häufig solche Gottesdienste feiert, in diesem Heft unter „Spiritualität und Amt".
Einen Satz auf S. 24 habe ich in diesem höchst unterhaltsamen Roman dick unterstrichen:
„Eins ist gewiss, Jocelyne Barbier glaubt nicht an Gott, den Teufel hingegen gibt es, das weiß sie genau. Sie ist ihm mehr als einmal begegnet."
Ich las 1996 der US-amerikanischen Religionswissenschaftlerin Elaine Pagels „Satans Ursprung" und verstand rasch ihre Definition des Satans als „vertrautem Feind"
(S. 85).
Sie schreibt: „Ich lade also den Leser ein, den Satan als Widerspiegelung der Art und Weise zu betrachten, in der wir uns selbst wahrnehmen und jene, die wir die ,anderen' nennen. Der Satan hat ja geradezu eine Art Beruf daraus gemacht, der ,andere' zu sein, und definiert dadurch ex negativo, was wir für menschlich halten. Die soziale und kulturelle Gepflogenheit, bestimmte Menschen als die ,anderen' zu definieren, als die, die nicht zur eigenen Gruppe gehören, dürfte natürlich so alt sein wie die Menschheit selbst. Der Anthropologe Robert Redfield hat die These vertreten, dass das Weltbild vieler Menschen
im Wesentlichen aus zwei binären Oppositionen bestehe: menschlich/nichtmenschlich und wir/sie. Wie Jonathan Z. Smith beobachtet hat, sind diese Oppositionen darüber hinaus oft miteinander verknüpft: ,wir' entspricht also ,menschlich', ,sie' entspricht ,nichtmenschlich'. Die Unterscheidung zwischen ,uns' und ,ihnen' findet sich schon in den frühesten geschichtlichen Zeugnissen, auf alten sumerischen und akkadischen Schrifttafeln, und tritt in der Sprache und Kultur von Völkern der ganzen Welt auf. In derartigen Unterscheidungen liegt manchmal der Ausdruck des Angezogen-, noch öfter aber der des Abgestoßenwerdens - manchmal beides zugleich. Das alte ägyptische Wort für ägyptisch bedeutet einfach ,menschlich', und das griechische Wort für Nichtgriechen, ,Barbaren', ahmt das gutturale Kauderwelsch derjenigen nach, die kein Griechisch sprechen: Da sie unverständlich sprechen, werden sie von den Griechen als barbaroi bezeichnet." (S.17f)
So etwa - denke ich mir - wird es Jocelyne Barbier auch „erfahren" haben, die wohl nicht an Gott glaubt, aber meint, den Teufel hingegen gäbe es. Sie sei ihm mehr als einmal begegnet.
Wir versuchen im Reformationsmonat Oktober - oft sehr mühsam - mit den Menschen die Hiobfrage „Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?" (Hiob 4,17; siehe dazu die Auslegung des Monatsspruches von Verena Fries) paulinisch und reformatorisch zu beantworten.
Sie finden in dieser Ausgabe der PASTORALBLÄTTER eine Menge Anregungen für Ihre Praxis. Aufgrund der vielen Gottesdienste und Kasualansprachen diesmal ausgesprochen wenige rein thematische Beiträge.
In seiner Vorrede zum Großen Katechismus schreibt Martin Luther:
„Dazu hilfts über die Maßen gewaltig wider den Teufel, Welt, Fleisch und alle bösen Gedanken, so man mit Gottes Wort umgehet, davon redet und darüber nachdenkt, dass auch der erste Psalm die selig preiset, so ,Tag und Nacht vom Gesetze Gottes handeln'. Ohne Zweifel wirst Du keinen Weihrauch oder anderes Räucherwerk stärker wider den Teufel anrichten, als wenn Du mit Gottes Geboten und Worten umgehest, davon redest, singest oder denkest. Das ist freilich das rechte Weihwasser und Zeichen, davor er flieht und damit er sich verjagen lässt. Nun solltest Du doch ja allein um deswillen solche Stücke gerne lesen, reden, denken und handeln, wenn Du sonst keine andere Frucht und Nutzen davon hättest, als dass Du den Teufel und böse Gedanken damit verjagen kannst, denn er kann Gottes Wort nicht hören noch leiden. …
Und was soll ich viel sagen? Wo ich allen Nutzen und Frucht aufzählen sollte, die Gottes Wort wirkt, wo wollte ich Papier und Zeit genug hernehmen? Den Teufel nennt man Tausendkünstler; wie will man aber Gottes Wort nennen, das solchen Tausendkünstler mit aller seiner Kunst und Macht verjagt und zunichte macht? Es muss freilich mehr als (ein) Hunderttausendkünstler sein. Und wir sollten solche Macht, Nutz, Kraft und Frucht so leichtfertig verachten, sonderlich die wir Pfarrer und Prediger sein wollen? So sollte man uns doch nicht allein nicht zu fressen geben, sondern auch mit Hunden hinaushetzen und mit Rossäpfeln hinauswerfen, weil wir des alles nicht allein täglich bedürfen wie des täglichen Brots, sondern auch täglich haben müssen wider das tägliche und unruhige Anfechten und Lauern des tausendkünstigen Teufels."
Mit Wünschen für einen heiteren Oktober und der nochmaligen Bitte an die Abonnenten, mir ihre Mailadresse zu schreiben - im Falle eines Falles … - grüße ich Sie.