Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr; ein anderer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer.
Sprüche 11,24
Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr… . Da erscheint vor meinem inneren Auge ein großherziger Mensch. Freigebig und überall beliebt. Ein Mensch mit offenen Armen und offenem Herzen. Nein, nicht der verlorene Sohn, der sein ganzes Geld verprasst. Der alle Freunde freihält, bis er selber nichts mehr hat. Hier geht es anders herum: Hier investiert jemand das, was ihm anvertraut ist, in ein lohnendes Produkt. Nicht in Vergnügen und Lotterleben. Seine Investition trägt Früchte. Es wird immer mehr. Was immer auch „es" sei: Geld oder Gut? Oder gar unsichtbare Güter, wie Gastfreundschaft oder Liebe? Ein glücklicher Mensch… Wie macht er das bloß?
„Ein anderer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer." Da ist der andere: Mit zusammengebissenen Zähnen versucht er auf einen grünen Zweig zu kommen. Versucht mitzuhalten im Wettlauf des wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs. „Du bist, was du hast" - ist sein Lebensmotto. Und irgendwie schafft er es doch nicht - trotz aller Sparsamkeit, trotz aller Anstrengung. Sind seine Finanzberater schlecht? Oder meint es das Schicksal einfach nicht gut mit ihm?
Zwei Menschen, zwei Typen, wie sie uns im Alltag oft begegnen. Was hat der eine, was der andere nicht hat? Ist das eine einfach nur Glück, das andere Unglück? Segen oder Fluch? Vielleicht steckt doch noch etwas anderes dahinter: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz." So das Motto, unter dem sich Anfang Juni in Dresden wieder tausende evangelische Christen beim Kirchentag treffen. Glücklich der Mensch, der weiß, wo sein Schatz ist. Der weiß: Sinn und Halt meines Lebens liegen nicht in Äußerlichkeiten, nicht in Hab und Gut, nicht in sozialem Status oder in besonderen Fähigkeiten. Traurig der Mensch, der meint, er müsse sich ständig beweisen, der meint, seinen Halt nur in Erfolg, Geld und Gut zu finden. In der Anerkennung von anderen. Der eine kann nämlich frohen Herzens abgeben, weil er keine Angst hat, etwas zu verlieren. Der weiß: Mein Wert, meine Würde und mein Sein liegen allein in Gottes Hand. Ich bin von ihm geliebt, und dieser Quell der Liebe wird nie versiegen. Aus dieser Quelle schöpfend kann ich fröhlich weitergeben, abgeben und teilen … sie wird nie versiegen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte keiner falschen Sorglosigkeit das Wort reden. Natürlich ist es richtig und wichtig, mit den uns anvertrauten Gütern, mit unserer Zeit und materiellen Gütern, verantwortungsvoll umzugehen. Es ist richtig und wichtig, zu planen und ordentlich zu wirtschaften. Aber es gibt immer den Punkt, das Gedachte und Geplante aus der Hand zu geben. Nicht verbissen zu werden. Gelassen abzuwarten, was sich daraus entwickeln mag. Loslassen. Gelassenheit. „Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, Gott aber lenkt seinen Schritt." Ich lege wohl die Saat, aber das Gedeihen gibt Gott. So gesehen wird „… es … immer mehr."