Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird.
1. Timotheus 4,4
Zur Logik des Monats Mai gehört irgendwie die Grillwurst. Vielleicht schon am 1. Mai, sicherer am „Vatertag", aber spätestens mit Beginn der Pfingstferien wird Holzkohle gekauft, der Grill aus der Garage geholt, entstaubt, das erste Mal angeschürt, werden die Gartenmöbel ausgepackt, und das Leben verlagert sich immer mehr nach draußen. Kirchlich wird an Ostern das Leben selbst, seine Auferstehung gefeiert. Es scheint fast so, als würde das säkular im Monat Mai dupliziert, nachgeholt oder sogar besser gemacht werden. „Es geht los!", „Es geht raus!", „Ran an die Brat- oder Tofuwürstchen!" So die Logik des Wonnemonats Mai.
Logik ist eine philosophische Grunddisziplin, die Kunst, die richtigen und vernünftigen Schlüsse zu ziehen. Man kennt sie vor allem in der Mathematik. Gefürchtet bei den einen, hoch geschätzt bei den anderen. Manchmal ein Totschlagargument. Und jeder weiß seit den einschlägigen Bestsellern, dass sich die weibliche und die männliche Logik erheblich unterscheiden, und irgendwie hat ja jeder seine eigene Logik.
Der biblische Monatsspruch für den Monat Mai zeigt uns die göttliche Logik. Der fein und schön logisch aufgebaute Spruch aus dem 1. Timotheusbrief hat in der deutschen Übersetzung von Luther eine chiastische Struktur. Prädikate in quantitativer und qualitativer Auszeichnung bilden den sozusagen unumstößlichen Rahmen, die Klammer, in der alles stehen soll: „Alles" bzw. „nichts" betonen das Umfassende dieser göttlichen Logik und „gut" bzw. „nicht verwerflich" dazu deren höchste Qualität. In diesem logischen Rahmen rückt ein Zweitakt für das Leben in den Mittelpunkt: „geschaffen" und „empfangen", gegeben und genommen, von „Gottes Hand" und „in der Hand des Menschen", von Gott und für den Menschen. Und darin leuchtet der Kern des Monatsspruches, seiner Logik auf: Gott danken.
Die Logik des Dankens ist vielleicht, sich dem Geheimnis des Lebens zu öffnen. Dank ist ein anderer Blick auf die Welt, auf sich selbst, die anderen, auf das Gegebene. Er entdeckt und empfindet - trotz und in allem Dunklen, Fragwürdigen, Schweren - das Gute, Helle, Schöne, Lebenswerte und versucht, daraus zu schöpfen. Dank erwächst aus der Freude am Dasein, aus einem geweiteten Herzen heraus. Dank ahnt, ja weiß in sich, dass das Wesentliche Geschenk ist, vorgegeben, und nicht Besitz sein kann, dass es einem nicht zusteht, aber gegeben ist. Dank öffnet sich dem Lebendigen, dem Überschuss in ihm, dem Sinn, der sich in ihm tief einwohnt, dem Kostbaren, manchmal auch erst im Nachhinein, später, oder nach einer Zeit des Fragens, des Schmerzes und der Trauer. Und Dank sucht einen Adressaten für seinen Dank. Das gehört zu seiner Logik: Man muss jemandem danken. Und Dank gibt diesem einen im Danken etwas zurück von dem, was er empfindet, behält das Gegebene als das, was Gegebenes bleibt, und ehrt, schätzt den, der es gegeben hat, schuldet Dank, ohne sich je schuldig, sondern freigesprochen zu fühlen, freigesprochen, sich der Güte und des göttlichen Geheimnisses des geschenkten Lebens zu öffnen, daraus zu sehen und zu leben.
Im Kern ist die Logik des menschlichen Dankens eine göttliche Logik. Der Mensch staunt, ist angerührt davon, wie und wer Gott ist: Gott ist einer, der seine Schlüsse auf mich hin zieht. Seine Logik bin ich. Er hat mich in seinem Blick. Er denkt an mich. Er hält alles Kostbares für mich bereit. Er hat alles auf mich hin geschaffen. Er ist wirklich mein Wohltäter, der mich ganz und gar meint. Der Wonnemonat Mai öffnet unsere Blicke und Seelen hin auf die Welt um uns. Raus geht's.
Christi Himmelfahrt und Pfingsten, die auch in diesem Monat liegen, zeigen Gottes Offenheit für uns, seine göttliche Logik: Raus geht's, Gott! Er erschafft sich in uns. Seine Geistgabe. Dafür können wir danke sagen, auch wenn wir draußen sitzen, grillen und uns wundern, warum alles so ist, wie es ist.